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Viel Geld bedeutet viel Verantwortung

Timo Schutt | 24.06.2015
In unserer Beratungspraxis erleben wir recht häufig, dass weder Mandanten noch die Gegenseite genau weiß, wer welche vertragliche Pflichten zu erfüllen hat: Viele sind schon damit überfordert, gesichert sagen zu können, ob sie einen Vertrag geschlossen haben – was dann aber die sich hieraus ergebenden Pflichten sind, wissen dann auch viele nicht.

Wenn es gut läuft, haben die Vertragsparteien die Hauptpflichten in den Vertrag geschrieben. Wenn es in seltenen Fällen super läuft, finden sich auch sog. Nebenpflichten im Vertrag: Man hat also vorher darüber gesprochen, wer was tun soll.

Oft aber fehlen Details zu den vertraglich geschuldeten Pflichten.

Was tun?
Fehlen vertragliche Absprachen, greifen die gesetzlichen Regelungen. Und: Aus jedem Vertrag ergeben sich Nebenpflichten, die man nicht formulieren muss, damit sie gelten: z.B. Fürsorgepflichten, Loyalitätspflichten oder Aufklärungspflichten.

Juristen sprechen nun von „Auslegung“, d.h. die vertraglichen Vereinbarungen werden ausgelegt: Es wird geprüft, was vernünftige Vertragspartner wohl vereinbart hätten, wenn sie gewusst hätten, dass ihr Vertrag nicht ganz vollständig ist bzw. worauf der jeweils andere Vertragspartner hatte vertrauen dürfen.

Ein Beispiel:
Ein Fachberater und ein Veranstalter schließen einen Vertrag, der Berater soll den Veranstalter beraten. Wie genau die Beratung ablaufen soll, haben die beiden aber nicht vereinbart. Nun ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen, dass der Berater verpflichtet ist, seinen Kunden über für ihn erkennbar relevante Risiken aufzuklären – daher geht er ja auch zum Berater. Es wird aber nicht ausreichen, wenn der Berater nur sagt „Achtung“, er muss im Einzelfall auch auf mögliche Konsequenzen hinweisen.

Je mehr Geld, desto mehr Pflichten
Wie weit solche Pflichten, die die Vertragspartner nicht vereinbart haben, gehen, ist oft schwierig zu beurteilen. Ein Maßstab kann sein: Die Vergütung bzw. das Honorar. Je mehr der Berater verdient, desto umfangreicher wird seine Aufklärungspflicht sein. Je weniger er verdient, desto weniger darf der Auftraggeber darauf vertrauen, über alle Details aufgeklärt zu werden.

Wer sich gut bzw. gar überdurchschnittlich bezahlen lässt, muss auch “gute” bzw. “überdurchschnittliche” Leistungen erbringen. Zahlt der Auftraggeber einen ordentlichen Preis, dann darf er auch erwarten, dass sein Auftragnehmer entsprechend leistet – und zwar auch solche Dinge, die nicht ausdrücklich im Vertrag geregelt sind.

Anders ausgedrückt: Der Umfang der Haftung ergibt sich auch aus der vereinbarten Vergütung.

Vorsicht vor dem Preiskampf
Das bedeutet aber nicht, dass der potentielle Auftragnehmer einfach nur weniger Geld verlangen müsse, um erheblich weniger haften zu müssen. Er muss ggf. vor Vertragsschluss den Kunden darüber aufklären, dass mit dem “bisschen Geld” keine umfassende Beratung zu erwarten sei. Erst dann, wenn der Kunde weiß, zu welchem Preis er welche Beratungsleistung bekommen kann und selbst wünschst, nur den geringstmöglichen Preis zahlen zu müssen, reduziert sich auch für den Berater die Beratungspflicht. Also: Aufklären, aufklären, aufklären…!

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)