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Ab wann ist klein zu klein?

Timo Schutt | 23.04.2014
Man kennt das: Ohne Brille können viele Menschen vieles nicht mehr lesen, weil es zu klein geschrieben ist. Für die Werbeindustrie und Unternehmen, die ihren gesetzlichen Informationspflichten nachkommen wollen, kann das ein Problem werden: Wenn etwas zu klein geschrieben ist, gilt es als nicht vorhanden. Ist aber die Angabe einer bestimmten Information gesetzlich vorgeschrieben, kann es eine teure Abmahnung geben, wenn die Information zu klein geschrieben wurde.

Dabei will man viele Informationen, die gesetzlich erforderlich sind, aber gar nicht so groß schreiben, weil sie sonst das schöne Bild der Anzeige oder der Webseite o.Ä. zerstören.

Der Bundesgerichtshof hatte sich nun mit einer 2-Millimeter-Schriftgröße zu beschäftigen, und zwar bei der so genannten Grundpreisangabe: Im Supermarkt muss der Verkäufer „deutlich lesbar“ einen Grundpreis angeben, was bspw. das Kilo oder 100 Gramm kosten.

In dem Fall war der Grundpreis aber nur 2 Millimeter groß angegeben. Für die BGH-Richter kein Problem, da in dem konkreten Fall zwar die Schriftgröße recht klein war, dafür aber das Druckbild und die Gliederung sehr ordentlich, die Farbgestaltung und Anordnung von Worten und Zahlen klar und deutlich waren. Aus einer Entfernung von 50 cm war die Grundpreisangabe ohne weitere Mühe lesbar – damit war die Schriftgröße ausreichend, da sich der Käufer typischerweise direkt vor dem Regal befinden würde und so das Schild auch unschwer lesen könne und er sich darüber hinaus notfalls auch noch weiter dem Schild zumutbar annähern könne.

Das bedeutet nun aber nicht, dass überall und jede Schrift mit nur 2 mm ausreichend sei; dies hat der BGH in weiser Voraussicht gleich betont: In dem entschiedenen Fall hat es neben der Schriftgröße noch genug andere Aspekte gegeben, die die ausreichende Lesbarkeit gewährleistet hatten. Außerdem: Letztlich geht es nur um wenige Zahlen; das heißt: AGB oder längere Texte sollten nicht so klein geschrieben werden, da das Lesen längerer Texte mit kleiner Schriftgröße sonst unzumutbar werden könnte. Bereits 1984 hatte der BGH entschieden, dass längere Hinweistexte (damals ging es um Angaben bei einer Heilmittelwerbung) mindestens 6 Punkte groß sein müssten, um noch lesbar zu sein.

Wie so oft: Es kommt auf den Einzelfall an, u.a. wie weit die Zielgruppe von dem Dokument entfernt steht. Auf einem Plakat, das am Straßenrand aufgehängt wird und das Autofahrer auf sich aufmerksam machen soll, muss die Schriftgröße also deutlich größer sein als bspw. auf einem Flyer.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)