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Sie nehmen auf eigenes Risiko teil! Ist das so?

Timo Schutt | 04.11.2015
Bei Sportveranstaltungen, Incentives und allgemein bei Veranstaltungen, bei denen der Teilnehmer etwas (vermeintlich) gefährliches tun soll, will der Veranstalter logischerweise möglichst wenig haftbar gemacht werden können.

So lassen sich viele Veranstalter vom Teilnehmer schriftlich bestätigen: “Ich nehme auf eigenes Risiko teil” – und meinen, nun seien sie auf der sicheren Seite. Ist das tatsächlich so?

Nutzloser geht es selten

Das Problem: In den meisten Fällen hilft dieser Satz nichts. Denn:

Ein Teilnehmer/Besucher trägt immer ein gewisses Restrisiko bzw. sein allgemeines Lebensrisiko. Das muss sich der Veranstalter auch nicht bestätigen lassen.

Bis diese Grenze aber erreicht ist, darf er grundsätzlich davon ausgehen, dass der Veranstalter seinerseits das Notwendige und Zumutbare getan hat, um einen Schaden zu verhindern. Derlei Verantwortung kann ein Veranstalter nicht, jedenfalls nicht in wohl 99% aller Fallkonstellationen, auf den Teilnehmer/Besucher abwälzen.

Aufklärung und richtige Hinweise

Der Veranstalter kann aber seine Pflicht zu Sicherheitsmaßnahmen dadurch etwas lenken, indem er den Teilnehmer umso umfassender aufklärt und Sicherheitshinweise erteilt (wobei derlei Maßnahmen, also Aufklärung und Hinweise erteilen, ja auch schon Sicherheitsmaßnahmen sind). Dabei muss der Veranstalter aber folgendes bedenken:

• Der Veranstalter sollte grundsätzlich einerseits das richtige Verhalten anmahnen, andererseits aber auch auf Risiken von falschem Verhalten hinweisen – soweit der Teilnehmer nicht selbst erkennen kann, welche Folgen sein falsches Verhalten haben kann.
o Beispiel 1: Eine Teilnehmerin eines Kart-Rennens hatte sich mit ihrem Schal, der sich an einem Reifen verfangen hatte, fast erwürgt. In einem Schadenersatzprozess wurde der Veranstalter des Kart-Rennens verurteilt: Er hatte auf einem Piktogramm nämlich nur darauf hingewiesen, dass man eng anliegende Kleidung tragen solle. Nach Auffassung des Gerichts aber fehlte dann auch zugleich der Hinweis, dass man bspw. einen Schal nicht tragen dürfe – denn dann könne sich die Kleidung verheddern.
o Beispiel 2: Der Betreiber einer Rutsche hatte auf einem Piktogramm dargestellt, dass man sitzend rutschen solle. Ein Besucher rutschte aber mit dem Kopf voran herunter und verletzte sich prompt. Das Gericht verurteilte den Betreiber der Rutsche: Er hätte nicht nur darstellen müssen, wie man rutschen soll, sondern auch, wie man keinesfalls rutschen dürfe.
• Je nach Publikum bzw. Zielgruppe muss der Veranstalter mehr oder weniger intensiv und ausführlich aufklären: Je unerfahrener das Publikum, desto mehr muss aufgeklärt und informiert werden. Ggf. kann es auch sein, dass der Veranstalter bei unerfahrenem Publikum bzw. unerfahrenen Teilnehmern nicht nur aufklären, sondern das richtige Verhalten dann auch kontrollieren muss.
• Der Veranstalter muss nachweisen können, dass und wie er aufgeklärt hat, bspw. durch Dokumentation, Unterschrift des Aufgeklärten oder mithilfe von Zeugen. Dabei muss er darauf achten, dass er nachweisen kann, dass tatsächlich jeder (also auch der später Geschädigte) die Aufklärung mitbekommen hat. Ggf. muss er die Aufklärung auch in fremder Sprache vornehmen, um sicherzustellen, dass auch ein Fremdsprachiger die Aufklärung verstanden hat.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)