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Bewertungsportal haftet nicht für unwahre Postings

Timo Schutt | 23.03.2015
Der Betreiber eines Hotelbewertungsportals haftet nicht auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen eines Nutzers auf seinem Portal. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Geklagt hatte die Inhaberin eines Hotels, in dem laut einer in dem Portal erschienenen Bewertung Bettwanzen gewesen sein sollen. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Unterlassung der unwahren Tatsachenbehauptung.

Nutzer können im Portal der Beklagten Hotels auf einer Skala zwischen eins und sechs bewerten. Hieraus berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte und eine Weiterempfehlungsrate. Bevor die Beklagte Nutzerbewertungen in ihr Portal aufnimmt, durchlaufen diese eine Wortfiltersoftware, die unter anderem Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und dann gegebenenfalls manuell freigegeben.

Die Klägerin mahnte den Betreiber des Portals ab, der daraufhin die Bewertung vom Portal entfernte, jedoch die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgab.

Der BGH hat entschieden, dass die beanstandete Bewertung keine eigene Behauptung des Portalbetreibers ist, weil er sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht habe.

Das Bewertungsportal habe die Behauptung auch nicht verbreitet. Die Haftung eines Diensteanbieters ist nach dem Telemediengesetz (TMG) nämlich eingeschränkt. Der Betreiber eines Bewertungsportals haftet demnach nur dann für eine unwahre Tatsachenbehauptung eines seiner Nutzer, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dazu zählten die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Das Bewertungsportal habe hier keine solche spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen sei nicht zumutbar.

Eine Haftung auf Unterlassung bestehe, so der BGH, in einem solchen Fall erst dann, wenn der Betreiber des Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlange und sie gleichwohl nicht beseitige. Dieser Pflicht habe der Betreiber des Bewertungsportals hier genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten verletzt.

Ebenso wenig bestünden Anhaltspunkte dafür, dass das Bewertungsportal ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibe, das besondere Prüfungspflichten auslöse.

(BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 – Hotelbewertungsportal)

Unsere Meinung

Haftung für fremden Inhalt im Internet. Ein nach wie vor beliebtes und leidiges Thema. Hier hat der BGH seiner Rechtsprechung konsequent folgend entschieden, dass der Betreiber des Portals alles ihm zumutbare unternommen hat, um solche Vorfälle zu verhindern. Daher haftet er im Ergebnis auch nicht.

Zum einen sind solche Content-Provider haftungsmäßig privilegiert. Zum anderen handelt es sich bei einem solchen Bewertungsportal grundsätzlich um eine rechtlich neutrale, ja sogar um eine nützliche, die Verbraucher informierende, Einrichtung, so dass auch keine gesteigerten Prüfpflichten zu verlangen sind. Letzteres hatte der BGH beispielsweise für das Geschäftsmodell eines Filehosters entschieden, bei dem überwiegend rechtswidrige Dateien gespeichert wurden oder bei Plattformbetreibern, die auch noch selbst werbend Rechtsverletzungen auf ihrer Seite unterstützen.

Es bleibt also dabei: Liegt kein „sich zu eigen machen“ fremden Inhalts vor haftet man als Webseitenbetreiber für fremden Content „nur“ auf Unterlassen. Wird also ein rechtswidriger fremder Inhalt nach Kenntnis davon in angemessener Zeit entfernt hat, man als Betreiber alles Erforderliche getan und kann nicht zu weiteren Ansprüchen herangezogen werden.

Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht