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Alte Probleme, neue Herausforderungen – Recruiting-Strategien in der Krise

Experten-Interview mit Steffen Fischer, Leiter Personal und Mitglied der Geschäftsführung der ifm electronic gmbh
Otmar Ehrl | 09.04.2009
Herr Fischer, die Wirtschaftskrise und gleichzeitige Fachkräftemangel erschüttern derzeit viele Unternehmen. Welche Rolle spielt hier das Personalmanagement?

Das Personalmanagement ist derzeit doppelt gefordert. Von primärer Bedeutung sind in vielen Betrieben derzeit notwendige Personalanpassungsmaßnahmen, z. B. die Organisation von Kurzarbeit. Es ist unumgänglich, das Dringende und Wichtige zuerst zu tun. Im Vordergrund steht deshalb momentan nicht das Alltagsgeschäft, wie beispielsweise die Personalbeschaffung, sondern es gilt oftmals, die Mitarbeiterkapazitäten auf das reduzierte Auftragsvolumen anzupassen. Im Zuge dessen konnten bei ifm electronic die Verträge unserer Leihmitarbeiter sowie befristete Arbeitsverträge teilweise nicht verlängert werden. Diese Maßnahmen sind in dieser Größenordnung – zum jetzigen Stand ca. 200 Leiharbeitnehmer und bislang circa 70 auslaufende Befristungen – zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte notwendig geworden. Umso schwerer ist uns diese Entscheidung gefallen. Ein weiterer Weg durch die Krise bedeutet Kurzarbeit und auch hier ist das Personalmanagement gefragt. All dies sind Facetten der Personalarbeit. Antizyklisch denken, müssen wir weiterhin. Denn viele Herausforderungen gerade beim Fachkräftemangel, die wir vor der Krise bereits hatten, bleiben bestehen.


Wie können Personalabteilungen diese Herausforderungen meistern?

Indem wir uns nicht nur auf die operative Arbeit konzentrieren, sondern im Auge behalten, dass es eine Zeit nach der Krise gibt. Die Personalabteilungen dürfen weiterhin aktuelle Themen wie demografische Veränderungen, interne und externe Kommunikation und Fachkräftemangel nicht aus den Augen verlieren – auch um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Zudem können bestehende Systeme und Kapazitäten gerade in der Zeit der Unterauslastung genutzt werden, um Kampagnen und Maßnahmen vorzubereiten. Gleiches gilt für die Optimierung von Recruiting-Strategien: Unternehmen müssen in jeder Situation für die Zukunft vorbereitet sein.

Welche Recruiting-Strategien werden Sie bei ifm electronic verfolgen?

Neben den klassischen Recruiting-Aktivitäten, wie Stellenausschreibungen und Internetauftritten, haben wir unsere Messeauftritte verstärkt. Auch die Aktivitäten im Bereich der Hochschulkontakte sind intensiviert worden: Insbesondere an Fachhochschulen halten wir Vorträge und haben für 2010 eine Stiftungsprofessur verabschiedet. Darüber hinaus haben wir gute Erfahrungen mit einer 2008 durchgeführten Recruitingkampagne gemacht. Mit der „Helle-Köpfe-Aktion“, die abgestimmte Elemente wie Plakat- und Radio-Werbung beinhaltete, sollten kurzfristig 40 offene Stellen besetzt werden. Unterstützt von einer internen Recruiting-Maßnahme „Mitarbeiter finden Mitarbeiter“, konnte dieses Ziel erreicht werden.

Wie schaffen Sie es, sich, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage, als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren?

Natürlich hat die Rezession Auswirkungen auf die gesamte Industrie. Aber die ifm electronic ist ein breit aufgestelltes Unternehmen, das stets planvoll gedacht und gehandelt hat und deshalb der Situation umsichtig begegnen kann. Wir wissen, dass auch in Zeiten wie diesen die wichtigste Ressource jeder einzelne Mitarbeiter ist. Etwas, das die ifm meiner Meinung nach besonders auszeichnet, ist ihre lebendige Unternehmenskultur: Gemeinsame Sportveranstaltungen, Unternehmungen in der Freizeit sowie gemeinsames soziales Engagement verbinden die Mitarbeiter. Zudem haben wir die interne Kommunikation deutlich verstärkt: Jeder Mitarbeiter kann nunmehr täglich die Umsatzentwicklung einsehen und ist daher in der Lage, getroffene Maßnahmen besser nachzuvollziehen. Uns ist bewusst, dass wir auch für unsere bestehende Mitarbeiterschaft attraktiver Arbeitgeber bleiben müssen.

In welchen Bereichen ist der Bedarf an Fachkräften bei ifm besonders groß?

Ganz klar, bei den Ingenieuren. Künftig werden wir wieder Ingenieure und Absolventen der Elektrotechnik suchen. Neben Fachkenntnissen zählen auch Schlüsselqualifikationen. Verstärkt suchen wir Mitarbeiter, die interdisziplinär denken können, also beispielsweise auch über gutes kaufmännisches Wissen verfügen.

Wie beurteilen Sie die Arbeitsmarktsituation, gerade für Ingenieure, in den nächsten Jahren? In wiefern haben sich die Anforderungen der Unternehmen verändert?

Ingenieure sind eine wichtige Berufsgruppe innerhalb der deutschen Wirtschaft. Stichworte wie Innovationen und technischer Fortschritt sind gewissermaßen Synonyme ihrer Arbeit und haben großen Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung. In der deutschen Industrie wird diese Berufsgruppe daher auch in Zukunft gefragt sein. Ich würde jedem raten, der sich für Technik interessiert einen technischen Studiengang zu wählen, denn so, wie Deutschland aufgestellt ist, haben Ingenieure nach wie vor gute Karrierechancen und die Aussicht auf einen abwechslungsreichen und spannenden Beruf.

Welche Qualifikationen sollten Bewerber mitbringen und welche Aufstiegschancen haben sie bei ifm electronic?

Bei insgesamt über 3000 Mitarbeitern weltweit, beschäftigt ifm 330 Entwicklungsingenieure. Allerdings ist das Bild vom einsamen Entwickler, der allein am grünen Tisch Geniales zustande bringt, lange überholt. Es reicht heute nicht, ausschließlich in kausalen elektrotechnischen Zusammenhängen zu denken. Die heutige Industrie fordert gleichzeitig technisches Wissen, in Strukturen des Projektmanagements denken und Produkte im Dialog mit dem Vertrieb und dem Kunden entwickeln zu können – Kommunikationsfähigkeit und soziale Kompetenz haben demnach einen sehr hohen Stellenwert. ifm ist ein kundenorientiertes Unternehmen – gerade das erfordert ein hohes Maß an Schlüsselqualifikationen und Soft Skills.

Was raten Sie Absolventen und Professionals, die aktuell auf Arbeitssuche sind?

Auch hier gilt: Wenn man zu einer bestimmten Zeit das Studium abschließt oder eine neue Anstellung sucht, kann die Nachfrage da sein oder auch nicht. Es gab Zeiten in denen Ingenieure bereits vor ihrem Abschluss einen Arbeitsvertrag hatten und es gab Zeiten, in denen es nicht so war. Zurzeit sind die Unternehmen verhalten, wenn es um Neueinstellungen geht: Aber auch das wird sich ändern. Ich rate jedem, die Zeit der Wirtschaftskrise sinnvoll zu nutzen, etwa um Sprachkompetenz aufzubauen oder zu erweitern.
Lernen kann sich aber genauso in einem sozialen Bereich abspielen, wenn das der Entwicklung der Persönlichkeit zugute kommt, ist es keine ‚weggeworfene’ Zeit. Aber jemand, der stringent denkt, der nutzt diese Zeit, auch wenn er nicht sofort auf seinem Traum-Arbeitsplatz sitzt. Eine gute Gelegenheit ist ein Zusatzstudium, ein Praktikum oder ein Side-Step, der bewusst, aber überlegt ist. Es ist wichtig, dass es nicht zu zufällig in der Bewerbung klingt, sondern dass eine gewisse Ausrichtung schon erkennbar ist. Stetiges Wechseln der Bereiche kann, unter Umständen, wankelmütig wirken.

Herr Fischer, vielen Dank für das Gespräch!



Über den Interviewpartner:
Steffen Fischer studierte Rechtswissenschaften in Berlin mit dem Schwerpunkt Wirtschafts- und Arbeitsrecht. Nach seiner Zulassung 1996 arbeitete er im Bereich Personal und Recht bei der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg GmbH. Seit 2006 ist Herr Fischer Leiter Personal und Mitglied der Geschäftsleitung der ifm electronic gmbh. Das mittelständische Unternehmen ist weltweit einer der führenden Hersteller von Automatisierungstechnik. Das Familienunternehmen mit der Unternehmenszentrale in Essen startete 1969 mit der Erfindung von induktiven Näherungssensoren. Mit überdurchschnittlicher Produktqualität, außergewöhnlichen Innovationen und der stetigen Nähe zum Kunden setzte ifm 2008 über 420 Millionen Euro um.



Über ifm electronic:

ifm electronic gmbh ist weltweit einer der führenden Hersteller von Automatisierungstechnik. Mit der Optimierung technischer Abläufe in vielen Branchen dieser Welt setzt ifm electronic immer wieder neue Maßstäbe und sichert so die Produktionsprozesse von morgen. Das Familienunternehmen mit der Unternehmenszentrale in Essen startete 1969 mit der Erfindung von induktiven Näherungssensoren. Die deutsche Produktion in Tettnang am Bodensee garantiert von Anfang an Markenqualität. „efector“ steht heute für Positions- und Fluidsensorik, Objekterkennung, Diagnose- und Identifikationssysteme. Die Marke „ecomat“ ist Synonym für Kommunikations- und Steuerungssysteme. Mit überdurchschnittlicher Produktqualität, außergewöhnlichen Innovationen und der stetigen Nähe zum Kunden setzte ifm 2008 über 420 Mio. € um.


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Über Otmar Ehrl

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