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Europa überflügelt Nordamerika bei M&A im Transportsektor

Europa überholt Nordamerika in Anzahl und Volumen der Deals. Chinesische Investoren kaufen im In- und Ausland.
Silja Wutzler | 17.01.2017
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Mit 219 Deals in einem Gesamtvolumen von 121,1 Mrd. US-Dollar schloss der Transaktionsmarkt in der Transport- und Logistikbranche das Gesamtjahr 2016 auf hohem Niveau ab. Die Anzahl der Deals blieb weltweit nur knapp hinter dem Rekordjahr 2015 zurück. Das Gesamtvolumen nahm zwar ebenfalls ab, lag jedoch deutlich höher als in den Jahren 2012 bis 2014. Der deutsche Markt zeigte sich gegenüber dem Vorjahr belebt. Asien bleibt mit 127 Deals die aktivste Region. Die Schifffahrt erlebte 2016 aufgrund anhaltenden Kostendrucks einen massiven Konsolidierungsschub. Der rasant wachsende E-Commerce führte weltweit – und in China im Speziellen – zu Expansionen im Markt der Expresslogistiker. Zu diesen Ergebnissen kommt der Report „M&A in der Transport- und Logistikbranche 2016“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.

Europa deutlich vor Nordamerika

Der europäische M&A-Markt überflügelt Nordamerika deutlich sowohl nach Anzahl (69 versus 39) als auch Volumen (33,8 versus 25,3 Mrd. US-Dollar) der Deals. Für die größte Zahl und das größte Volumen der Deals mit europäischen Zielen zeichnen europäische Investoren verantwortlich (47 Deals im Gesamtwert von 17,9 Mrd. US-Dollar). „Bei den außereuropäischen Investoren beobachten wir einen Wechsel in der Käuferstruktur. Im Vorjahr dominierten nordamerikanische Unternehmen mit einigen wichtigen, strategischen Akquisitionen. 2016 stammen die Käufer hingegen aus unterschiedlichen Regionen wie zum Beispiel Australien, Singapur und Saudi Arabien“, kommentiert Dietmar Prümm, Leiter des Bereichs Transport und Logistik bei PwC in Deutschland, die aktuelle Marktentwicklung auf dem Kontinent. „Wir sehen Deals in allen Sektoren mit Schwerpunkten in der Logistik und in der Schifffahrt. Bemerkenswert sind aber auch eine Reihe größerer Infrastruktur-Deals mit Häfen, Flughäfen und Mautstraßen als Kaufobjekt.“

Deutschland zeigt sich belebt

Nach einem schwachen Vorjahr zeigte sich der deutsche M&A-Markt 2016 belebt. Lokale Deals dominieren das Bild (51 von 91 Deals; gezählt wurden alle Deals unabhängig vom Volumen), aber deutsche Unternehmen wurden auch Ziel von Investoren aus dem europäischen Ausland (26 sogenannte Inbound Deals). Ein prominentes Beispiel ist der Verkauf der zweitgrößten deutschen Reederei Hamburg Süd, die der Oetker-Konzern an die dänische Maersk abgibt. Neben den Reedereien stehen auch die Logistiker wieder im Visier der Investoren: Rund zwei Drittel der Deals mit deutscher Beteiligung hatten ein Ziel im Logistiksektor (60 von 91). Die heimischen Logistiker zeigten sich hingegen vergleichsweise passiv: „Die namhaften deutschen Transport- und Logistikunternehmen haben sich, bis auf wenige Ausnahmen, wie im Vorjahr mit größeren Akquisitionen zurückgehalten. Viele setzen weiterhin auf organisches Wachstum“, sagt Dietmar Prümm. „Derweil befinden sich einige chinesische Unternehmen der Branche auf strammem Wachstumskurs. Sollten diese auch das Geschäft außerhalb Asiens ins Visier nehmen, müssen sich auch deutsche Unternehmen auf neuen Wettbewerb einstellen.“

Großer Konsolidierungsschub in der Schifffahrt

Nach acht Jahren Krise sind die Reeder zur Konsolidierung gezwungen und benötigen frisches Kapital von Investoren. „Die bestehenden Überkapazitäten machen der Schifffahrtsbranche weiter zu schaffen“, sagt Jörg Bredy, M&A-Experte bei PwC für den Bereich Transport und Logistik. „Die Reedereien müssen Kosten senken und neue Wege der Zusammenarbeit finden.“ Sinnbildlich für diese Entwicklung sind die angekündigte Zusammenarbeit der drei großen japanischen Reedereien NYK, MOL und K-Line ab 2018 und die Fusion zwischen Hapag Lloyd und UASC.
Die großen Hafenbetreiber konnten im Gegensatz zu den Reedern auch in den Krisenzeiten gute Ergebnisse verzeichnen. Sie streben weiterhin nach Wachstum und bieten im Wettbewerb um die zu veräußernden Häfen, so dass für diese hohe Preise erzielt werden.

Wachsender E-Commerce treibt Markt für Expresslogistik

Mit 73 Deals ab einem Volumen von 50 Mio. US-Dollar war die Logistik 2016 der größte M&A-Sektor. Hier zeigte sich vor allem der Markt für Kurier-Express-Paket-Dienste, kurz KEP-Markt, auffällig. Expresslogistiker aus Europa und der ganzen Welt suchen Transaktionsziele zur Erweiterung ihrer Kapazitäten und zum Ausbau ihrer Marktanteile. Der rasant wachsende E-Commerce stellt dabei besonders chinesische Expresslogistiker vor neue Herausforderungen und Möglichkeiten: „China ist der weltweit größte Markt für Lieferdienste. Einige Unternehmen verschafften sich im großen Rahmen Zugang zu Kapital an den Börsen, das sie für ihre Expansionspläne benötigen“, analysiert Jörg Bredy.

Märkte in China und Indien in Bewegung

Insgesamt verstärken sich chinesische Logistik- und Schifffahrtsunternehmen durch die Übernahme von ebenfalls chinesischen Wettbewerbern. Die Transaktionen vereinfachen eine zentrale Steuerung der chinesischen Unternehmen und stärken sie für den internationalen Wettbewerb. „Langfristig werden sich auch die etablierten Player vor der chinesischen Konkurrenz in Acht nehmen müssen“, resümiert Dietmar Prümm.
Der indische Markt war 2016 für Investoren so spannend wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr. Bei neun Deals mit einem Dealvolumen größer 50 Mio. US-Dollar stammt das Target aus Indien. Hier waren auch Investoren aus den USA und aus China aktiv.

Zur Analyse

Der Report „M&A in der Transport- und Logistikbranche“ ist eine Analyse der weltweiten Transaktionsaktivitäten in der Branche „Transport & Logistik“. Die Analyse umfasst alle Zusammenschlüsse, Unternehmenskäufe und -verkäufe, Leveraged Buyouts, Privatisierungen und Übernahmen von Minderheitsanteilen mit einem Transaktionsvolumen ab 50 Mio. US-Dollar. Die vollständige Analyse finden Sie zum kostenfreien Download unter www.pwc.de/transportMA2016

Weitere Informationen erhalten Sie unter:
http://www.pwc.de/de/transport-und-logistik.html


Bildquelle: fotolia / bluraz