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Absicherung einer Radtour

Timo Schutt | 27.03.2014
Ein damals 20jähriger war Teilnehmer an einer Radtour, die ein Verein organisiert hatte. Unterwegs hatte er eine Panne, die Gruppe war weitergefahren. Dann geriet er in einen Unfall. Hat er nun Ansprüche gegen den Veranstalter der Radtour?

Mit dieser Frage hatte sich nun das Oberlandesgericht Hamm auseinandergesetzt.

Die Radtour wurde von Sicherungsposten begleitet, die an Straßenkreuzungen den Verkehr aufgehalten hatten, so dass die Gruppe gefahrlos die Kreuzungen passieren konnte.
Als der 20jährige die Panne mit seinem Rad hatte, fuhr die Gruppe weiter. Als er dann beim Hinterherfahren von einem Feldweg über eine Straße fahren wollte, wurde er von einem Auto erfasst und so schwer verletzt, dass er bis heute im Koma liegt.

Es stellte sich nun die Frage, ob der Verein Sicherungsmaßnahmen für den Nachzügler hätte treffen müssen.
Dies lehnte das Gericht nun ab: Der Nachzügler hätte nicht erwarten können, dass der Verein Sicherheitsmaßnahmen für ihn auf der weiteren Strecke trifft, so lange er alleine hinterher fährt.

Unsere Meinung

Der Verein ist grundsätzlich für die Gruppe verkehrssicherungspflichtig.
In dem Fall stellte sich aber die Frage, ob dies auch für denjenigen gilt, der die Gruppe verlassen hat.

Bei Verkehrssicherungspflichten muss aber nicht nur der Verkehrssicherungspflichtige “arbeiten”: Auch der Betroffene bzw. hier der Teilnehmer muss etwas tun: Das Gericht prüft nämlich auch, ob ein durchschnittlicher Teilnehmer überhaupt erwarten durfte, dass der Veranstalter Sicherheitsmaßnahmen treffen würde. Wenn der Durchschnitt diese nicht erwartet, muss man selbst für seine Sicherheit sorgen.
So war das hier: Das Gericht ging davon aus, dass der durchschnittliche Teilnehmer (der Verletzte war damals immerhin 20 Jahre alt) nicht damit rechnen durfte, dass der Verein für ihn als Nachzügler besondere Sicherheitsmaßnahmen beim Überqueren einer Straße treffen würde. Daher war er an dem Unfall auch alleine schuld (ggf. noch der Autofahrer), nicht aber der Verein.
Das wäre anders, wenn der Teilnehmer minderjährig gewesen wäre: Je jünger der Teilnehmer, desto mehr muss sich der Veranstalter um ihn kümmern, weil ein bspw. 10jähriger Teilnehmer durchaus erwarten darf, dass man auf ihn aufpasst.
Das wäre auch anders, wenn es sich nicht um eine Radtour, sondern um eine Bergtour handeln würde: Hier dürfte der Veranstalter mit der Gruppe nicht einfach weiterziehen, wenn ein Teilnehmer zurückbleibt und er aufgrund der widrigeren Bedingungen im Gebirge gefährdet wäre.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)