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Pferdegestützes Training: Führen lernen

Wie Pferde uns den Weg zu einer wirkungsvollen Kommunikation und Führungskultur zeigen.
Monika Windisch | 28.06.2013
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Wer einmal an einer Führungsaufgabe gescheitert ist, weiß, dass theoretisches Wissen im Umgang mit anderen Menschen zwar eine wertvolle Basis, im Alltag aber meist nur bedingt einsetzbar ist. Auch die oft gut gemeinten persönlichen Tipps (oder RatSCHLÄGE) aufgrund eigener Erfahrungswerte lassen sich nicht automatisch auf jeden Menschen übertragen – auch wenn die Situation noch so ähnlich ist. Zum Führen legitimieren einzig und allein die persönliche Glaubwürdigkeit und ein authentisches Auftreten. Pferdegestütze Führungskräftetrainings zeigen diesen Weg vom eigenen Selbstvertrauen und Zielbewusstsein hin zu Respekt und Vertrauen im Führungsumfeld auf eine beeindruckende Art und Weise.

Allgemeine Führungsmethoden sind hilfreich und hinderlich zugleich – versucht man dabei doch immer, Konstellationen in Mustern zu erfassen und standardisiert zu lösen. Doch wir Menschen funktionieren nun einmal nicht in Mustern. Schon gar nicht, wenn wir erfolgreich zusammenarbeiten sollen. Jeder ist einmalig, in seiner Persönlichkeit, seiner Kommunikation und der Art, wie er andere Menschen führt oder sich führen lässt.

Von der Wirkung auf andere
Die Kunst der Führung beschäftigt Menschen seit jeher – von den großen Feldherren der Antike bis zum modernen Unternehmer. Dabei ist die Wirkung auf andere ein zentraler Faktor. Tatsächlich werden wir von anderen oft anders wahrgenommen als wir annehmen oder als es unsere Absicht ist. Fatal wirkt sich dies besonders in der zwischenmenschlichen Kommunikation aus.

Führungskräfte müssen Arbeiten delegieren, Aufgaben übertragen, in unterschiedlichsten Teamzusammenstellungen Projekte steuern sowie Ziele und Visionen vermitteln. Sie müssen informieren, moderieren, motivieren (sofern und soweit das überhaupt möglich ist), Feedback geben und vermitteln. Ob diese Kommunikation im Rahmen der Führungsperformance gelingt, liegt weniger an der oft und intensiv geschulten Managementkompetenz als vielmehr an der Persönlichkeit und deren Wirkung auf andere Menschen. Nur selbstbewussten Führungspersönlichkeiten gelingt es, über ihre Ausstrahlungskraft und der daraus resultierenden Führungspräsenz, Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Aufgrund dieser natürlichen Führungslegitimation folgen Mitarbeiter der Führungskraft, weil sie ihr vertrauen. Dies stellt jedoch ganz andere Anforderungen an die Persönlichkeit, den individuellen Reifegrad und die Interaktionsfähigkeit eines Menschen als bei der Führung über Organigramme und Machtstrukturen.

Anerkannte Führungskräfte, die zur Führung legitimiert werden, handeln nach folgenden Prinzipien:
• Sie agieren aus der eigenen Mitte heraus mit einer spürbaren Klarheit.
• Sie besitzen persönliche Ausstrahlungskraft und sind vertrauenswürdig.
• Sie setzen sich für Werte ein, sind klar und berechenbar.
• Sie sind in der Lage, auf Basis einer gefestigten Persönlichkeit klar zu kommunizieren und situativ zu führen.

Pferde als Spiegel der eigenen Führungsstärke

Die Klärung der Frage „wer führt und wer folgt?“ ist für Pferde von grundlegender Bedeutung, denn in einem Herdenverbund hängt ihr Überleben – gerade auch in akuten Gefahrensituationen – von einer klaren verlässlichen Führung ab. In der Begegnung mit einem oder mehreren Menschen entsteht aus der Wahrnehmung der Pferde eine „Mini-Herde“, in der genauso geklärt werden muss, wer führt. Der pure Anspruch an Führung wird dabei von Pferden nicht mit „Folgeverhalten“ honoriert, auch wenn mit Dominanz und Druck versucht wird, diesen durchzusetzen. Sie folgen erst dann, wenn sie spüren, dass der Mensch einen Plan hat, sein Auftreten klar und stimmig ist und er im wahrsten Sinne des Wortes in Führung geht. Damit sind Pferde nicht nur ein perfekter Spiegel für die Reflektion des eigenen Führungsverhaltens, sondern gleichzeitig auch Motivator, um neue wirkungsvolle Wege zu finden.

Führungskräfte und solche die es werden wollen/sollen, sollten sich grundsätzlich mit folgenden drei Fragen auseinandersetzen:
• Gelingt es mir grundsätzlich, Vertrauen aufzubauen?
• Kommuniziere ich klar und kann ich dadurch gute Orientierung geben?
• Sind die Beziehungen zu meinen Mitarbeitern so tragfähig, dass sie auch in schwierigen Zeiten auf mich bauen und mir folgen?

Pferde sind zur Beantwortung dieser Fragen die perfekten Sparringspartner, weil sie unbeeindruckt von Rang, Wissen, Status etc. reagieren. Sie zeigen deutlich, ob sie sich einer Führung anvertrauen oder nicht. Sie helfen über ihr Feedback, eigene Handlungsweisen zu erkennen, die in einer Führungslegitimation resultieren. Und sie führen letztendlich auch zur Erkenntnis, dass die Aufrechterhaltung dieser ein permanenter Prozess ist.

Hintergrundwissen: Warum Pferde im Führungstraining?
Bukephalos war das Schlachtross Alexander des Großen und gilt als das bekannteste Pferd der Antike. Der Erzählung Plutarchs zufolge soll dieses edle Pferd seinem Vater, dem makedonischen König, Philipp II. zu einem horrenden Preis angeboten worden sein. Es war aber so wild und unbändig, dass es niemand alleine führen, geschweige denn reiten konnte. Alexander der Große schaffte es jedoch, mit Einfühlungsvermögen und Beobachtungsgabe dieses Pferd für sich zu gewinnen. Er stellte fest, dass seine Wildheit aus der Angst vor dem eigenen Schatten resultierte. Er positionierte es deshalb gegen die Sonne, sodass es seinen Schatten nicht sehen konnte und war in der Lage, sich ihm zu nähern. Die weiteren Schritte, die dazu führten, dass Bukephalos sein treuer Begleiter wurde, basierten auf Vertrauensaufbau, Respekt und klarer Kommunikation. Alexander der Große zeigte damit früh seine Führungsqualitäten. Der Hengst begleitete ihn in allen seinen Schlachten und war für ihn ständiger Spiegel und Feedbackgeber für seine Führungsqualität.

Eine vollkommen andere Art des Lernens

Allgemein gültige Erklärungen zu geben, warum Führung funktioniert oder nicht, ist nicht Ziel eines pferdegestützten Führungskräftetrainings. Es geht dabei vielmehr um das eigene Erleben. Erkennen und sich in der eigenen Führungsarbeit dieser Erkenntnisse wieder bewusst werden, ist wesentlich effektiver als ein reines „Antrainieren“. Pferde sind ehrliche, unmittelbare und unvoreingenommene Feedbackgeber und damit kostbar für Führungskräfte, die aufgrund Ihrer Rolle oft einen Mangel an ehrlichem Feedback haben. Pferde sind hier der ideale Lernpartner, da es für sie in ihrer Wahrnehmung nur die Gegenwart gibt. Fehlende Präsenz quittieren sie mit Desinteresse. Spürbare Präsenz hingegen mit Aufmerksamkeit. Eine gute Basis für wirkungsvolle Führung.

Folgt einem Menschen ein Pferd ohne Strick oder Halfter, ohne Zug oder Druck, ohne Worte oder Kommandos, ist dies ein beeindruckendes Statement zum Thema Führung. Eine solche natürliche, tiefe und ehrliche Kommunikation würde jede zwischenmenschliche Führung bereichern und letztendlich zu völlig neuen Wegen des Miteinanders in Unternehmen führen.