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Die schönsten Wanderwege der Wanderhure sind Kunst

Timo Schutt | 17.10.2014
Ein Verlag bringt ein Buch heraus mit dem schönen Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“. Es geht darin wohl tatsächlich um Wanderwege, wer hätte es gedacht.

Das fand aber ein anderer Verlag nicht so lustig. Dieser wiederum hat die Rechte an der Buchreihe der „Wanderhure“, die ja auch sehr erfolgreich in Filmform zu sehen war.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat jetzt entschieden, dass der Wanderführer so heißen darf. Zwar seien die Titel der von der Antragstellerin verlegten Bücher der „Wanderhuren-Reihe“ im Sinne des Markengesetzes „bekannt“ und würden daher den erweiterten Schutz dieser Vorschrift genießen. Auch sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin diese Bekanntheit für ihre Zwecke ausnutzen wolle. Dies erfolge jedoch nicht in rechtwidriger Weise.

Denn der Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ schaffe in seiner satirisch-ironischen Formulierung eine Kombination des heutigen Vergnügens an „schönen Wanderwegen“ mit einer mittelalterlichen „Wanderhure“. Der Titel sei daher bereits selbst „Kunst“ und genieße den Schutz der im Grundgesetz geschützten Kunstfreiheit. Der Titel stehe zudem in einem engen Bezug zu dem ersten Beitrag des Buches, der sich kritisch mit der wirtschaftlichen Verwertung von Bestsellern auseinandersetze und hierzu auch das Beispiel der Wanderhuren-Romane aufgreife.

Der grundgesetzlich geschützten Kunstfreiheit stehe zwar das Grundrecht der Antragstellerin auf Schutz ihres Eigentums gegenüber. Die Abwägung beider Grundrechte falle hier aber zugunsten der Kunstfreiheit aus. Die Antragstellerin müsse sich einer Kritik stellen, die durch die Verwendung des Beispiels der „Wanderhure“ in besonderer Form Aufmerksamkeit finde

(OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.08.2014 - I-20 U 63/14)

Unsere Meinung

Was ist Kunst? An dieser Frage scheiden sich seit jeher die Geister. Aber die Gerichte müssen das zuweilen entscheiden. Hier hat das Gericht die satirische Anspielung als Kunst „durchgehen lassen“. Ein anderes Gericht hätte denselben Sachverhalt mit genauso guten Argumenten anders bewerten können und ein rechtswidriges Ausnutzen der bekannten Buchreihe bejahen können.

Vor Gericht und auf hoher See…

Hätte ich einem Mandanten vorab eine Empfehlung aussprechen müssen, dann hätte ich die Chancen – nicht ganz ohne Grund – mit 50:50 bewertet. Eine Empfehlung mit der ein Mandant zugegeben wenig anfangen kann. Aber auch der Berater stößt bei solchen Sachverhalten manchmal an Grenzen.

Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht