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Das Connected Home und seine rechtlichen Herausforderungen im Fokus

Das Smart Home oder Connected Living findet zunehmend Eingang in deutsche Haushalte. Wie ist datenschutzrechtlich mit der Technologie zu verfahren?
SRD Rechtsanwälte | 21.11.2017
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Das Smart Home oder Connected Living hat in den letzten Jahren zunehmend Eingang in deutsche Haushalte gefunden. Dabei handelt es sich um die technische Verbindung und Vernetzung elektronischer Geräte oder elektronisch steuerbarer Geräte mit dem Ziel, eine effizientere und erleichterte Nutzung des eigenen Heims zu ermöglichen und dabei die Lebensqualität und Sicherheit zu erhöhen. Zentrales Element ist dabei die Fernsteuerbarkeit des gesamten Systems mittels Smartphone oder Tablet. Ebenfalls zum Connected Living gehören jedoch auch technische Systeme, die nicht mehr für jeden einzelnen Gebrauch Befehle per Smartphone etc. erhalten müssen. So kann eine einmalige Voreinstellung am Kühlschrank genügen, damit dieser erkennt, sobald die Inhalte nachbestellt werden müssen.

Das selbstständig agierende Kühlschrank-System, das den Kunden in seinem Alltag unterstützt, ist eine typische Ausprägung des „Internet of Things“, welches eng verbunden ist mit dem Smart Home. Während der technische Fortschritt des Internet of Things und des Connected Living tatsächlich in der Lage ist, zu Energieersparnis, Steigerung der Lebensqualität und Sicherheit zu führen, stellt sich die Frage, welche rechtlichen Risiken für Anbieter entsprechender Systeme bestehen. So kann es bspw. zu Fehlregulierungen des Heizsystems kommen, die zu überschüssigen Ausgaben oder Schäden am Mobiliar, Lebensmitteln etc. führen. Aufgrund der Neuartigkeit der Materie besteht bisher kaum Rechtsprechung zu diesen Fragen, dennoch lassen sich erste Anhaltspunkte für den Umgang mit entsprechenden rechtlichen Risiken aus dem geltenden Recht ableiten.

Welche rechtlichen Herausforderungen birgt das Connected Living überhaupt?

Bedarf Smart Home zwingend neuer rechtlicher Regeln?
Nicht alle Fragen, die mit modernen technischen Entwicklungen einhergehen, bedürfen auch neuer rechtlicher Regeln. Viele Fragen lassen sich mit den geltenden Regelungen und einer Adaption der Rechtsprechung aus anderen Bereichen lösen.

Ist das Risiko von Fehlbestellungen nur rechtlich lösbar?
Die Frage der Fehlbestellung durch den Kühlschrank ist eine sowohl technisch- als auch rechtlich lösbare Aufgabe.

Zum einen können sog. Tokens in die Software des Smart Homes installiert werden, dadurch wird dem System etwa eine Höchstgrenze für Bestellmengen oder eine maximale Ausgabensumme vorgegeben, die es nicht überschreiten kann. Aus datenschutzrechtlicher Sicht interessant ist zudem, dass durch entsprechende Token auch der Zugriff auf vorher festgelegte Daten wie Bankdaten, Käuferinteressen etc. von Kunden ausgeschlossen werden kann. Durch diese Token können somit gravierende Bestellmengenüberschreitungen vermieden werden. Dennoch bleibt die Frage, wie zu verfahren ist, wenn es zu einer geringen Bestellmengenüberschreitung kommt (10 statt 1 Ei). An dieser Stelle fehlen explizite rechtliche Regelungen, sodass auf die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches zurückgegriffen werden kann.

Im Verhältnis des Käufers gegenüber dem Verkäufer kommt eine Irrtumsanfechtung nach den Regeln der §§ 119ff. BGB in Betracht. Die Situation ähnelt am ehesten derjenigen des Erklärungsirrtums (§ 119 Abs.1, 2. Alt.), bei dem sich der Käufer (etwa im direkten Gespräch) gegenüber dem Verkäufer bspw. verspricht. Dennoch kann es trotz oder gerade wegen der Irrtumsanfechtung für den Anfechtenden zu Schadensersatzpflichten gegenüber dem Anfechtungsgegner kommen (§ 122 BGB). Für den hierdurch entstehenden Schaden muss der Anfechtende, Regress also Rückgriff beim Verkäufer des Smart-Home-Systems nehmen können, da es der Fehler des von diesem gelieferten Systems war, der zur Fehlbestellung führte. Dieser Rückgriff ist am ehesten über die Regelungen zur Kaufmangelgewährleistung (§§437ff. BGB) abzuwickeln. Diese Regelungen sind anzupassen, sollte es sich nicht um einen Verkäufer des Smart Home Systems handeln, sondern um verschiedene Verkäufer. Ebenso gut denkbar ist es, dass der Weg ins Kaufgewährleistungsrecht über den Werklieferungsvertrag erfolgt (§ 651 BGB) oder über die Produkthaftung.

Unternehmen, die Smart-Home-Systeme verkaufen, müssen sich dabei in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in zwei Richtungen absichern. Zum einen müssen sie gegenüber dem Kunden als Endverbraucher die im Rahmen der §§307ff. BGB möglichen Haftungsausschlüsse festlegen. Zugleich sollten sich Unternehmen in ihren AGB aber auch zwingend gegenüber den eigenen Lieferanten absichern, um nicht für deren eventuelles Fehlverhalten allein haften zu müssen. Eine Möglichkeit beim eigenen Lieferanten Regress zu nehmen, besteht zwar auch im Rahmen der allgemeinen gesetzlichen Regelungen, sollte aber aufgrund der zu erwartenden AGB der Lieferanten abgesichert werden.

Entsprechend dem Unternehmensziel, das Einkaufen für Kunden „einfacher“ zu gestalten, geht beispielsweise Amazon einen viel einfacheren technischen Weg, um Fehlbestellungen von Alltagsgegenständen zu vermeiden. Ende August 2016 wurden in Deutschland die sog. „Amazon-Dash-Buttons“ eingeführt. Bei diesen handelt es sich um kleine Vorrichtungen, die wie ein elektronischer Key eines Autos aussehen und in etwa die selbe Größe haben. Auf der Vorderseite befindet sich ein kleiner Knopf, auf dem das Logo eines bestimmten Produktes abgebildet ist (z.B. Waschmittel). Ziel ist es, dass der Button im Haushalt an dem Ort angeklebt wird, an dem normalerweise das Waschmittel lagert. Neigt sich dieses dem Ende zu, genügt ein Knopfdruck und das Produkt wird am nächsten Tag von Amazon geliefert. Das Risiko von Fehlbestellungen wird dadurch nahezu ausgeschlossen, dass zum einen pro Button nur ein einziges Produkt bestellt werden kann und zum anderen nur die Bestellung in der Mengengröße „1“ möglich ist. Erst, wenn eine Bestellung geliefert und zugestellt wurde, ist eine weitere Bestellung möglich. Eine Anpassung dieser Technik auf den „intelligenten Kühlschrank“ scheint jedenfalls nicht ausgeschlossen zu sein. Allgemeine Geschäftsbedingungen für Anbieter entsprechender „Kühlschrank-Button“ bedürften dann einer Anpassung. Zu komplizierten konkurrierenden AGB von Verkäufer und Lieferant würde es dann überaus selten kommen.

Smart Home: Achtung Datenschutz?!

Abschließend bleibt noch die Frage zu klären, wie datenschutzrechtlich mit Smart-Home-Systemen zu verfahren ist. Durch die neue Danteschutzgrundverordnung wird die Nutzung von Daten v.a. auf das System von Widerspruch und Einwilligung (s. z.B. Art. 4 DSGVO) gestützt. Letztere kann z.B. in einer Datenschutzerklärung in Verbindung mit dem Kaufvertrag eingeholt werden. Zugleich kann der zwingend gebotene Hinweis auf das Widerspruchsrecht (Art. 21 DSGVO) in einer solchen Erklärung in Verbindung mit dem Kaufvertrag erfolgen. Durch Smart Home Systeme werden enorme Datenmengen erhoben und können von Unternehmen von großem Wert sein. So ist zentraler Bestandteil des Connected Living die Abrufbarkeit von Audio, Video- und Fotodateien im gesamten Haus. Werden dabei die Grenzen von Widerspruchsrecht und Einwilligungserfordernis gewahrt, so ergibt sich nicht nur eine Möglichkeit Einbrüchen entgegenzuwirken und die Lebensführung effizienter zu gestalten, sondern auch im internationalen Vergleich die Möglichkeit, die Datennutzung für Unternehmen effizienter zu gestalten. Die allgemeinen Regeln des Datenschutzes finden also auch für das Smart Home Anwendung.

Wachstumsmarkt Smart Home – Tipps für Unternehmen

Die rechtlichen Risiken bei der Installation von Smart Home Systemen sind grundsätzlich überschaubar, sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen. Das Connected Living stellt damit einen enormen Wachstumsmarkt dar, dessen Potential vor allem durch zwei Faktoren beeinflusst wird: Kundeninteresse und Alterung der Gesellschaft. Das Kundeninteresse bezüglich des Smart Home orientiert sich v.a. an den Möglichkeiten, die in der heutigen Zeit durch Smartphones und Tablets geboten werden. Die Möglichkeit, viele Aufgaben des Alltags von unterwegs zu erledigen, lässt für Verbraucher den Wunsch wachsen, diese „Fernsteuerbarkeit“ des Alltags zu optimieren, ohne die Kontrolle über den eigenen Alltag zu verlieren. Sichern sich Unternehmen also z.B. durch eine optimale Ausgestaltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (gegenüber Lieferanten etc.) ab, so steht einer Anpassung an die sich verändernden Kundenwünsche nichts mehr entgegen. Ob es sich bei diesen tatsächlich um den fernsteuerbaren Kühlschrank handelt, wird die Zeit zeigen. Der zweite Aspekt, der das Smart Home zum Wachstumsmarkt werden ließ, ist die Alterung der Bevölkerung in Deutschland. So werden Systeme im Connected Living, welche auf gesundheitliche Risiken (Herz-Kreislaufsystem, Sturzgefahr) etc. angepasst werden, mit zunehmender Bevölkerungsalterung in den Mittelpunkt rücken. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Unternehmen sollten hier mit großer Freude zum Detail ausgestaltet werden, da die körperliche Integrität als geschütztes Rechtsgut neben die Kaufmangelgewährleistung tritt. Auch hier lassen sich aus bereits existierenden Gesetzen und Urteilen Leitlinien für Haftungspflichten für Unternehmen ableiten. So ist gemäß § 309 Nr. 7a BGB der Ausschluss der Haftung für fahrlässig verursachte Schäden der körperlichen Gesundheit in AGB unzulässig. Dies sollten Unternehmen stets berücksichtigen, wenn sie etwa Duschen mit „Sturzmelder“ oder Armbänder mit Sensoren für die automatische Übermittlung von Pulsdaten auf den Markt bringen. Die detaillierten Anforderungen an die Ausgestaltung entsprechender AGB gilt es in den nächsten Jahren zu entwickeln. Sie wird mitentscheidendes Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen sein, die Smart Home Systeme aller Art anbieten.