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Die Stellenanzeige: Als Image-Träger unterschätzt?

Stellenanzeigen bieten Potenzial, ein positives Arbeitgeberimage aufzubauen
Frank Becker | 21.02.2014
Wenn man Stellenanzeigen aus den 1980er Jahren neben solche aus diesen Tagen legt, wird man kaum Unterschiede feststellen. Gut, der Anteil der Englischen Sprache hat sich erhöht und einige Berufsbezeichnungen sind anderen gewichen. Aber Inhalt und Optik?

Besonders Unternehmen, die häufig Stellenanzeigen schalten – egal ob Online oder in der Zeitung - vergeben hier eine Chance, damit zugleich ihre Arbeitgebermarke zu gestalten. Denn der Stellenmarkt wandelt sich langsam aber stetig vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt. Das heißt, Bewerber haben in Zukunft eher die Wahl als Arbeitgeber. Darauf müssen die Personalabteilungen reagieren.

Schauen wir uns Stellenanzeigen an, so folgt der Aufbau nach wie vor dem gleichen Schema:
Vorstellung des Unternehmens aus der Nabelschau („Wir sind einer der größten Anbieter...“)
Anforderungen an den Kandidaten bzw. die Kandidatin („Ihre Aufgaben“, „Ihr Profil“, „Sie sollten...“)
Angebot des Arbeitgebers („angemessene Vergütung“ etc.)

Da sucht zum Beispiel ein großer Reifenhersteller:
„Als Business Partner Controller/-in garantieren Sie mit einer fundierten betriebswissenschaftlichen Beratung für Ihren Zuständigkeitsbereich die Erfüllung der wirtschaftlichen und finanziellen Zielvorgaben.“ „GARANTIEREN“ – die neue Mitarbeiterin bzw. der neue Mitarbeiter ist nicht zu beneiden, denn hier steckt ja schon fast eine Drohung drin.

Das Gegenbeispiel: Eine Werbeagentur sucht
„... die beste/den besten Empfangskollegin/-kollegen Deutschlands
Unsere überaus geschätzte Kollegin, die seit mehr als 13 Jahren der gute Geist nach innen und nach außen ist, widmet sich demnächst ihrer Familie und dem verdienten Ruhestand. Sie hat … uns mit Professionalität, guter Laune, allzeit flexibel und einsatzbereit jeden Morgen aufs Neue begrüßt, immer ein offenes Ohr gehabt und uns sehr viel Spaß bereitet. Einen Ersatz zu finden ist natürlich unmöglich – aber wir und Ihre Empfangskollegin würden uns dennoch freuen, Sie bei uns im Team begrüßen zu können. Arbeitszeiten...“

Zwar ist eine Empfangskollegin keine Controllerin, aber mit diesem Text ist sowohl die Wertschätzung für die gehende Kollegin als auch jeden Nachfolger gewährleistet.

Eine auf den Mitarbeiter eingehende Aufgabenbeschreibung kann zusätzlich auf ein Image einzahlen, das das Unternehmen zu einem begehrten Arbeitgeber macht. So sollten die Formulierungen:
eine Wertschätzung gegenüber neuen und aktuellen Mitarbeitern ausdrücken,
Angebote unterbreiten, die unabhängig von Bezahlung sind und die die intrinsische Motivation fördern, also Flexibilität, Verantwortung, Familiensinn, Gesundheit,
Qualifikation und Aufgabenbeschreibung als Wunsch ausdrücken, nicht als Forderung.

Was darüber hinaus meist fehlt, ist eine tatsächliche Positionierung des Unternehmens als „begehrter Arbeitgeber“, also aus Sicht seiner Kunden und aus Sicht seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu gehören u.a. Punkte wie:
bisherige Maßnahmen zum Etablieren einer Unternehmenskultur
die Einzigartigkeit bzw. Alleinstellung des Unternehmens; seine „Trüffel“
die Zukunftsfähigkeit
Vorteile des Standorts

Diese Punkte helfen wesentlich dabei, eine Vertrauensbasis beim Bewerber herzustellen. Man muss es ja nicht unbedingt so formulieren wie Google: http://beingpc.com/2010/03/top-10-reasons-to-work-at-google/ – aber ein aktiv formulierter, lebendiger Text, der auf Verben setzt statt auf Substantive und wirklich eine Bewerberin oder einen Bewerber gezielt ansprechen kann ist hier der richtige Weg. Ein professioneller Texter kann hier wertvolle Dienste leisten, Unternehmen und ausgeschriebene Stelle optimal zu positionieren.

Dabei sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass Stellenanzeigen nicht nur von Bewerbern gelesen werden. Wettbewerber, Lieferanten, Kunden, Banken, institutionelle Anleger – sie alle sind Leser von Stellenanzeigen. Sie nehmen, sicher nicht ganz zu unrecht, die Art und Häufigkeit von Stellenanzeigen als Indikator dafür, wie das Unternehmen aufgestellt ist und welche Perspektiven es hat. Ein wichtiger Grund mehr, dem Verfassen von Stellenanzeigen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit, Sorgfalt und auch einen Schuss Kreativität zu widmen.

Frank Becker
Text und Konzept
www.frank-becker-text.de
http://www.begehrt-als-arbeitgeber.de/