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Veranstaltung im Blindflug

Timo Schutt | 19.11.2014
Immer wieder erlebe ich es in Seminaren oder bei Mandatsanfragen oder höre es von Dienstleistern, dass viele Veranstaltungen quasi im Blindflug durchgeführt werden: Erforderliche Maßnahmen werden nicht getroffen, weil sie teuer sind. Etwaige Bedenken werden mit dem Vorwurf weggewischt, dass sonst die Veranstaltung „sterben“ würde, wenn man sich an alle Regeln halten müsse.

Nun, lieber stirbt doch eine regelwidrig durchgeführte Veranstaltung als ein Besucher, der darauf vertraut hat, dass der Veranstalter ordnungsgemäß arbeitet?!

Genau dafür gibt es ja Vorschriften und Regeln: Um die „Spreu vom Weizen“ zu trennen, um nicht-akzeptables Verhalten zu verhindern, durch das Dritte geschädigt werden könnten. Solange eine Vorschrift existiert, muss man sich auch an sie halten. Wem das nicht gefällt, der soll sich zum Bundeskanzler wählen lassen und kann dann die Vorschrift abschaffen.

Vorschriften und Regeln dienen dazu, dem Bürger einen Leitfaden an die Hand zu geben: Wenn du dich an die Vorschriften hältst, sollte es nicht gefährlich sein. Eine Veranstaltung, die nur um ihrer selbst Willen durchgeführt wird oder weil der Veranstalter nicht willens oder in der Lage ist, die Vorschriften einzuhalten, darf auch nicht durchgeführt werden. Ich staune immer wieder, wieviel Energie und Geld in Künstler, Programmvielfalt, Kreativität und Organisation gesteckt wird. Für bspw. vertragsrechtliche oder sicherheitsrelevante Investments ist dann oftmals aber nichts mehr übrig bzw. der Verantwortlich sieht darin keinen Sinn – man „sieht“ ja einer Veranstaltung schließlich nicht unbedingt und nicht unmittelbar an, ob sie regelkonform organisiert ist. Der Kunde und Gast sehen aber den tollen Luftballon und bewundern die schicke Tischdecke.

Nirgendwo gibt es ein Gesetz, in dem es heißt, dass jede Veranstaltung unbedingt stattfinden muss. Was würde derselbe Veranstalter, der im Blindflug seine Veranstaltung durchführt, wohl sagen, wenn sein Nachbar ein Atomkraftwerk betreibt, nur weil der Nachbar zufällig Atomphysiker ist und Spaß daran hat?

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)