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Freiheitsliebender Bierdosen-Flashmob darf auf Privatgrund stattfinden

Timo Schutt | 23.07.2015
Das Bundesverfassungsgericht erklärte ein Hausverbot eines Privateigentümers gegenüber einem Flashmob-Veranstalters für unwirksam: “Eigentum verpflichtet”.

Die Veranstaltung sollte unter dem Motto „Bierdosen-Flashmob für die Freiheit“ im Rahmen von 15 Minuten stattfinden. Der Veranstalter will damit gegen die zunehmende Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols sowie die zunehmende Beschränkung von Freiheitsrechten demonstrieren. Auf das Kommando „Für die Freiheit – trinkt AUS!“ sollen alle Demonstranten eine Dose Bier öffnen und diese dann auf Ex austrinken. Im Anschluss ist eine Ansprache durch den Veranstalter und eine Diskussion geplant.

Stattfinden sollte diese Versammlung auf einem für den Publikumsverkehr geöffneten zentralen Platz in Passau (Bayern). Der Platz steht aber im Eigentum eines privaten Unternehmens, das dem Veranstalter ein Hausverbot erteilte: Man wollte den Flashmob nicht auf seinem Gelände dulden. Amts- und Landgericht wiesen die Anträge des Veranstalters gegen das Hausverbot noch ab.

Das muss das Unternehmen nun aber doch: Das Bundesverfassungsgericht erklärte das Hausverbot für unwirksam: Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die grundrechtlich garantierte Versammlungsfreiheit auch dort gelte, wo durch einen privaten Eigentümer „bereits ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet“ wurde.

Der private Eigentümer sei zwar nicht wie die staatliche Gewalt unmittelbar an Grundrechte gebunden; dennoch entfalten die Grundrechte aber als objektive Prinzipien rechtliche Wirkung: Je nach Fallgestaltung kann eine Abwägung dazu führen, dass die „mittelbare Drittwirkung“ der Grundrechtsbindung des Staates nahe kommen würde, so das Gericht. Dies kann bspw. dann gelten, wenn der private Eigentümer in Funktionen eintritt, die früher allein dem Staat zugewiesen waren.

Im konkreten Fall wertete das Gericht die Beeinträchtigung des privaten Eigentümers als geringfügig, den Veranstalter hingegen würde ein Hausverbot erheblich treffen, weshalb das Gericht das Hausverbot auch aufgehoben hatte.

Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezog sich ausdrücklich auf eine Versammlung, also eine Veranstaltung zum Zwecke der Meinungskundgabe; ein Konzertveranstalter hat noch lange keinen Anspruch gegen einen Privateigentümer auf Überlassung seines Grundstücks auch dann, wenn das Grundstück ansonsten öffentlich frei zugänglich ist.

Ob die Meinungskundgabe, also der Zweck der Veranstaltung, „sinnvoll“ ist oder nicht, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle: Jedermann kann nahezu jede Meinung vertreten und hierfür demonstrieren – dies gewährleistet die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit (Art. 8 Grundgesetz). Zum Schutz der Öffentlichkeit kann die Versammlungsfreiheit aber eingeschränkt werden, und zwar konkret durch das Versammlungsgesetz.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)