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Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit des „Framing“

Timo Schutt | 10.07.2015
Der Bundesgerichtshof hat am 09.07.2015 entschieden, dass der Betreiber einer Internetseite keine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf einer anderen Internetseite mit Zustimmung des Rechtsinhabers für alle Internetnutzer zugänglich sind, im Wege des „Framing“ in seine eigene Internetseite einbindet.

Framing ist damit grundsätzlich zulässig.

Aber Vorsicht. Es gibt zwei wichtige Ausnahmen:

• Unzulässig ist das Framing dann, wenn der Inhalt ohne Zustimmung des Rechteinhabers im Internet zugänglich ist und
• unzulässig ist das Framing dann, wenn durch das Framing der Inhalt einem „neuen Publikum“ eröffnet wird, was aber nur dann relevant wird, wenn der ursprüngliche Inhalt sich auf einer beschränkt zugänglichen Seite befindet, beispielsweise hinter einer Paywall, in einem Mitgliederbereich o.ä.

Um was ging es in dem Fall?

Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel „Die Realität“ herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war – nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung – auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar.

Die beiden Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video im Wege des „Framing“ abzurufen. Bei einem Klick auf einen Link wurde der Film vom Server der Videoplattform "YouTube" abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen („Frame“) abgespielt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das Video damit unberechtigt öffentlich zugänglich gemacht. Sie hat die Beklagten daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.

Wir wurde entschieden und warum?

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von je 1.000 € an die Klägerin verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses habe, so der BGH, mit Recht angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des „Framing“ kein öffentliches Zugänglichmachen darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf das im vorliegenden Rechtsstreit eingereichte Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs ausgeführt, es liege keine öffentliche Wiedergabe vor, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt würden, die auf einer anderen Internetseite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich seien. Das gelte auch dann, wenn das Werk bei Anklicken des bereitgestellten Links in einer Art und Weise erscheine, die den Eindruck vermittele, dass es auf der Seite erscheine, auf der sich dieser Link befinde, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Seite entstamme.

Den Ausführungen des EuGH ist nach Ansicht des BGH allerdings zu entnehmen, dass in solchen Fällen eine öffentliche Wiedergabe erfolgt, wenn keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt. Danach hätten die Beklagten das Urheberrecht am Film verletzt, wenn dieser ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei „YouTube“ eingestellt war. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Der BGH hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

Quelle: Pressemeldung des BGH

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Juli 2015, Aktenzeichen I ZR 46/12 - Die Realität II)

Unsere Meinung

Es kann jetzt also getrost der Grundsatz gelten: Framing ist erlaubt.

Aber dieser Grundsatz wird ganz schnell zum falschen Freund, wenn nicht dazu gesagt wird, dass der betreffende Inhalt ursprünglich mit Zustimmung des Rechteinhabers ins Netz gestellt worden sein muss. Und das wiederum ist gefährlich, denn in vielen Fällen wird dies gar nicht oder zumindest nicht ohne entsprechenden Aufwand herauszubekommen sein.

Am besten beschränkt man sich also darauf, Inhalte zu framen, die auch auf der Webseite des Rechteinhabers zu finden sind, die auf dem YouTube-Kanal des Rechteinhabers angeboten werden oder die sonst wie den zweifelsfreien Schluss zulassen, dass die Zustimmung des Rechteinhabers vorliegt. Oder: Sie fragen einfach uns und wir klären das für Sie.

Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht