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Money makes the world go round…: Hochpreisig im Ladengeschäft verkaufen

Beim Anbieten und Verkaufen von hochpreisigen Produkten tun sich viele Mitarbeiter schwer, weil sie selbst nicht hinter dem Verkaufspreis stehen.
Oliver Schumacher | 13.09.2017
Im Zweifelsfall werden lieber günstigere Alternativen angeboten. Der Verkäufer rechnet so mit weniger Widerständen und fühlt sich nach dem Verkauf besser, weil er dem Kunden nicht „zu viel“ Geld aus der Tasche gezogen hat.

Vergessen wird dabei oft eine wichtige Tatsache: Viele Kunden greifen für ein entsprechend hochwertigeres Produkt gerne etwas tiefer in die Tasche. Sie wollen nicht billig und Standard, sondern originell und exklusiv. Oft vergessen Verkäufer leider auch, dass sie ihre Kunden regelrecht abwerten, wenn sie nicht versuchen, ihnen die beste – und damit möglicherweise hochpreisige – Lösung schmackhaft zu machen, sondern die günstige Alternative.

Zuerst das Angebot sich selbst verkaufen
Wer erfolgreich hochpreisig verkaufen möchte, muss selbst zu 100 Prozent hinter dem eigenen Preis stehen. „So viel Geld, da müsste ich ja drei Monate für arbeiten!“, „Oh, wie soll ich bloß so einen Preis rechtfertigen?“, „Die Chefin ist doch verrückt, ein solch teures Produkt überhaupt ins Sortiment aufzunehmen. Die soll erst einmal zusehen, dass sie selbst ein paar davon verkauft!“ Verkäufer, die so denken, machen sich das Verkaufen unnötig schwer. Verkäufer müssen ins Gelingen verliebt sein und nicht ins Misslingen. Deutlich hilfreicher sind deshalb kreative Gedanken wie „Interessanter Preis. Wie könnte ich denn so ein Produkt verkaufen?“, „Toll, endlich mal ein Produkt, dass mich verkäuferisch fordert“ oder „Na, da werde ich mal meinen Kollegen zeigen, dass ich hier die beste Verkäuferin im Betrieb bin – bis zum Wochenende habe ich sechs Stück davon verkauft!“

Nicht am Kunden üben
Verkäufer können von Profisportlern viel lernen. Sie üben und trainieren nicht nur regelmäßig, sondern sie entwickeln vor den entscheidenden Spielen oder dem großen Wettkampf auch eine Strategie, wie sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Sieg holen. Verkäufer hingegen werden leider viel zu oft ins kalte Wasser geschmissen. Da sind dann von heute auf morgen neue Produkte im Sortiment – und die gilt es zu verkaufen. Viele Verkäufer berufen sich auf ihre Erfahrung und sagen, dass sie nicht üben bräuchten – das klappt schon so. Doch Zahlen sind wie Zensuren. Und insbesondere diejenigen, die schon sehr lange dabei sind und glauben, sie könnten stets eine gute Verkaufsargumentation aus dem Ärmel schütteln, beweisen bei näherer Betrachtung leider viel zu oft, dass sie in ihrem alten Trott gefangen sind – und letztlich immer nur das Gleiche mit der gleichen Argumentation anbieten und verkaufen. Wie ein Sportler darf auch ein Verkäufer niemals träge werden. Alle, die verkaufen, müssen sich regelmäßig zusammensetzen, überlegen und trainieren, wie sie Produkte optimal inszenieren und Einwände entkräften können, um schlussendlich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Augenhöhe den Abschluss herbeizuführen.

Mitarbeiterwettbewerbe häufig kein Ausweg
So manche Führungskraft kommt auf den Gedanken, dass ein Verkaufswettbewerb entscheidend dazu beitragen könnte, neue hochpreisige Produkte zu verkaufen. Wettbewerbe wie „Wer innerhalb des Monats x Produkte verkauft hat, bekommt y“ oder „Wenn wir bis zum Datum z gemeinsam x Produkte verkauft haben, dann machen wir y“ sind üblich. Begleitet in der Praxis während des Verkaufswettbewerbs durch Aussagen oder Emails á la „Ihre Filiale steht in der Rangliste auf dem letzten Platz, wann fangen Sie denn endlich an?“ Die meisten Verkaufswettbewerbe scheitern, weil es nicht damit getan ist, diesen in der Hoffnung auszuschreiben, dass Mitarbeiter sich aus purem Eigeninteresse schon intensiv um den Verkauf bemühen. Außerdem
• stehen viel zu oft die Gewinner schon zu Beginn einer Ausschreibung fest.
• wissen viele Mitarbeiter gar nicht, wie sie überhaupt gewinnen können und steigen vorschnell mental aus.
• motiviert die Siegprämie nicht zu einer Verhaltensänderung bzw. passiert auch nichts, wenn man nicht engagiert mitmacht.
Wettbewerbe alleine führen nur selten zu einer Verkaufssteigerung. Wettbewerbe können aber zum engagierteren Verkaufen beitragen, wenn sie auf die Umsetzung des Erlernten in der Verkaufsschulung setzen – und somit für alle Teilnehmer eine reelle Chance auf den Gewinn besteht.

Kunden sind keine Nummern
Verkäufer beklagen sich im Privatleben oft, dass sie an Mitarbeiter mit Verkaufsverantwortung geraten, die ihnen das Geldausgeben schwer machen. Ob das die gelangweilte Bedienung im Restaurant, der gleichgültige Handwerker oder die monotone Dame im Call-Center ist – viele sind frustriert und enttäuscht. Es scheint so zu sein, dass Viele in der Rolle des Verkäufers so sind, wie sie es eigentlich aus der Sicht des Kunden gar nicht wollen. Kunden wollen
• Aufrichtigkeit: Die ehrliche Meinung erfahren und nicht irgendwelche Phrasen, die den Beigeschmack von „ich sage es jetzt nur, damit du endlich kaufst“ haben.
• Spaß und Freude: Menschen kaufen von Menschen. Der Alltag ist so schon für Viele sehr anstrengend. Wer als Verkäufer seine Kunden emotional berührt, macht enorm viel richtig.
• Engagement: Verkäufer müssen mitdenken, und nicht für den Kunden denken. Es sind die richtigen Fragen zu stellen und gute Tipps zu geben, damit der Kunde auch garantiert das bekommt, was er wirklich braucht.

Der Preis ist egal, wenn die Gegenleistung stimmt
Menschen sind manchmal sehr merkwürdig. Tankt beispielsweise jemand und erfährt dann ein paar Minuten später, weil er an der nächsten Tankstelle vorbeifährt, dass dort der Treibstoff zwei Cent günstiger ist, dann regen sich Viele darüber auf „Oh, hätte ich mal hier getankt. Dann hätte ich Geld gespart!“ Aber bei großen Summen setzt der Verstand häufig aus. So gibt es Viele, die sich eine gebrauchte Immobilie kaufen – ohne zuvor einen unabhängigen Gutachter einzuschalten. Denn der könnte ja schnell 1000 Euro oder mehr kosten. Dass dies aber nur ein Bruchteil der Gesamtinvestition ist, und ein möglicher unentdeckter Schaden häufig ein Vielfaches des Honorars ist, wird ausgeblendet. Kunden haben an manchen Tagen die Spendierhose an, an anderen nicht. Wer hat es noch nicht erlebt, wirklich Lust auf den Kauf guter Kleidung zu haben – dann aber an Geschäfte zu geraten, in denen es einfach nicht schön ist, weil die dortigen Mitarbeiter wenig Motivation zeigen? Über die Zeit hinweg entwickelt sich eine innere Prioritätenliste an guten Lieferanten. Man weiß – zumindest meint man das aufgrund von eigenen Erfahrungen oder Erzählungen – wo es sich lohnt hinzugehen und welche Geschäfte man nur im Notfall betritt.

Manchmal entscheidet alleine die Stimmung
Verkäufer müssen stets versuchen, eine Balance zwischen Aufdringlichkeit und angemessenem Abstand gegenüber der Kundschaft zu halten – was hier richtig ist, ist für jeden Kunden anders, aber entscheidend. Natürlich könnte mit der konkreten Frage „Wie viel Geld möchten Sie denn ausgeben?“ vielleicht herausgefunden werden, wie die Preisbereitschaft ist. Aber nicht alle Kunden haben eine preisliche Vorstellung oder wollen aus taktischen Gründen sagen, wie viel Geld sie zum Ausgeben bereit wären? Es gibt viele Menschen, die kaufen spontan etwas Hochpreisiges ein, weil es ihnen gefällt – auch wenn sie im tiefsten Herzen durchaus wissen, dass es eine Standardvariante für den halben Preis auch getan hätte. Aber man gönnt sich ja sonst nichts … und gibt dann einfach etwas mehr Geld aus – vor allem, wenn die Stimmung zwischen Verkäufer und Kunde gut ist.

Kunden kaufen immer, die Frage ist nur: bei wem? Und zu welchem Preis? Wer Lust hat, Geld auszugeben, der wird es auch tun – wenn nicht in dem einen Geschäft, dann in dem anderen. Und wenn es zwei oder drei Geschäfte nicht schaffen, mit Begeisterung passende hochpreisige Produkte zu verkaufen, dann gehen die Kunden eben ins Internet. Die wichtigste Voraussetzung für hochpreisige Verkäufe im Ladengeschäft ist also, dass die Belegschaft selbst es liebt, hochpreisig anzubieten und zu verkaufen. Money makes the world go round!