print logo

Verkäufer scheitern nicht am Kunden sondern an den internen Strukturen

Büroarbeit und Bürokratie bringen so manche Verkäufer ins Schleudern. Regelmäßig dienen Vertriebstagungen der Vergangenheitsbewältigung
Oliver Schumacher | 12.09.2012
Allerorts ist der Druck im Vertrieb hoch: Termine machen, Gespräche führen und verkaufen. Besuchs- und Tagesberichte legen schonungslos offen, wer verkauft – und wer nicht. Oder anders interpretiert: Wer gut ist – und wer nicht. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Viele Verkäufer scheitern nicht am Kunden sondern an den internen Strukturen ....

Regelmäßig bekommen Verkäufer umfangreiches Zahlenmaterial aus ihrem Verantwortungsbereich geliefert. Aber aus diesem werden zu wenige Konsequenzen gezogen. Meist wird weiter gemacht, wie bisher. Dafür gibt es plausible Gründe:

• Für Büroarbeit fühlen sich die wenigsten Verkäufer bezahlt. Sie probieren lieber ihr Geschick und ihre Erfahrung vor Ort am Kunden aus, anstatt sich Zeit zu nehmen Zahlen zu analysieren und Strategien zu erarbeiten.

• Als Arbeitsnachweis legen die meisten Führungskräfte den Umsatz pro Tag/Woche/Monat zu Grunde. Sinkt dieser weil Kunden intensiver und professioneller betreut werden läuten sofort die Alarmglocken - das vereinbarte Jahres- oder Quartalsziel scheint in Gefahr zu sein. Das sich intensivere Kundenbetreuung mit Zeitverzögerung in höheren Umsätzen niederschlägt bleibt bei dieser kurzfristigen Betrachtungsweise außer acht.

• Viele Verkäufer und Führungskräfte verfügen über wenig bis keine Ideen und keine Strategien, um einer negativen Umsatzentwicklung entgegenzuwirken. Ein Grund, warum Umsatzeinbrüche schön geredet werden anstatt sie als Signal für eine intensivere Kundenbearbeitung aufzufassen.


Regelmäßig dienen Vertriebstagungen – und meetings der Vergangenheitsbewältigung. Anstatt den Außendienst stundenlang mit Charts – meist bekannter - Erfolge oder auch Misserfolge der Vergangenheit zu langweilen, empfiehlt es sich vielmehr den Fokus auf die gemeinsame Lösungssuche und Strategieentwicklung zu legen. Denn was nutzt die Erkenntnis über gesunkene Umsätze? Erst mit einer Strategie und den passenden Instrumenten hat der Verkäufer die Chance den Absatz zu steigern – gerade hier sind die Führungskräfte gefragt aus den Marktkenntnissen der Verkäufer Strategien und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Zudem gilt zu bedenken, dass ein Tagungsergebnis ohne einem funktionierenden Maßnahmenkatalog bares Geld kostet - der Verkäufer ist intern gebunden und nicht beim Kunden.

Wir haben nicht genügend Kunden
Spätestens wenn die Zahlen einbrechen, wird vielen bewusst: Wir haben nicht genügend potenziell neue Kunden in der Pipeline – wir haben ein Problem. Genau wenn diese Situation eintritt, steigt der Vertriebsdruck massiv, denn die Angst im Hinterkopf hier, jetzt und heute erfolgreich neue Kunden zu gewinnen macht die Akquise noch um einiges schwieriger.
Auch wenn es frustrierend ist: Von den vielen potentiellen Kunden lassen sich regelmäßig nur wenige davon in echte Aufträge verwandeln. Daran lässt sich auch nicht viel optimieren. Daher ist es um so fataler, wenn in den Verkaufstrichter die potenzielle Kunden bestenfalls reintröpfeln.
Abgelenkt?
Viele Verkäufer lassen sich ablenken oder lenken sich selbst vom Wesentlichen ab. Zwei Ursachen für Ablenkung sind: Arbeitsintensive Bürokratie und ineffektives Verhalten des Verkäufers.
Die Bürokratie zu entschlacken ist Aufgabe der Vorgesetzten. Doch ineffizientes Verhalten haben sich die Verkäufer oftmals selbst zuzuschreieben. So schleppen sie wohl wissend über Jahre hinweg Klein- und Kleinstkunden, aus denen sich niemals ein profitabler Kunde entwickeln wird, mit. Die Betreuung umsatzschwacher Kunden ist aber gerade deshalb beliebt weil sie ein ideales Instrument ist, der mühseeligen, bisweilen auch frustrierenden Neukundenakquise, aus dem Weg zu gehen.
Wunderwaffe Verkaufstrainings?
Mithilfe von Verkaufstrainings kann vieles erreicht werden. Aber nur dann, wenn diese auch durchdacht organisiert, durchgeführt und nachgehalten werden. Allzu oft gelangt das Wissen aus dem Seminarraum nicht in den Verkaufsalltag. Die Gründe sind vielfältig: Zwar sind die wenigsten Teilnehmer beratungsresistent, viele wollen sogar eine Veränderung, aber Gewohnheit, Strukturen und der Verkaufsdruck zwingen sie meist postwendend ins alte Fahrwasser zurück. Mit klarem nüchternen Verstand weiß man viel – aber im Eifer des Gefechts einer anspruchsvollen Verhandlungssituation sorgt der Stress häufig für das Zurückzufallen in alte Verhandlungsmuster.

Nachhaltige Veränderungen können nur dann gelingen, wenn es ein optimales Zusammenspiel zwischen Führungskraft, Verkäufer und Trainer gibt. Folgende Kriterien sind dabei Match entscheidend:

• Ermitteln Sie den genauen Bildungsbedarf
Fassen Sie Teilnehmer mit gleichen Interessen oder Schwächen in einer Gruppe zusammen. Denn wenn die Schere der Teilnehmer zu groß ist, also die „besten“ Verkäufer mit den „schwächsten“ Verkäufer im Seminarraum sitzen, werden die einen überfordert, die anderen unterfordert.

• Vereinbaren Sie Lernziele
Führungskräfte sollen mit jedem Mitarbeiter individuelle Lernziele vereinbaren (bitte nicht mit diktierten Zielen verwechseln). Überprüfen Sie zusammen mit dem Mitarbeiter die Fortschritte bei der Erreichung dieser Ziele.

• Geben Sie kleine Motivationsgeschenke
Gewähren Sie Mitarbeitern im Verkauf eine Erfolgsprämie für eine gelungene Verhaltensänderung. Warum sollte nicht nach einem Neukundenseminar jeder Mitarbeiter, der einen Kunden - mit einem gewissen Umsatz - in einem bestimmten Zeitraum gewinnt, eine Prämie bekommen?

• Brechen Sie aus dem Verkaufstrott aus
Regelmäßige bedarfsorientierte Schulungen geben neue Impulse. Denn nur, wenn Verkäufer regelmäßig daran erinnert werden, an sich zu arbeiten, steigt die Wahrscheinlichkeit, das sich Verkäufer weiterentwickeln und besser werden.

Die Verkaufsmannschaft beeinflusst entscheidend die Bilanz eines Unternehmens. Darum sollte stets überprüft werden, ob Mitarbeiter mit Kundenkontakt den Stellenwert in der Unternehmung haben, wie sie aufgrund ihrer Relevanz haben sollten.

Der Autor
Oliver Schumacher, Diplom-Betriebswirt (FH), kennt die typischen Alltagssorgen der Verkäufer. Denn er arbeitete selbst über zehn Jahre lang überdurchschnittlich erfolgreich im B-to-B-Bereich eines führenden Markenartiklers. Heute trainiert der vierfache Buchautor Verkäufer darin, ihren Arbeitsalltag systematischer und professioneller zu gestalten – und es ihren Kunden wertschätzend leichter zu machen, zu ihrem Angebot Ja zu sagen. Sein aktuelles Buch „Schluss mit halben Sachen im Verkauf“ (ISBN 978-3-86980-181-0) ist im August 2012 erschienen.

Mit freundlicher Genehmigung der BusinessVillage GmbH - Verlag für die Wirtschaft (http://www.businessvillage.de)