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Sechs Tipps, wie Online-Shops von Plattformen profitieren

Über 40 Prozent Umsatz des deutschen Online-Handels entfallen auf Amazon, Otto und Zalando. Trotz Gefahr der Abhängigkeit können Retailer profitieren.
Products Up GmbH | 21.11.2017
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Der Autor: Marcel Hollerbach ist als CMO bei Productsup verantwortlich für internationales Marketing und Business Development.


Die Übermacht der Big Player im E-Commerce ist nicht aufzuhalten und die Hegemonie von Amazon zweifelt wohl niemand mehr an. Für Online-Shops bedeutet das eine Verschärfung des Wettbewerbs und die Frage für sie muss lauten, wie auch sie von den großen Marktplätzen profitieren können. Marcel Hollerbach, CMO bei Productsup, gibt einen Marktüberblick und Tipps, wie man diese Übermacht nutzen kann, um die eigene Reichweite zu steigern.

Die Meldung ging vor kurzem durch die Fachpresse: Starbucks will seine Kaffeebecher, Kaffee und andere Artikel ab Oktober nicht mehr über den eigenen Webshop verkaufen. Die soll es online nur noch über Plattformen wie Amazon geben. Ein erster Sieg der großen Online-Marktplätze über den Retail-Händler? Welche Auswirkungen hat das auf die Online-Stores?

Fakt ist, die großen Player dominieren den Markt: Auf dem Siegertreppchen stehen Amazon, Otto und Zalando, in eben dieser Reihenfolge. Eine aktuelle Studie von Statista kürte gerade die Top 10 Online-Shops in Deutschland: amazon.de: 8.122,9 Mio., OTTO: 2.743,4 Mio. und Zalando: 1.21,8 Mio. Euro. Amazon hatte zudem im Jahr 2016 einen Marktanteil im deutschen Online-Handelsumsatz von 30,5 Prozent. Gemeinsam nehmen die drei „Großen“ 40,4 Prozent des Gesamtumsatzes des deutschen Online-Handels ein. Und durch immer neue Angebote – Amazon stieg z.B. gerade erst in den Lebensmittelhandel ein - stärken sie ihre Monopolstellung und sie haben die finanziellen, personellen und technischen Mittel, um den wachsenden Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Ist die logische Konsequenz daraus, dass der Normalo-Shop ausstirbt (siehe Starbucks-Beispiel)?

Meine Prognose ist, das wird nicht passieren: Die großen Marktplätze können auch eine Chance für Marken sein, egal wie groß. Noch schrecken viele Händler wegen der hohen beziehungsweise schwankenden Gebühren davor zurück, Online-Marktplätze zu nutzen. Amazon nimmt 15 Prozent der Umsätze, Ebay und AllYouNeed zehn Prozent, Rakuten ist mit fünf bis zehn Prozent dabei. Die Unkosten und natürlich auch die schwer einzuschätzende Abhängigkeit sowie die sich oft ändernden Richtlinien der Marktplatzbetreiber können ein Problem sein. Bei Nicht-Einhaltung drohen Strafen wie geringere Sichtbarkeit oder sogar Rauswurf. Dafür muss man aber auch kein enormes Startkapital aufbringen, sondern kann im Prinzip jederzeit starten. Was viele Händler bei Marktplätzen unterschätzen: Die großen Plattformen bieten Händlern einen zusätzlichen Vertriebskanal mit attraktiven Möglichkeiten. Denn immer mehr Kunden suchen gar nicht mehr über Google nach Produkten, sondern zum Beispiel direkt über Amazon. Eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts ibi Research belegt, dass 34 Prozent der Online-Shopper ihre Suche bei Amazon starten . Eine weitere Studie von bloom research besagt sogar, dass es 55 Prozent sind. Das heißt, um das eigene Produkt überhaupt sichtbar zu machen, bietet es sich an, neben dem eigenen Shop parallel auch über Marktplätze zu verkaufen. Immerhin: Bei mehr als der Hälfte aller Händler, die auf einem Online-Marktplatz vertreten sind, macht dieser mehr als 50 Prozent ihres Gesamtumsatzes aus. Die Reichweite, die Shop-Betreiber zusätzlich über einen Online-Marktplatz für ihre Artikel erzielen können, ist also bares Geld wert, sogar für die kleineren. So gewinnen Anbieter unter anderem auch potentielle Kunden, die sie mit ihrem eigenen Shop wahrscheinlich nicht erreicht hätten. Händler beispielsweise, die ganz spezielle Produkte anbieten, können so ihre Sichtbarkeit erhöhen, indem die Nutzer durch die großen Player erst auf ihr Angebot aufmerksam werden und im besten Fall zukünftig direkt beim Anbieter suchen. Um sich und den eigenen Shop nicht selbst zu kannibalisieren, gilt es die Top 6 Grundregeln zu beachten.

Tipp 1: Nur bestimmte Produkte auf die Plattform einstellen, um sichtbar zu werden und durch gute Bewertungen die User zum eigenen Shop zu locken.

Tipp 2: Starten Sie mit Ihren Eigenmarken. Listen Sie als Händler vor allem Ihre Eigenmarken um die Reichweite zu erhöhen und neue Käufer zu erschließen. Hier haben Sie die höchste Marge und können trotz der höheren Abgaben an die Markplätze noch gute Deckungsbeiträge einfahren. Dadurch kann man sich auch leichter von den Mitbewerbern abgrenzen und erreicht somit über ein gewisses Alleinstellungsmerkmal.

Tipp 3: Ausgezeichnete Qualität der Produktbilder. Damit wecken Sie nach der AIDA-Formal die Aufmerksamkeit des Nutzers – und zwar im positiven Sinn. Ist ein Produktbild von hoher Qualität (hochauflösend, zeigt alle Facetten eines Produktes, gibt dem Nutzer die Information zu dem Produkt, die er benötigt), erkennt der Nutzer das und beginnt, sich dafür zu interessieren. Es müsste eigentlich selbstverständlich sein, dass Shops nur das beste Bildmaterial für die Listung ihrer Produkte nutzen, schließlich ist es ihr Aushängeschild. Dem ist leider nicht so, viel zu wenige Unternehmen schöpfen das Potential von Produktenbildern aus.

Tipp 4: Automatisierte Werbung gezielt einsetzen und so potentielle Kunden in die eigenen Online-Shops ziehen. Gerade wenn man mehrere Kanäle betreibt, muss man auf das Thema Automation setzen. Bei der enormen Menge an Daten kommt man händisch gar nicht hinterher. Der Shop-Betreiber sollte beim Marketing-Mix auf ein ausgewogenes Verhältnis achten bzw. regelmäßig prüfen, welchen Kanal die Nutzer gerade bevorzugen.

Tipp 5: Mit Facebook-Werbung über Dynamic Ads kann jeder Händler eine unglaublich große Zielgruppe erreichen und sehr günstig, qualitativ hochwertige Werbeanzeigen schalten. Wenn Händler in der Lage sind, zeitnah und agil auf Kanäle zu reagieren, die auch für den E-Commerce genutzt werden (wie z.B. Pinterest, Twitter oder Chatbots), können sie neue Kundengruppen erschließen – und zwar bevor die große Masse folgt.

Tipp 6: Um die eigenen Produkte entsprechend in Szene zu setzen, sollte der Produktdatenfeed immer aktuell und vollständig sein und individuell gepflegt. Je mehr relevante Informationen der Nutzer über das Produkt erhalten kann, desto größer ist der Mehrwert für ihn und desto besser das Ranking bei Google und Co. Dazu gehören beispielsweise auch die Komplettierung von Keywords bzw. Keyword-Kombinationen – z.B. Füller – Stift – Patrone – Geschenk etc.

Fazit: Man muss keineswegs seinen Online-Shop schließen, nur weil man seine Produkte auch über Amazon und Co. verkauft. Ganz im Gegenteil, es ist sogar wichtig, sich auf mehreren Kanälen zu bewegen und nicht nur einen statischen Online-Shop zu betreiben. Die Kundenbedürfnisse und vor allem das Suchverhalten der Kunden sind dynamisch – weshalb auch die entsprechenden Kanäle und Plattformen auf den Kunden angepasst werden sollten. Außerdem wirkt die Marke durch Multichannel–Nutzung agil und ihre Sichtbarkeit wird erhöht. Und mehr Sichtbarkeit steigert den Abverkauf – daran hat sich nun mal nichts geändert.