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Zeitarbeitsbranche trotzt Fachkräftemangel und Regulierung

PwC-Umfrage zu Zeitarbeit: Die Branche rechnet für 2017 mit einem Wachstum von durchschnittlich 3 Prozent.
Trotz Fachkräftemangel und einem zum 1. April 2017 in Kraft tretendem strengeren Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung ist die Zeitarbeitsbranche optimistisch gestimmt: Die Mehrheit der Firmen rechnet in den kommenden zwei Jahren mit einem – wenn auch nur moderaten – Wachstum. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung der Top 100-Unternehmen der Zeitarbeitsbranche, die im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC durchgeführt wurde.

„Im Jahr 2016 konnte die Zeitarbeitsbranche mit rund sechs Prozent kräftig zulegen. Die Anzahl der Zeitarbeitnehmer erreicht mit knapp einer Million ein Allzeithoch. Gründe für diesen positiven Trend sind zum einen die gute konjunkturelle Entwicklung. Zum anderen sind Unternehmen stark daran interessiert, ihre Personalkosten weiter zu flexibilisieren. Und nicht zuletzt hat die Akzeptanz von Zeitarbeit in der Gesellschaft zugenommen“, kommentiert Dr. Ralph Niederdrenk, Partner bei PwC und Experte für Zeitarbeit.

Auch für 2017 und 2018 rechnen die Zeitarbeitsfirmen mit einer positiven Entwicklung. Das Wachstum wird jedoch nach Ansicht der Befragten deutlich schwächer ausfallen als im Vorjahr. Für 2017 liegt die Wachstumserwartung noch bei rund drei Prozent, für 2018 sinkt sie auf ein Prozent. Die Bandbreite der erwarteten Zuwachsraten fiel im Vergleich zur Vorjahresbefragung größer aus.

„Drohen nach den Bundestagswahlen im Herbst weitere Verschärfungen der Regulierung? Wie definieren wir Equal Pay? Wie reagieren die Kunden auf die Informationspflichten und die dadurch steigende Transparenz der Gehaltsstrukturen? Das sind nur einige der Fragen, die die Branche umtreiben und für Unsicherheit sorgen“, so die Einschätzung von Niederdrenk.

Equal-Pay-Regelungen dämpfen Wachstumsprognosen

Wer die Wachstumsaussichten für die Branche negativ einschätzt, begründet dies vor allem mit der verschärften Regulierung: Seit dem 1. April 2017 sieht das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Begrenzung der Überlassungsdauer auf 18 Monate vor sowie eine Equal-Pay-Behandlung nach neun Monaten. 92 Prozent der befragten Zeitarbeitsfirmen nannten die tariflichen Lohnanpassungen, die durch die Equal-Pay-Regelungen nötig werden, als Grund für ihre pessimistischen Zukunftsprognosen.

Und nicht nur das – die große Mehrheit der Befragten rechnet damit, dass die verschärfte Regulierung die Existenz von Zeitarbeitsfirmen bedroht: 73 Prozent fürchten, dass Unternehmen infolge aus dem Markt ausscheiden. Bei der Vorjahresbefragung sahen nur 56 Prozent der Befragten dieses Risiko. 71 Prozent gehen davon aus, dass die neue Regelung zu einer Verringerung der Beschäftigungszeiten von Leiharbeitern führen wird (2016: 83 Prozent). 57 Prozent rechnen mit einer höheren Übernahmequote der Leiharbeiter (2016: 53 Prozent). Und wiederum 43 Prozent der Befragten sind besorgt, dass die Nachfrage nach Zeitarbeitskräften zurückgeht (2016: 50 Prozent).

Geschäftsmodell der Zukunft: Spezialisierung

Auch der Fachkräftemangel macht der Branche zu schaffen: Drei Viertel der Befragten begründen ihre pessimistische Wachstumseinschätzung mit der schlechten Verfügbarkeit von Fachkräften. Bei der Umfrage im Vorjahr lag dieser Wert nur bei 50 Prozent.

Spezialanbieter und Zeitarbeitsunternehmen, die sich durch ein Angebot hochqualifizierter Arbeitskräfte differenzieren, sind am besten positioniert, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Das sagen jeweils knapp drei Viertel der Befragten (73 Prozent). Gut die Hälfte (55 Prozent) hält das verstärkte Angebot zur Vermittlung von Projektmitarbeitern für ein ideales Geschäftsmodell.

Überdurchschnittliche Vergütung als Maßnahme zur Mitarbeiterbindung


Um Mitarbeiter zu binden, fokussieren sich die Firmen auf eine attraktive Vergütung: 77 Prozent der Befragten bezeichnen eine überdurchschnittliche Bezahlung als wirksame Maßnahme, um Mitarbeiter in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit in ihrem Unternehmen zu halten. Gut die Hälfte (55 Prozent) hält die Rekrutierung von Fachkräften im Ausland für eine effiziente Maßnahme.

„Die Regulierung und der Fachkräftemangel stellen die Zeitarbeitsbranche auf die Probe. Unternehmen sind in diesem Umfeld gut beraten, sich zu spezialisieren und in Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung zu investieren. Wer das beherzigt, kann relativ optimistisch in die Zukunft blicken. Denn in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit punkten Zeitarbeitsfirmen mit ihrer Kernkompetenz: Sie sind ihren Kunden bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern im Idealfall einen Schritt voraus“, so das Fazit von Niederdrenk.