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Haftung bei offenem WLAN - Vorlage an EuGH

Timo Schutt | 03.12.2014
Wann haftet der Betreiber eines WLAN für über seinen Anschluss begangene Taten? Muss er das WLAN verschlüsseln, um sich aus der Haftung zu befreien? Wenn ja, welche Sicherheitsstandards muss er einhalten, damit er nicht haftet?

Es geht um die berühmt gewordene Störerhaftung für private Internetanschlussinhaber. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zwar das eine oder anderen Mal Einzelfälle zur Haftung entschieden, jedoch sind die Maßstäbe unklar.

Sicher dürfte jedenfalls sein, dass ein gänzlich offenes WLAN zur Störerhaftung führt, da der Betreiber des Anschlusses zumindest – so der BGH – die marktüblichen Sicherungen zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Routers vornehmen muss, also bspw. den zu diesem Zeitpunkt üblichen Verschlüsselungsstandard wählen muss.

Mit Beschluss vom 18.09.2014 hat jetzt das Landgericht (LG) München I ein bei ihm anhängiges Gerichtsverfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Haftung beim Betrieb eines offenen WLAN-Netzes zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Das Landgericht sieht den WLAN-Betreiber im Rahmen der technischen Möglichkeiten grundsätzlich zur Verwendung von Sicherungsmaßnahmen verpflichtet. Betreibt er das WLAN-Netz dennoch offen und ungesichert, würde das Gericht eine Störerhaftung des WLAN-Betreibers annehmen. Hieraus würde nach Ansicht des LG auch zwingend die Verpflichtung folgen, den ungesicherten WLAN-Betrieb zu unterlassen. Um eine Kollision mit dem Telemediengesetz und mit der dahinter stehenden E-Commerce-Richtlinie der EU zu vermeiden, die jeweils mit dieser Auffassung nicht vereinbare Haftungsprivilegierungen für Zugangsvermittler zum Internet (Access-Provider) vorsehen, stellt das Gericht daher die Vorlagefrage, ob diese Haftungserleichterungen bei unentgeltlichen Dienstleistungen einschlägig sind oder ob nur entgeltliche auf einen Geschäftsbetrieb ausgerichtete Provider diese Haftungserleichterungen in Anspruch nehmen dürfen.

Des Weiteren hat das Landgericht dem EuGH die Frage vorgelegt, ob im Bereitstellen eines unverschlüsselten WLAN-Netzes ein Anbieten eines Dienstes im Sinne der E-Commerce-Richtlinie der EU zu sehen ist. Ferner möchte das LG vom EuGH wissen, ob dem Wortlaut der Haftungsbeschränkung für Access-Provider („nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich“) zu entnehmen ist, dass Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche sowie Ansprüche auf Zahlung von Abmahn- und Gerichtskosten des durch die jeweilige Rechtsverletzung Betroffenen gegenüber dem Zugangsvermittler grundsätzlich oder jedenfalls im Hinblick auf eine erste begangene Rechtsverletzung ausgeschlossen sind. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BGH Ansprüche auf Unterlassung nicht von den Haftungserleichterungen für Provider im TMG erfasst werden.

Unsere Meinung

Damit wird mehr oder weniger das gesamte Konstrukt der Störerhaftung für WLAN-Betreiber unter die Prüfung des Europäischen Gerichtshofs gestellt. Er wird sich damit befassen müssen und – so ist zu hoffen – klare Vorgaben machen, in welchen Fällen der Betreiber eines (privaten) WLAN haften muss und wann nicht.

Es ist daher sehr zu begrüßen, dass das Landgericht die Vorlagefrage gestellt hat. Schließlich wird die EuGH-Entscheidung die nötige Rechtssicherheit bringen, die den Betreibern von WLAN-Netzen in Deutschland zurzeit fehlt.

Wann mit einer Entscheidung des EuGH zu rechnen ist, steht allerdings in den Sternen. Wir werden aber sicherlich sofort berichten, wenn die Entscheidung veröffentlich wird.

Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht