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Fast jedes zweite Unternehmen leidet unter Störungen in der Lieferkette

Studie von PwC und Creditreform Rating: 38 Prozent der Unternehmen haben keine relevanten Daten, um Risiken in der Lieferkette zu beurteilen.
Die Finanzkrise hat Unternehmen für Risiken bei ihren Lieferanten sensibilisiert. So hatten Zulieferer mit einer dünnen Eigenkapitaldecke mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen. Aber nicht nur in Krisenzeiten wirken sich Probleme in der Lieferkette nachteilig aus: So berichten
45 Prozent der Unternehmen in den vergangenen drei Jahren über Probleme bei Lieferanten, die zu Versorgungsengpässen, finanziellen Einbußen oder Imageschäden geführt haben, wie aus der Studie „Von der Krisenbewältigung zur Risiko-
vermeidung – Strategien zur Reduzierung des Lieferantenrisikos“ von PwC und Creditreform Rating hervorgeht. Dazu wurden die Top-Entscheider von 137 Unternehmen verschiedener Branchen befragt. Beim Lieferantenrisikomanagement konzentrieren sich Unternehmen darauf, die Zahl der Lieferanten zu reduzieren, die Kosten und auch das das Working Capital zu senken. „Der Fokus liegt häufig auf Kosten, Zuverlässigkeit und Qualität der Lieferanten“, betont Dr. Norbert Fischer, PwC-Partner und Experte für Lieferantenrisikomanagement. „Unternehmen müssen darauf achten, dass sie im Bemühen, die Kosten zu senken, nicht die Voraussetzung für neue Schadensfälle schaffen. Zum Beispiel, wenn in einem wirtschaftlich schwierigeren Umfeld die Zahl der Insolvenzen wieder zunimmt.“

Lieferantenrisikomanagement ist häufig nicht flexibel genug

Um die Risiken in der Lieferantenkette im Griff zu behalten, verfolgen die Verantwortlichen einen klaren Ansatz: So nennen 64 Prozent es als wichtigstes Ziel, weniger Lieferanten zu haben und mehr aus einer Hand liefern zu lassen. Für mehr als die Hälfte ist es besonders wichtig, die Kosten zu senken und das eingesetzte Working Capital, also das gebundene Kapital im Umlaufvermögen, zu reduzieren. Die Unternehmen streben auch ein hohes Maß an Lieferzuverlässigkeit und Flexibilität an. „Bei Kosteneinsparung und verbesserter Zuverlässigkeit gelingt es Unternehmen gut, diese Ziele zu erreichen, bei der Flexibilität ist das dagegen deutlich schwieriger“, betont Fischer.

Um Risiken in der Lieferkette zu erkennen, setzen die Unternehmen in der Regel auf eigene Informationen und den direkten Kontakt zu den Lieferanten, wie die Studie zeigt. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen greift zusätzlich auf die Daten von externen Finanzdatenbanken zurück. „Unternehmen sollten vor dem Hintergrund einer zunehmenden Komplexität die Leistungsfähigkeit ihrer kritischen Lieferanten analysieren, um Frühwarnindikatoren für Risiken entwickeln zu können", stellt Dr. Michael Munsch, Vorstand von Creditreform Rating fest. „Besonders die zunehmende Abhängigkeit von wenigen Lieferanten im Zuge der Lieferantenbündelung erfordert bei Unternehmen ein qualifiziertes Erkennen und Bewerten von Frühwarnsignalen für eine gefährdete Lieferantenbeziehung.“ Allerdings haben 38 Prozent der Unternehmen keinen Zugriff auf relevante Daten und Informationen, um Risiken beurteilen zu können. Und jedes fünfte Unternehmen hat Schwierigkeiten, die sich wandelnde Lieferantenlandschaft zu überblicken.

Lieferketten in Zukunft noch komplexer

Nach Einschätzung der befragten Unternehmen werden Lieferketten in Zukunft noch komplexer. So rechnen 85 Prozent mit einer wachsenden Abhängigkeit von Lieferanten und damit mit einem steigenden Risiko. Zudem glauben 62 Prozent der Befragten, dass sich die wachsende Zahl der Lieferanten nachteilig auf die Verlässlichkeit der Lieferkette auswirkt.

Um Risiken in der Lieferantenkette besser zu managen, raten die PwC-Experten zu einem ganzheitlichen und unternehmensübergreifenden Ansatz, der auf finanzwirtschaftlichen sowie prognostizierten Kennzahlen basiert. „Von entscheidender Bedeutung sind Frühwarnindikatoren und in die Zukunft gerichtete Bewertungsmodelle, mit denen Unternehmen potenzielle Ausfallgefahren bei ihren Lieferanten identifizieren können“, erklärt Fischer. Nur so können sie Probleme frühzeitig erkennen und Maßnahmen zur Risikovermeidung einleiten, die möglichst standardisiert sind.

Die Analysten von Creditreform Rating empfehlen den Einsatz von entscheidungsunterstützenden Modellen. „Diese können bei der Interpretation der Daten eine wirkungsvolle Entscheidungshilfe darstellen“, weiß Munsch. „Durch geeignete Verfahren können aus den bereitgestellten Daten Aussagen zur Bonität und damit zur Stabilität des Lieferanten frühzeitig und vor einer Krise getroffen werden. Durch eine strukturierte Verarbeitung und Analyse der Informationen lassen sich Handlungsempfehlungen für den Einkauf ableiten, um Störungen in der Supply Chain zu vermeiden.“