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Wichtige, aktuelle rechtliche Entscheidungen für das Online-Marketing

Online-Marketing hat das Direktmarketing und dessen rechtliche Rahmenbedingungen revolutioniert.
Peter Schotthöfer | 01.12.2011
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de



Online-Marketing hat das Direktmarketing und dessen rechtliche Rahmenbedingungen revolutioniert. Mit der E-Commerce-Richtlinie (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr 2000/31/EG vom 4.5.2000) wurde das „Herkunftslandprinzip“ eingeführt und damit wesentliche Veränderungen des deutschen Marketingrechts eingeläutet. Denn bis dahin galt in der Bundesrepublik das wohl strengste Werberecht in den Mitgliedsstaaten der EU.

Die E-Commerce-Richtlinie brachte die deutsche Werberechtsburg ins Wanken und schließlich zu Fall. Denn mit dieser Richtlinie wurde der Grundsatz eingeführt, dass in einem EU-Mitgliedsstaat eine Maßnahme nicht verboten werden darf, die in dem EU-Staat erlaubt ist, aus dem sie stammt – wenn sie elektronisch verbreitet wurde.

Da sich das Herkunftslandprinzip nicht auf den elektronischen Geschäftsverkehr beschränken ließ, fielen ihm viele einschränkende deutsche Vorschriften wie die Zugabeverordnung oder das Rabattgesetz zum Opfer. Sie wurden zum Teil ersatzlos gestrichen, da man nicht riskieren wollte, dass einheimische Unternehmen auf dem deutschen Markt gegenüber EU-Konkurrenten strenger behandelt würden und damit diskriminiert (Stichwort: „Inländerdiskriminierung“), weil ihre Marketingmaßnahme in ihrem Heimatland zulässig war – in der BRD dagegen nicht.


Verkaufsförderung

Gewinnspiele sind ein wichtiges Marketinginstrument. Online werden sie gerne zur Steigerung der Bekanntheit eines Produktes oder Unternehmens eingesetzt oder zur Gewinnung von Kundendaten. Die Verknüpfung der Teilnahme an einem Gewinnspiel an einen Kauf ist nach deutschem Recht verboten (§ 4 Nr. 6 UWG). Gewinnspiele können aber auch deswegen rechtlich bedenklich sein, weil sie möglicherweise als unerlaubtes Glücksspiel gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoßen. In beiden Bereichen scheint sich eine Änderung anzubahnen.

EuGH: Glücksspielvertrag verstößt gegen EU-Recht
In verschiedenen Vorabentscheidungsverfahren hat der EuGH (Europäischer Gerichtshof) den deutschen Glücksspielstaatsvertrag als nicht vereinbar mit europäischem Recht befunden. Zwar könne ein Mitgliedstaat durchaus Glücksspiele in der Hand des Staates im Interesse des allgemeinen Wohles, hier der Bekämpfung der Spielsucht, monopolisieren. Dies setze jedoch voraus, dass er dieses Ziel auch kohärent verfolgt. Das sei in Deutschland aber nicht der Fall. Hier sei die Zahl der staatlichen Spielcasinos erhöht, die Werbung für einen Kasinobesuch gesteigert und weitere Spielautomaten erlaubt worden. Von einer kohärenten Bekämpfung der Spielsucht könne daher nicht die Rede sein.

Die Gerichte müssen nun unter Berücksichtigung dieses Standpunktes in den Ausgangsfällen eine Entscheidung treffen [1]. In einer ersten Entscheidung hat der BGH die neue Rechtslage berücksichtigt.

BGH: Koppelung Gewinnspiel – Kauf jetzt erlaubt
Ein großer deutscher Einzelhandelskonzern hatte in seinen 2.700 Filialen damit geworben, dass man während einer bestimmten Zeit kostenlos Lotto spielen könne. Voraussetzung war der Kauf von Waren in einem bestimmten Wert. Landgericht und Oberlandesgericht hatten der Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs auf Unterlassung dieser Werbung stattgegeben.

Der Bundesgerichtshof hatte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob diese Entscheidungen mit europäischem Recht vereinbar seien. Da der EuGH die Auffassung vertrat, dass dies nicht der Fall sei und das Verfahren wieder an den BGH (Bundesgerichtshof) verwies, musste dieser erneut entscheiden.

Der BGH stellte nun fest, dass zwar eine derartige Koppelung nach §§ 3, 4 Nr. 6 UWG nach deutschem Recht unzulässig sei, die einschlägige Bestimmung aber nach den Vorgaben des EuGH ausgelegt werden müsse. Dies bedeute, dass die Koppelung eines Preisausschreibens oder Gewinnspiels an ein Umsatzgeschäft nur dann unlauter sei, wenn sie im Einzelfall eine irreführende Geschäftspraxis darstelle.

Mit anderen Worten: die Koppelung der Teilnahme an einem Gewinnspiel mit einem Kauf ist zulässig. Umstände wie etwa irreführende Werbeaussagen über die Höhe oder Zahl der Gewinne können aber eine Aktion unzulässig machen [2].

BGH: Preisangabe in Suchmaschinen muss aktuell sein
Es ist irreführend, wenn ein Händler seine Angebote über eine Preissuchmaschine bewirbt, aber den ursprünglich angegebenen Preis dann erhöht und dies erst verspätet der Suchmaschine angezeigt.

Ein Unternehmen der Haushaltselektronik hat am 10.8.2006 über eine Preissuchmaschine eine Espressomaschine angeboten. Die Daten wurden von dem Händler an die Suchmaschine übermittelt, die sie dann aufsteigend nach dem Preis ordnete. Deswegen war das Angebot zunächst das preisgünstigste. Doch am selben Tag erhöhte der Händler den Preis und teilte dies dem Anbieter auch mit.

Nach Auffassung des BGH verbindet der Nutzer mit einer Preissuchmaschine eine höchstmögliche Aktualität der angebotenen Preise. Er erwarte insbesondere, dass er die Waren zu den angegebenen Preisen erwerben könne. Auch ein Hinweis in der Fußzeile der Internetseite („Angaben ohne Gewähr“ und „eine Aktualisierung in Echtzeit ist aus technischen Gründen nicht möglich, so dass es im Einzelfall insbesondere hinsichtlich der Verfügbarkeit beziehungsweise Lieferzeit von Produkten zu Abweichungen kommen kann“), räume die Irreführung nicht aus. Der Händler wurde wegen irreführender Werbung zur Unterlassung verurteilt [3].


Vertriebsweg

So manchen Fachhändler stört es ganz erheblich, dass seine beratungsintensiven Produkte ohne diese Beratung online angeboten und verkauft werden. Die Hersteller argumentieren dann meist, dass sie sehr gerne von der Belieferung von Onlineshops Abstand nehmen würden, dies aber durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb untersagt sei. Dazu ist das folgende Urteil des OLG Karlsruhe von besonderem Interesse.

OLG Karlsruhe: Kein Vertrieb von Scout-Schulranzen über eBay
Ein Fachhandelsgeschäft, das Koffer, Taschen, Schulranzen und Schultüten verschiedener Hersteller auch über eBay anbot, klagte gegen den Hersteller der Schulranzen Scout. Der hatte sich geweigert, dieses Unternehmen zu beliefern. Die Firma Scout besitze in diesem Marktsegment eine Monopolstellung und müsse deswegen auch dieses Fachhandelsgeschäft beliefern.

Scout argumentierte, dass es mit all seinen Vertriebspartnern Verträge geschlossen habe, nach denen es diesen untersagt ist, die Produkte über das Internet zu vertreiben. Mit Händlern, die sich dazu nicht verpflichteten, werde auch kein Vertrag geschlossen.

Das OLG Karlsruhe stellte fest, dass dieses Verhalten nicht kartellrechtswidrig sei und der Hersteller dem Fachhandelsgeschäft in diesem Falle die Belieferung verweigern könne. Das Fachhandelsgeschäft erfülle die Kriterien nicht, die in dem Vertrag mit den anderen Vertriebspartnern enthalten seien, die insbesondere nicht übers Internet liefern dürften.

Die gestellten Kriterien seien auch sachgerecht. Sie gewährleisteten, dass das Produkt in allen Fällen herausgehoben präsentiert werde, eine angemessene Sortimentsbreite und -tiefe der Produkte und Beratung von geschultem Fachpersonal [4].

OLG München: Hersteller kann Vertrieb über Auktionsplattform verbieten Versucht ein Hersteller oder Lieferant seine Händler zu sehr zu reglementieren, kann dies ein Verstoß gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sein. Ein derartiger Verstoß läge beispielsweise in der Klausel, mit der der Hersteller/Lieferant seinen Händlerkunden den Preis vorschreibt, den dieser für die Ware verlangen soll.

Untersagt ein Hersteller oder Lieferant seinen Händlerkunden den Vertrieb seiner (Marken-)Waren über Internetauktionsplattformen, so stellt dies nach Auffassung des OLG München nur eine Beschränkung der Vertriebsmodalitäten dar. Dies lasse den Verkauf an diese Kundengruppe – wenn auch auf einem anderen Vertriebswege – weiterhin zu.

Im vorliegenden Fall hatte ein Sportartikelhersteller seinen Händlern untersagt, sein Produkt auch über Internetauktionsplattformen zu verkaufen („§ 13 Vertrieb im Internet durch den Besteller…Dem Besteller ist es untersagt, die Ware über Internetauktionsplattformen zu verkaufen“).

Nicht jede Regelung im Bereich des Internethandels ist nach Auffassung des OLG München jedoch eine unzulässige Beschränkung. So könnten etwa Qualitätsanforderungen ebenso zulässig sein wie Beschränkungen bei Werbe- und Verkaufsfördermaßnahmen. Auch könne die Zulässigkeit des Internethandels an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden zum Beispiel an den Bestand eines stationären Ladenlokals. Das Gericht hat deswegen die entsprechende Klausel des Sportartikelherstellers, die den Vertrieb über Internetaktionsplattformen verbot, nicht beanstandet [5].


Markenrecht

Eine Marke spielt in einem Marketingkonzept eine zentrale Rolle. Deswegen ist ihr umfassender Schutz von größter Bedeutung. Der Kampf gegen die Verwendung der eigenen Marke durch unbefugte Dritte muss konsequent und gegebenenfalls vor Gericht geführt werden. Andernfalls muss man damit rechnen, dass einem vorgehalten wird, man habe sich ja um den Schutz der Marke nicht bemüht. Im Bereich des Internet taucht dieses Problem vor allem bei der Verwendung der eigenen Marke als AdWord eines Dritten auf. Ob und unter welchen Voraussetzungen man sich dagegen wehren kann, damit befasst sich das folgende Urteil. Aber auch die Frage, was als Marke überhaupt angemeldet werden kann – zum Beispiel ein Werbeslogan – war Gegenstand verschiedener Entscheidungen.

EuGH: Verwendung identischer fremder Zeichen als AdWord zulässig Der EuGH bestätigte mit dieser Entscheidung seine Auffassung, dass der Inhaber einer Marke es einem Dritten verbieten darf, ein mit dieser Marke identisches Schlüsselwort zu verwenden. Voraussetzung sei, dass für einen Durchschnittsinternetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder von einem Dritten stammen [6].

OLG Hamburg: „IPOD“ ist nicht „EiPott“
Auch für Haushaltsgeräte ist der Begriff „IPOD“ für den bekannten Musikplayer-Hersteller geschützt. Als ein deutsches Unternehmen einen Eierbecher auf den Markt brachte und diesen „EiPott“ nannte und ihn so auch bewarb, schritt der amerikanische Markeninhaber ein und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Landgericht Hamburg war der Auffassung, dass zwischen den beiden Bezeichnungen keine Verwechslungsgefahr bestand. Das OLG Hamburg fand jedoch, dass eine erhebliche klangliche Identität bestehe. Daran ändere sich auch nichts, dass sich unter dem „EiPott“ in der Werbung der Hinweis „Eierbecher´“ befand [7].

E-Mail-Werbung
Werbung per E-Mail erfreut sich allergrößter Beliebtheit, lassen sich E-Mails doch in großen Massen und ohne besondere Kosten versenden. In zahlreichen Urteilen hat sich die Rechtsprechung mit dieser Problematik befasst.

BGH: Hinweis auf der Homepage – erlaubt keine E-Mail
Auf der Homepage eines Händlers fand sich der Hinweis, dass derjenige, der mit ihm in Kontakt treten oder etwas mitteilen wolle, dazu auch eine E-Mail senden könne. Deswegen glaubte ein anderer Händler dem Kollegen per E-Mail ein Händlerangebot unterbreiten zu dürfen, um das der andere weder gebeten noch dem er ausdrücklich zugestimmt hatte. Der Hinweis stellte nach Auffassung des BGH jedoch kein Einverständnis mit der Zusendung von Angeboten per E-Mail dar [8].

LG Berlin: Einladung per E-Mail ist unzulässig
Bereits eine „Einladung“ per E-Mail kann Werbung sein. Es kommt nicht darauf an, konkret den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Ob ein bestimmtes Produkt oder das Geschäft als solches angepriesen wird, spielt keine Rolle. Erfolgt diese Ansprache ohne vorheriges Einverständnis des Angesprochenen, handelt es sich um unzulässige E-Mail-Werbung [9].

LG München I: Bestätigungs-E-Mail keine unerlaubte Werbung
Wird zum Beispiel bei der Teilnahme an einem Gewinnspiel im Internet dem Teilnehmer, der sich per E-Mail angemeldet hat, noch einmal durch den Veranstalter eine E-Mail zugesandt, mit der die Teilnahme bestätigt wird, so liegt darin nach Auffassung des Landgerichts München I kein Verstoß gegen das Verbot der Werbung per E-Mail.

Es handelt sich vielmehr um eine so genannte Bestätigungs-E-Mail im Sinne des „Double-Opt-in-Verfahrens“. Der Teilnehmer soll so vor der Zusendung weiterer (unerwünschter) E-Mails geschützt werden und auch davor, dass Dritte ihn in seinem Namen, aber ohne sein Wissen angemeldet haben. Denn im vorliegenden Fall wurde die Teilnahme erst dann wirksam, wenn die erneute Anmeldung nach Zusendung der Bestätigungs-E-Mail erfolgte [10].

OLG Jena: Voreingestelltes Häkchen unzulässig
Ein Kunde hatte im Internet Holzkitt bestellt und dafür ein Kundenkonto eröffnet. Im Eröffnungsantrag fand sich die Möglichkeit, anzukreuzen, ob man mit der Zusendung von Werbung per E-Mail einverstanden sei. Allerdings war der Haken des Einverständnisses bereits voreingestellt.

Die Richter waren der Auffassung, dass das Gesetz zwar die Zusendung von Werbung per E-Mail erlaube, wenn das Einverständnis des Empfängers vorliege. Von einem Einverständnis könne aber nicht die Rede sein, wenn der Haken als Zeichen der Zustimmung bereits voreingestellt ist und erst entfernt werden müsste.

Nun erlaubt das Gesetz eine Zusendung von Werbe-E-Mails auch dann, wenn die E-Mail-Adresse im Rahmen eines Kaufes erhalten worden war. Aber auch dann dürfe sich die Direktwerbung nur auf ähnliche Waren wie die, die beim Kauf erworben wurden, beziehen.

Außerdem hätte bei der Erhebung der E-Mail-Adresse eindeutig darauf hingewiesen worden sein müssen, dass bei einem Widerspruch gegen die Weiterverwendung der Adresse Vermittlungskosten nach Basistarif entstünden. Die Zusendung des Newsletters per E-Mail stellte daher nach Auffassung des Senates eine wettbewerbswidrige Handlung dar [11.]

OLG Hamm: Einwilligung in Allgemeine Geschäftsbedingungen
In den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Telekommunikationsanbieters war unter Nummer 14 mit der Überschrift „Allgemeine Informationen“, in normaler, kleingedruckter Schrift die Einwilligungsklausel für einen Newsletter enthalten. Diese Einwilligungserklärung erfüllte nicht das Erfordernis der besonderen Hervorhebung nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen und verstieß zudem gegen das Wettbewerbsrecht. Nach § 7 UWG ist eine gesonderte, nur auf die Einwilligung in die Zusendung von Werbung mittels elektronischer Post bezogene Zustimmungserklärung des Betroffenen erforderlich. Der Kunde konnte aufgrund der vorliegenden Gestaltung weder ein bestimmtes Kästchen ankreuzen noch eine sonst vergleichbare eindeutige Erklärung seiner Zustimmung abgeben. Daher erkannte das Gericht hierin einen Gesetzesverstoß [12].


Urheberrecht

Das Urheberrecht spielt in der Werbung keine geringe Rolle. Fotos, Texte, Musik und Kampagnen, aber auch Computergrafiken und Bildschirmgestaltungen können vom Schutz des Urheberrechtes erfasst sein. Worauf es dabei ankommt, wird in den folgenden Entscheidungen deutlich.

OLG Köln: Urheberrechtsschutz bei Computergrafik
Das OLG Köln hat festgestellt, dass Computergrafiken als sogenannte angewandte Werke der bildenden Kunst Rechtsschutz genießen können. Allerdings sei Voraussetzung, dass das Werk eine Durchschnittsgestaltung deutlich überrage. Dass für die Herstellung der Computergrafik ein erheblicher Aufwand durch manuell einzugebende Befehle entstehe und die Gestaltung nicht völlig automatisiert ablaufe, reiche nicht aus. Computergrafiken seien auch keine den sogenannten Lichtbildwerken ähnliche Schöpfungen.

Auch Messestände in einer dreidimensionalen Gestaltung könnten deswegen geschützt sein. Dass der Auftraggeber spezifische Vorgaben mache, ändere daran nichts. Außer Betracht bleiben müssten allerdings das in den Entwurf integrierte vorgegebene Firmenlogo sowie durch einzuhaltende Abmessungen und technische Bedingungen vorgegebene Strukturen eines Messestandes. Entscheidend sei vielmehr, dass eine so starke ästhetische Wirkung von dem Werk ausgeht, dass sie über ein gefälliges und überzeugendes kunstgewerbliches Design hinausgehe und künstlerische Individualität erkennen lasse [13].

LG Mannheim: „Thalia verführt zum Lesen“ nicht geschützt
Das Urheberrechtsgesetz gilt auch und gerade im Internet. Allerdings ist es oft nicht einfach, festzustellen, wann ein Werk (also ein Text, ein Bild, ein Foto et cetera) diesem Schutz unterliegt. Das Urteil erläutert die Voraussetzungen, unter denen ein Werk geschützt sein kann.

Eine Werbeagentur beteiligte sich an einem Wettbewerb für eine Werbekampagne für eine Buchhandelskette. Sie schlug drei Konzepte vor. Einmal mit einem Buch in Herzform zu werben, zum anderen mit einem Sofa und schließlich ein sogenanntes „bluebook“. Dabei sollten Fotos von verschiedenen lesenden Personen in unterschiedlichen Situationen verwendet werden. Auch den Slogan „Thalia verführt zum Lesen“ schlug die Agentur noch vor. Die Buchhandlung lehnte ab, verwendete jedoch den Slogan. Die Agentur klagte auf Schadenersatz wegen entgangenen Honorars mit der Begründung, der von ihr entwickelte Slogan sei urheberrechtlich geschützt, Teile ihrer Konzepte seien übernommen worden. Das LG Mannheim wies die Klage der Agentur auf Zahlung von circa 40.000 Euro als Schadenersatz jedoch ab.

Die Richter waren der Meinung, dass Werbeslogans grundsätzlich Schutz als Sprachwerke genießen könnten, wenn sie schutzfähig seien. Für die Schutzfähigkeit sei eine gewisse Gestaltungshöhe erforderlich, die bei dem Slogan „Thalia verführt zum Lesen“ jedoch nicht überschritten sei.

Auch Konzeptionen könnten schutzfähig sein, also die Idee, lesende Menschen in verschiedenen Situationen ihres Lebens abzubilden. Im vorliegenden Fall habe die Buchhandlung aber nur die Idee, nicht die konkreten Vorschläge übernommen.

Schließlich führe auch das Argument der unzulässigen Übernahme von Vorlagen nicht zu einem anderen Ergebnis, da Werbeslogans nicht als Vorlage bezeichnet werden könnten [14].

OLG München: Urheber muss auch in der Werbung genannt werden
Die Abenteuer des „Pumuckl“ wurden auf DVDs vertrieben. Auf dem Cover fand sich die Figur des Pumuckl, aber kein Hinweis darauf, wer deren Schöpferin ist. Die Künstlerin, die mit dem Vertrieb dieser DVDs durchaus einverstanden war, beanstandete jedoch, dass sie auf dem Cover nicht als Urheberin genannt wurde.

Das OLG München gab ihr nun Recht. Zwar dürften die Geschichten mit der Abbildung der Figur vertrieben werden, dies bedeute aber nicht, dass nicht auch hier der Urheber genannt werden müsse [15].

BGH: Plattformbetreiber haftet nicht für ungenehmigte Fotoveröffentlichung durch Dritte
Auf einer Internetplattform wurde gewerblich und freiberuflich tätigen Fotografen die Möglichkeit gegeben, Aufnahmen zum entgeltlichen Herunterladen ins Internet zu stellen. Die Plattform umfasste Millionen Bilder, darunter zahlreiche Fotos von Schlössern, Gütern und anderen Sehenswürdigkeiten, die in Staatseigentum standen. Wenn manche dieser Fotos rechtswidrig zustande gekommen seien, haftet nach Auffassung des BGH dafür nicht der Betreiber der Plattform. Dieser habe die Fotos nicht selbst gefertigt, die Grundstücke nicht betreten und auch keinen anderen Einfluss auf die Aufnahmen gehabt. Verantwortlich sei nur der, der durch positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen einen Schaden adäquat verursache [16].

LG Köln: Veröffentlichung eines Bildes im Internet bedeutet nicht
Einverständnis mit Nutzung Das Bild des Ressortleiters eines Magazins, das im Internet veröffentlicht war, fand sich über einen so genannten Hyperlink in einer Personensuchmaschine wieder. Eine Einwilligung damit hatte der Ressortleiter allerdings nicht erteilt.

Das LG Köln entschied nun, dass die Veröffentlichung eines Bildes im Internet nicht das Einverständnis bedeute, dass dieses Bild von jedermann verwendet werden dürfe, im konkreten Fall also ein Link in der Suchmaschine zu diesem Bild angebracht werde [17].


Fernabsatzrecht

Der Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Wege des Fernabsatzes, ohne persönliche Begegnung zwischen Käufer und Verkäufer, macht einen nicht unerheblichen Teil des Handels aus. Der Gesetzgeber hat deswegen scharfe Bedingungen für diese Art des Vertriebs festgelegt. Die Rechtsprechung hat die gesetzlichen Bestimmungen zu Gunsten der Verbraucher interpretiert, modifiziert und verschärft.

BGH: „Anrede per Sie“ notwendig
Eine nicht ordnungsgemäße Belehrung über die rechtlichen Folgen und Möglichkeiten bei einem Kauf im Wege des Fernabsatzes kann für die Versender schwerwiegend sein. Deswegen gibt es ein Muster im Gesetz, von dem ein Verwender zwar in Format und Schriftgröße abweichen darf, aber nicht im Inhalt.

Der BGH hat nun festgestellt, dass es unzulässig sei, in einer Widerrufsbelehrung davon zu sprechen, dass „der Verbraucher“ bestimmte Rechte habe, da in der Musterwiderrufsbelehrung der Verbraucher direkt mit „Sie“ angesprochen werde. Davon dürfe nicht abgewichen werden, da sonst für den Kunden unklar sei, dass er mit dem Begriff „Verbraucher“ gemeint sei. Außerdem sei es unzulässig, den Begriff „frühestens“ zu verwenden, um zu erklären, ab wann es ein Widerrufsrecht gebe. „Frühestens“ bedeute, dass noch weitere Umstände für den Beginn der Frist hinzukommen könnten. Diese Umstände seien aber nicht erkennbar.

Eine derartige Widerrufsbelehrung setze daher die Frist zum Widerruf nicht in Lauf [18].

OLG Hamburg: Einleitung kein Wettbewerbsverstoß
Ein Mitbewerber mahnte einen Online-Shopbetreiber ab. Der hatte die einleitende Formulierung „Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht“ vor der korrekt wiedergegebenen Musterbelehrung verwendet. Das Gericht erkannte darin eine klare und unverständliche Widerrufsbelehrung, zumal der Onlineshop den Begriff des Verbrauchers in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen definiert hat. Ein durchschnittlicher und verständiger Verbraucher werde durch die verwendete Formulierung nicht dazu verleitet, den Verbraucherbegriff falsch auszulegen und deshalb fälschlicherweise davon ausgehen, dass ihm ein Widerrufsrecht nicht zustehe [19].


Literatur

[1] EuGH vom 8.9.2010; Az. C – 409/06
[2] BGH vom 5.10.2010; Az. I ZR 4/06, WRP 2011, 557
[3] BGH vom 11.3.2010; Az. I ZR 123/08 Computer&Recht 2010 R 41
[4] OLG Karlsruhe vom 25.11.2009; Az. 6 U 47/08, WRP 2010, 413.
[5] OLG München vom 2.7.2009; Az. U(K) 4842/08 – K&R 2009, S. 727
[6] EuGH vom 26.3.2010; Az. C 91/09 „Eis.de“ – bananababy, K&R 2010, 397 (s.a.
EuGH vom 25.3.2010; C – 278/09 K&R 2010, 318).
[7] OLG Hamburg vom 9.8.2010; Az. 5 W 84/10, GRUR-RR 2010, 382.
[8] BGH vom 10.12.2009; Az. I ZR 101/07, CR 2010, 525.
[9] LG Berlin vom 18.8.2009; Az. 15 S 8/09, K&R 2009,823.
[10] LG München I vom 13.10.2009; Az. 31 T 14369/09, K&R 2009, 824.
[11] OLG Jena vom 21.4. 2010; Az. 2 U 88/10, CR 2010, 815.
[12] OLG Hamm 17.02.2011; Az. I-4 U 174/10, MIR 2011, Dok. 044.
[13] OLG Köln vom 20.3.2009; Az. 6 U 183/08, GRUR - RR 2010, S. 142.
[14] LG Mannheim vom 11.12. 2009; Az.7 0 343/08, GRUR - RR 2010, 462.
[15] OLG München vom 20.5.2010; Az. 6 U 2236/09, GRUR – RR 2010, 413.
[16] BGH vom 17.12.2010, Az. V ZR 44/10, K&R 2011.S. 191
[17] LG Köln vom 17.6.2009, 28 O 662/08 CR 2010, S. 271
[18] BGH vom 1.12.2010, Az. VIII ZR 82/10, K&R 2011, 185.
[19] OLG Hamburg vom 03.06.2010; Az. 6 U 125/08, MMR 2011, 100.

Abkürzungen
WRP = Wettbewerb in Recht und Praxis
K&R = Kommunikation & Recht
GRUR-RR = Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Rechtsprechungsreport
CR = Computer und Recht
MIR = Management International Review
MMR = Multimedia und Recht
Fundstelle, eigene = Archiv des Autors