print logo

David gegen Goliath: Macht Amazon den deutschen Online-Handel kaputt?

Wie begründet sind die Sorgen der deutschen Online-Händler?
Shoop.de | 10.04.2017
Weltweit wächst die Marktmacht des Online-Giganten Amazon. Marktzahlen aus den USA zeigen, welchen enormen Einfluss der Online-Riese dort bereits auf das Online-Einkaufsverhalten hat. Stehen solche gefährlichen Entwicklungen auch dem deutschen Handel bevor? Wie begründet sind die Sorgen der deutschen Online-Händler? In einer repräsentativen Umfrage hat das Cashback-Portal Shoop.de (http://www.shoop.de ) deutsche Verbraucher gefragt, wie und wo sie einkaufen und auf welche Serviceleistungen sie bei Online-Shops Wert legen. Aus den Ergebnissen lassen sich Handlungsempfehlungen für Online-Shops ableiten, mit welchen Strategien und Leistungen sie sich bei deutschen Internet-Shoppern gegen den Handelsgiganten durchsetzen können.

Next-Day-Lieferung, Streaming-Dienst und eine breit gefächerte Produktpalette, die offensichtlich keine Wünsche offenlässt. Amazon wirbt auch in Deutschland aggressiv mit seinen Serviceleistungen, die das Einkaufen für Kunden noch bequemer machen sollen. Und es geht noch weiter: In den USA wird aktuell das Modell eines Supermarktes getestet, in dem es kein lästiges Anstehen an den Kassen gibt, da alle Produkte im Einkaufskorb automatisch erfasst werden und der Einkauf über den persönlichen Amazon-Account abgerechnet wird. Diese Entwicklungen beobachtet der deutsche On- und Offlinehandel mit Sorge. In der Tat wuchs die Marktmacht von Amazon in den letzten Jahren rasant. So starteten 2016, laut einer Studie des amerikanischen Unternehmens BloomReach, bereits 55 Prozent der US-Amerikaner ihren Online-Einkauf direkt bei Amazon* - ein Anstieg von 11 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015. Neun von zehn Amerikanern gehen auch dann auf die Seite des Online-Giganten, wenn sie ihr Produkt bereits bei einem anderen Online-Shop gefunden haben – häufig zum Angebots- und Preisvergleich. Und die Chance, dass ein amerikanischer Amazon-Prime-Nutzer bei einem anderen Shop einkauft, wenn er seine Produktsuche bei Amazon startet, liegt gerade einmal bei 0,9 Prozent.

Und wie sieht es in Deutschland aus? Auch hier ist das US-Unternehmen der Big Player im Online-Handel – mit steigendem Einfluss auf das Kaufverhalten. Immerhin mehr als jeder dritte Deutsche (36 Prozent) ist bereits Mitglied bei Amazon-Prime. Das ergab eine aktuelle Umfrage des größten deutschen Cashback-Portals Shoop.de http://www.shoop.de . 59 Prozent der deutschen Internet-Shopper kaufen bei Amazon. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) nutzen Amazon für die Recherche nach einem Produkt. Und immerhin fast jeder zweite Online-Käufer (49 Prozent) beginnt seinen Online-Einkauf direkt auf Amazon, sieht sich die Bewertungen für ein Produkt an und kauft dieses dann auch dort.

Dominanz von Amazon nur bei klassischen Amazon-Produkten


Die große Dominanz des Unternehmens relativiert sich jedoch beim Blick auf die Produkte, die in Deutschland hauptsächlich über Amazon bezogen werden. 44 Prozent der Deutschen kaufen Bücher, DVDs und Filme über den Online-Giganten, 37 Prozent CDs und digitale Musik und jeder Vierte (25 Prozent) kauft dort Spielzeug. Bei vielen anderen Produkt-Kategorien, wie etwa Mode und Bekleidung (12 Prozent), Heimwerken und Garten (12 Prozent), Beauty-Artikel (9 Prozent) oder auch Möbel (5 Prozent), spielt das Unternehmen dagegen eine eher untergeordnete Rolle. Veit Mürz, Geschäftsführer von Shoop.de http://www.shoop.de sagt dazu: „Auch wenn Amazon den Eindruck vermittelt, dass man dort alles kaufen kann, zeigt unsere Umfrage, dass der Online-Riese von deutschen Verbrauchern bislang vor allem in den Kernkategorien genutzt wird, mit denen das Unternehmen einmal gestartet ist – den Unterhaltungsmedien. Hierzu zählt natürlich auch das Online-Streaming von Filmen und Musik, was jedoch in erster Linie am niedrigeren Grundpreis von Amazon Prime gegenüber anderen Streaming-Angeboten liegt.” Dennoch sieht auch Mürz durchaus Gefahren auf den deutschen E-Commerce-Bereich zukommen: „Amazon wächst in allen Bereichen und versucht sich auch in anderen Kategorien als ‚Top of Mind’ zu etablieren. Der deutsche Online-Handel sollte diese Entwicklung also ernst nehmen und entsprechend reagieren“, so Mürz.

Eine Lieferung am nächsten Tag ist für 60 Prozent der Deutschen unwichtig


Gerade im Hinblick darauf, welche Leistungen Verbrauchern bei Onlineshops wichtig sind, sieht Veit Mürz gute Chancen für den deutschen Online-Handel, sich mittel- bis langfristig gegen den Konkurrenten aus Übersee aufzustellen. Amazon wirbt aggressiv mit Angeboten und Leistungen für Prime-Kunden. Diese Services sind aber kein USP von Amazon, sondern werden von den meisten Online-Shops angeboten, weil sie für deutsche Verbraucher ein Must-have sind. Der Online-Experte Veit Mürz sieht gerade im Bereich der Serviceleistungen eine Chance für den deutschen E-Commerce, sich auch weiterhin gegen Amazon zu behaupten und somit aktiv einer Entwicklung wie in den USA entgegenzuwirken. „Mehr als vier von fünf Kunden (86 Prozent) erwarten heutzutage einen kostenlosen Versand. Transparente AGB´s sind sogar 92 Prozent wichtig und einen kostenlosen Rückversand erwarten 89 Prozent der deutschen Verbraucher. Eine Leistung, die Amazon immer wieder besonders stark in den Vordergrund stellt, ist die Lieferung am nächsten Tag. Diese ist allerdings für 60 Prozent der Deutschen nicht wichtig, wenn sie sich für einen Onlineshop entscheiden“, sagt Mürz. Seine Empfehlung: „Online-Shops sollten sich nicht von der Angebotsvielfalt und den niedrigen Preisen Amazons verrückt machen lassen, sondern sich vielmehr auf ihr Kerngeschäft und die eigene langjährige Expertise konzentrieren. Kompetenz geht bei deutschen Verbrauchern immer noch vor. Sie wollen nicht unbedingt eine große Produktpalette geboten bekommen, sondern wissen, dass sie sich auf das Produkt und den Händler verlassen können.“

Alternative Kaufanreize schaffen, z. B. durch Loyalty-Programme

Trotz aller Kompetenz – der deutsche Verbraucher entscheidet preisgetrieben. Und so würden zwei von drei Deutschen (67 Prozent) von Amazon zu einem anderen Shop wechseln, wenn sie dort im Gegenzug entsprechende Sonderangebote und Rabattaktionen erhielten. Wer bei der Preisschlacht nicht mithalten kann oder will, sollte einmal über Loyalty-Programme bzw. Bonus-Systeme nachdenken, um Kunden dauerhaft zu gewinnen und an den eigenen Shop zu binden. Ob nun Treuepunkte, Herzchen oder Cashback – sie alle bieten zusätzliche Kaufanreize, für die deutsche Kunden durchaus Interesse haben. Bonusprogramme sind für 44 Prozent der Verbraucher ein wichtiges Entscheidungskriterium für einen Shop-Wechsel. Und sogar 46 Prozent würden in einem anderen Shop kaufen, und nicht bei Amazon, wenn sie dafür einen Bonus erhalten würden. „Cashback-Bonussysteme für den Online-Handel fußen in der Regel auf Affiliate-Partnerschaften. In Zeiten, in denen die Amazon-Bots im 15 Minuten-Takt die Preise der Wettbewerber auslesen, kann ein Cashback-Bonus den entscheidenden Kaufimpuls für den Endkunden liefern, der von keinem Amazon-Bot erfasst werden kann“, sagt Veit Mürz.

* http://bloomreach.com/amazon/

Über die Studie


Die repräsentative Umfrage wurde im Februar 2017 mit 1.012 Teilnehmern im Auftrag von Shoop.de http://www.shoop.de von einem Online-Marktforschungsinstitut durchgeführt.