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Wissmann: Deutsche Zulieferer sind Innovationstreiber

16. VDA-Mittelstandstag - "Aktuelle Herausforderungen für die Automobilindustrie".
„Die deutschen Zulieferer sind Innovationstreiber. Ihr Wertschöpfungsanteil am Automobil beträgt 75 Prozent. Ein Drittel der Forschungs- und Entwicklungsausgaben der deutschen Automobilindustrie wird durch Zulieferer gestemmt. Im Jahr 2015 erhöhten die deutschen Zulieferbetriebe ihren Umsatz um 3 Prozent auf 75,8 Mrd. Euro. Die meist mittelständischen Unternehmen beschäftigen über 300.000 Mitarbeiter allein im Inland“, betonte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf dem 16. Mittelstandstag des VDA in Gravenbruch bei Frankfurt/Main vor 200 hochrangigen Gästen. Wissmann wies zudem auf die die Studie „Innovationskraft der deutschen Automobilhersteller und Zulieferer“ hin, die der VDA zusammen mit dem Center of Automotive Management kürzlich veröffentlicht hat: „Demnach ist in den vergangenen zehn Jahren die Innovationskraft in der Automobilbranche über alle Technologiefelder hinweg weit überdurchschnittlich zum Wettbewerb gestiegen.“

Auf der Veranstaltung, die von Arndt G. Kirchhoff, Geschäftsführender Gesellschafter & CEO der Kirchhoff Holding GmbH & Co. KG sowie VDA-Vizepräsident und Vorsitzender des VDA-Mittelstandskreises, eröffnet wurde, sprachen u. a. Andreas Renschler, Mitglied des Vorstands Volkswagen AG und CEO der Volkswagen Truck & Bus GmbH, Dr. Stefan Sommer, Vorsitzender des Vorstands, ZF Friedrichshafen AG, sowie Dr. Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU.

Trotz der erfreulichen Marktentwicklung befinde sich die deutsche Automobilindustrie derzeit in einem herausfordernden Umfeld, unterstrich Wissmann: „Die Situation des Diesel bewegt uns alle. Hinzu kommen weitere Themen, etwa Zeitarbeit und Werkverträge, die Rentendebatte, die Erbschaftsteuer sowie die steigenden Energiekosten.“ So sei der vorliegende Kompromiss zur Regelung von Zeitarbeit und Werkverträgen zwar im Grundsatz zu begrüßen und bewege sich im Rahmen des Koalitionsvertrages. Doch müsse bei der Ausgestaltung genau darauf geachtet werden, dass Freiraum und Flexibilität erhalten blieben und keine bürokratischen Zusatzkosten entstünden.

Mit Blick auf den Themenschwerpunkt des diesjährigen Mittelstandstages – die Digitalisierung – sagte Wissmann: „Die Digitalisierung unserer Gesellschaft schafft ganz neue Möglichkeiten. Allerdings muss die Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur deutlich erhöht werden, damit etwa der Verkehr auf dem zur Verfügung stehenden Raum optimal organisiert werden kann. Das Auto wird – neben anderen Verkehrsträgern – auch künftig eine zentrale Rolle spielen, da die Menschen großen Wert auf individuelle Mobilität legen. Das vernetzte Auto wird integraler Bestandteil einer multimodalen Verkehrslösung sein. Autofahren wird dadurch noch einfacher, sicherer und effizienter.“

Die Digitalisierung biete gerade auch mittelständischen Unternehmen große Chancen, etwa bei neuen Komponenten und Bauteilen, neuen digitale Services und Dienstleistungen.

Die Entwicklung erfolge mit hoher Geschwindigkeit, das habe auch die Politik erkannt: „Für das vernetzte und automatisierte Fahren ist die Automobilindustrie auf Rechtssicherheit vor allem im Straßenverkehrsrecht angewiesen. Es ist wichtig, hier bald Klarheit zu schaffen“, sagte Wissmann. Die deutsche Automobilindustrie strebe bereits 2018 die Einführung von Systemen des automatisierten Fahrens an. Der VDA-Präsident begrüßte ausdrücklich die Unterstützung der Bundesregierung, den Weg zum automatisierten und vernetzten Fahren zu ebnen.

Wissmann nannte das vor wenigen Wochen beschlossene Regierungsprogramm Elektromobilität ein „richtiges Zeichen zur richtigen Zeit“: “Automatisierung und Elektrifizierung sind die wichtigen Zukunftsthemen für den Standort Deutschland. Insbesondere die Kaufprämie wird für Impulse im Markt sorgen. Wie ein Blick auf andere Länder zeigt, gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen staatlicher Förderung und Markhochlauf. Aber auch der Aufbau einer leistungsstarken Ladeinfrastruktur gehört dazu.

Er wies auch auf die großen Chancen hin, die das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) insbesondere für mittelständische Firmen biete. Deutschland sei vom Export abhängig. Jeder vierte Arbeitsplatz hänge vom Außenhandel ab. Der Export von Gütern und Dienstleistungen mache etwa die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus: „Wir plädieren weiterhin für ein umfassendes Abkommen, das neben dem Zollabbau regulatorische Zusammenarbeit ermöglicht und gleichzeitig hohe Verbraucher-, Umwelt- und Datenschutzstandards sichert“, sagte er. „Gerade in der aufgeheizten Debatte gilt es, die Vorteile von TTIP weiter stringent zu vertreten.“

Arndt G. Kirchhoff, Geschäftsführender Gesellschafter & CEO, Kirchhoff Holding GmbH & Co. KG sowie Vorsitzender des VDA-Mittelstandskreises, betonte: „Vernetztes und Automatisiertes Fahren werden die Automobilindustrie revolutionieren. Um mit dieser Veränderung Schritt zu halten, müssen traditionelle Unternehmen über Branchengrenzen hinwegschauen und neue Kooperationspartner suchen. Innovative Startups können die Innovationskraft stärken. Doch noch während rechtliche und technische Leitplanken der Mobilität von morgen diskutiert werden, müssen Unternehmen Fahrt aufnehmen und die Tragfähigkeit der alten und neuen Geschäftsmodelle prüfen.“

Andreas Renschler, Mitglied des Vorstands Volkswagen AG und CEO der Volkswagen Truck & Bus GmbH, unterstrich: "Der digitale Wandel ist eine Riesenchance für uns, unsere Kunden und unsere Partner. Das Nutzfahrzeug der Zukunft ist voll vernetzt – Realität ist das bereits heute schon. Mit über 200.000 vernetzten Lkw der Marken MAN und Scania ist Volkswagen Truck & Bus derzeit führend in Europa. Ab 2017 wird jeder unserer neu ausgelieferten Lkw vernetzt sein. Automatisierung und Vernetzung bei Lkw und Bussen werden Emissionen nachhaltig reduzieren, die Verkehrssicherheit deutlich erhöhen und den Verkehrsfluss für alle Teilnehmer verbessern. Unsere Kunden werden, allem voran, durch neue, digitale Servicedienstleistungen in der Lage sein, ihre Produktivität zu steigern. Geringere Standzeiten, weniger Leerfahrten, schnellerer Service – das sind nur wenige Beispiele für die Optimierungen, die sich ergeben. Zukünftig wird sich die Rolle von Lkw-Herstellern durch neue Geschäftsmodelle massiv verändern. Wir werden zum Anbieter intelligenter Transportlösungen für unsere Kunden und verlassen das Terrain des reinen Hardware-Anbieters."

Dr. Stefan Sommer, Vorsitzender des Vorstands, ZF Friedrichshafen AG, betonte: „Globale Megatrends beeinflussen die Automobilindustrie. In sehr hohem Tempo vollziehen sich enorme technologische Umbrüche, die Gesellschaft stellt heute und in der Zukunft ganz neue Anforderungen an die Mobilität. Gleichzeitig entstehen neue Märkte und neue Wettbewerber. Diese Entwicklungen erfordern von ZF als einem der weltweit führenden Automobilzulieferer einen gewaltigen Innovationsschub. Die technologische Aufstellung ist ein entscheidender Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb. Seit der Übernahme von TRW bietet ZF Lösungen und Produkte für die automobilen Megatrends Effizienz, Sicherheit und autonomes Fahren aus einer Hand. Durch die intelligente Vernetzung von Mechanik mit Steuergeräten und Sensorik gestalten wir die Megatrends mit. Das ist eine Stärke, die so keiner unserer Wettbewerber hat. Im Zusammenspiel einzelner Fahrwerk-, Antriebs- und Fahrerassistenzsysteme lassen sich neue Potenziale heben, die den Anforderungen der Mobilität von morgen genügen und sie weiter gestalten. Für den Erfolg entscheidend sind aber nicht nur innovative Produkte und Technologien, sondern auch effiziente Strukturen und Kostenführerschaft.“

Dr. Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU, sprach auf dem VDA-Mittelstandstag über die gesamtpolitische Herausforderung: "Deutschland braucht eine Agenda 2020, um den Staat fit zu machen für die großen Zukunftsthemen Demografie und Digitalisierung. Die Union muss diese Zukunftsthemen vorantreiben und dabei den leistungstragenden Mittelstand in den Blick nehmen."