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Überwachungsgesetze lassen wichtige Fragen offen

Bei Online-Durchsuchung sind enge Kriterien nötig. BITKOM fordert Übergangsregelung zur Vorratsdatenspeicherung.
BITKOM | 24.10.2007
München, 24. Oktober 2007
Bei den geplanten Gesetzen zur Überwachung von Telefon und Internet sind noch wichtige Fragen ungeklärt. Darauf hat der Hightech-Verband BITKOM hingewiesen. „Die Telefon- und Internetanbieter leisten gern ihren Beitrag zur Inneren Sicherheit in Deutschland“, sagte Präsidiumsmitglied Prof. Dieter Kempf am Mittwoch auf der Fachmesse Systems in München. „Die Regelungen müssen aber praxisgerecht sein und dürfen nicht übers Ziel hinausschießen.“

Für die Vorratsdatenspeicherung, die nach Regierungsplänen ab Anfang 2008 gelten soll, fordert der Bundesverband eine Übergangsfrist bis 2009. „Die Unternehmen müssen technisch und personell aufrüsten, um die neuen Vorschriften erfüllen zu können“, so Kempf. Nach dem Gesetzentwurf müssen künftig Telefon- und Internet-Verbindungsdaten sechs Monate lang gespeichert werden. „Allein für die nötige Technik müssen die Netzbetreiber und Provider bis zu 75 Millionen Euro investieren“, erklärt Kempf. Hinzu kämen jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionen-Höhe. Der Gesetzgeber müsse dafür sorgen, dass die Anbieter für diese Leistung entschädigt werden.

Staatliche Ermittler können künftig bei mehr Straftaten als bisher Verbindungsdaten abfragen und die Kommunikationsinhalte überwachen. Neu sind etwa Korruptions- und schwere Steuerdelikte, Menschenhandel, bestimmte Sexualstraftaten und Doping. Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesnetzagentur 35.816 Handy- und 5.099 Festnetznummern überwacht. Zudem lasen die Ermittler bei 473 E-Mail-Konten mit und überwachten 359 Internetzugänge. 44 Anschlüsse für Internet-Telefonie wurden abgehört. Eine solche Überwachung muss ein Richter anordnen, bei Gefahr im Verzug darf es auch der Staatsanwalt – diese Hürde bleibt auch nach der Neuregelung.

Bei der vom Bundesinnenministerium geplanten Online-Durchsuchung fordert der BITKOM besonders enge rechtliche Voraussetzungen. „Online-Durchsuchungen greifen sehr viel tiefer in persönliche und geschäftliche Informationen ein als eine Telefonüberwachung“, erklärt BITKOM-Präsidiumsmitglied Prof. Kempf. Als Richtschnur schlägt er die Leitlinien des Bundesverfassungsgerichts zur heutigen Wohnraumüberwachung vor.

Die Durchsuchung von Zentralrechnern der E-Mail-Anbieter lehnt der Hightech-Bundesverband ab. Auch sollten in Deutschland tätige Software-Hersteller nicht verpflichtet werden, standardisierte Polizei-Schnittstellen zum Beispiel in Virenschutzprogramme einzubauen. „Das bringt wenig und schadet nur, denn in Zeiten des Internets können die Nutzer ihren Mailverkehr problemlos über ausländische Anbieter abwickeln“, erklärt Kempf. „In der öffentlichen Diskussion dieser Punkte stehen wir noch am Anfang, und wir müssen sie mit dem notwendigen technischen Sachverstand führen. Den stellt der BITKOM gerne zur Verfügung.“

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