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SoLoMo – Die Social Local Mobile Bewegung

Mit dem Kürzel SoLoMo wird eine neue Bewegung beschrieben. Hinter SoLoMo verbergen sich die drei Schlagwörter Social, Local, Mobile.
Tim Ringel | 23.11.2011
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de


Co-Autorin dieses Fachartikels:
http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Anna-Lena-Raduenz



Mit dem Kürzel SoLoMo wird eine neue Bewegung beschrieben. Hinter SoLoMo verbergen sich die drei Schlagwörter Social, Local, Mobile. Jedes für sich stellt ein Onlinegebiet dar, doch ihr Zusammenwachsen und Zusammenwirken „ändert alles, wieder einmal“ [1], wie es der Technologie-Vorreiter Apple ausdrücken würde. SoLoMo steht jedoch nicht für einen neuen Hype, sondern für eine fundamentale Veränderung der Internetnutzung und damit einhergehend auch der Internetangebote.

Ausschlaggebend für diese neue Bewegung im Onlinemarkt ist die wachsende Popularität und Technik mobiler Internetnutzung. Google erachtet die 2010er Jahre als das mobile Jahrzehnt [2]. Tatsächlich wächst die Zahl mobiler Internetnutzung rasant. Im Jahr 2010 ist mit 5,1 Millionen neuen Nutzern die Zahl der Smartphone-Besitzer um 65 Prozent auf 7,7 Millionen bundesweit gestiegen [3]. Sind 2009 noch neun Prozent aller deutschen Internetnutzer mobil online gegangen, so waren es 2010 bereits 19 Prozent. Da zugleich auch die Zahl aller Internetnutzer im Bundesgebiet angestiegen ist, bedeutet dies eine Steigerung der mobilen Internetnutzer um 78 Prozent innerhalb nur eines Jahres. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen lag der Anteil der mobilen Internetnutzer im Jahr 2010 sogar bei 24 Prozent [4]. Die Anzahl derer, die täglich mobil im Internet surfen, verdoppelte sich 2010 im Vergleich zu 2009 nahezu. Die Möglichkeit zumindest einmal im Monat unterwegs ins Internet zu gehen, nutzen immerhin 65 Prozent der Smartphone-Besitzer [5].

Hält diese Entwicklung an, und davon ist angesichts der sinkenden Preise für mobile Endgeräte und mobile Internetnutzung auszugehen, so wird bereits für 2014 prognostiziert, dass die mobile Internetnutzung die Zahl stationärer Internetzugänge überholen wird [6]. Damit verwirklicht sich die Vorahnung einiger, dass Konsumenten in Zukunft always on sein werden. Bereits 2010 wurde 23 Prozent der im Internet verbrachten Zeit über ein mobiles Endgerät bestritten [7]. Tendenz steigend.

Doch was verändert sich durch die enorme Zunahme mobiler Internetnutzung? Erstens wächst die Nachfrage an bequem mobil nutzbaren Inhalten. Zweitens steigt das Angebot an attraktiven Internetseiten, die explizit auf mobile Nutzer ausgerichtet sind. Drittens wird das Internet immer mehr die Realität abbilden, das heißt, die mobile Internetnutzung wird immer mehr die direkte Umgebung des mobilen Users fokussieren und widerspiegeln. Diese Umwälzungen werden das Internet und damit verbundene Geschäftsmodelle nachhaltig verändern.


SoLoMo – ein Definitionsversuch

Durch eine neue Art des Internetzugangs (mobile), einen gewandelten Fokus (local) und eine stärkere Einbindung des Internets in den Alltag (social) ist neue Bewegung in den Internetmarkt gekommen. Diese Bewegung wird mit der Wortschöpfung „SoLoMo“ erfasst. Um das Phänomen SoLoMo, seine Ausprägungen und Folgen darstellen zu können, werden zunächst die einzelnen Komponenten von SoLoMo erläutert.

Social:
„Social“ steht für den seit Jahren immer stärker wachsenden Social Media-Markt. Allen voran zählen hierzu soziale Netzwerke aber auch Blogs, Foren, Micro-Blogging-Dienste sowie Video- und Foto-Sharing-Portale. Insgesamt betrachtet steht „Social“ für weitgehend barrierefreie, nahezu hierarchielose und zum Teil basisdemokratische Kommunikation und Interaktion im Netz.

Barrierefrei insofern, als räumliche Entfernungen kein Hindernis für den Austausch darstellen. Hierarchielos, weil hier User auf Augenhöhe interagieren. Der Meinungsaustausch in den sozialen Medien hat basisdemokratische Züge, da Zuspruch wie Ablehnung leicht zum Ausdruck gebracht werden kann und das Eine wie das Andere zügig weite Verbreitung finden kann. Meinungen können hier eine große Reichweite erzielen und durch den Zuspruch beziehungsweise die Ablehnung Vieler finden permanent Abstimmungen statt, wodurch online wie auch offline Trends gesetzt werden.

Dabei funktioniert die soziale Kommunikation im Internet ähnlich wie der soziale Austausch offline. Es geht um Unterhaltung, Meinungsaustausch, Klatsch und Tratsch, Interaktion und Mobilisierung. Nur eben barrierefrei, hierarchielos und basisdemokratisch.

Mobile:
Durch die technische Weiterentwicklung der Mobiltelefone wie auch der Netze wird der mobile Zugriff auf das Internet alltäglich. Der mobile User ist überall und zu jeder Zeit online. Derzeit wird zwar der mobile Internetzugriff noch überwiegend zum Abrufen der E-Mails oder zur punktuellen Informationssuche genutzt. Künftig wird jedoch die lokale Umgebung und das soziale Umfeld eine immer wichtigere Rolle in der mobilen Internetnutzung einnehmen. Einen großen Schub für diese Entwicklung war die technische Weiterentwicklung im Bereich der Lokalisierungs- und Karten-Dienste. Hierdurch rückte plötzlich die direkte Umgebung stärker in den Mittelpunkt der mobilen Internetnutzung. Das Leistungsspektrum von Navigationsgeräten wird zusehends durch die Angebote von Smartphones auf diesem Gebiet verdrängt.

Hierbei kommt den Smartphones eine immer bessere Usability zugute, die neben den Navigationsdiensten vor allem auch durch die Nutzung von Social Media punkten können. Der vereinfachte Zugriff und die intuitivere Bedienung von Social Media-Angeboten über mobile Endgeräte stellen in Verbindung mit den Karten- und Lokalisierungsdiensten wichtige Meilensteine auf dem Weg zum permanenten Onliner dar. Die mobile Internetnutzung wird immer einfacher, intuitiver und für mehr alltägliche Begebenheiten nützlich. Daher wird es sich bei den künftigen permanenten Onlinern nicht mehr nur um eine spezifische internetaffine Gruppe handeln, sondern mittelfristig den Großteil der Gesellschaft umfassen.

Local:
Bislang diente das Internet in erster Linie zur globalen Vernetzung. Die direkte Umgebung eines Users wurde lange Zeit vernachlässigt. Mit Social Media wurde ein erster Schritt getan, das soziale Umfeld eines Users im World Wide Web zu bündeln. Da mobile Endgeräte vielfältige neue Funktionen bieten, welche zudem auch die geografische Umgebung des Users miteinbeziehen können, rückt nun das soziale wie auch räumliche Umfeld des Users in den Fokus. Dieser technische Fortschritt hat direkten Einfluss auf das Surfverhalten der User und verändert das Internet nachhaltig. Die wachsende lokale Nutzung des Internets bringt neue Internetangebote hervor, die konkret auf diese lokale Nutzungsnachfrage zugeschnitten sind.

Dies hat zur Folge, dass das Internet zunehmend zu einer Abbildung und digitalen Weiterführung der Realität wird. Das Internet kommt der lokalen Nutzungsnachfrage entgegen und liefert dem User, egal in welcher räumlichen und sozialen Umgebung er sich gerade bewegt, einen konkreten Mehrwert. Dieser Mehrwert kann vielfältig sein. Es haben sich in den letzten Jahren zahlreiche neue erfolgreiche Geschäftsmodelle etabliert, die versuchen, diesen lokalen Mehrwert für den mobilen User herzustellen. Dieser kann darin bestehen, sich in einer unbekannten Umgebung zurechtzufinden, Freunde über den aktuellen Standort zu informieren, Parkplätze oder Restaurants ausmachen zu können. Die Nachfrage und auch die Möglichkeiten scheinen hier unerschöpflich. Der Bedarf, die räumliche wie soziale Umgebung auch online widerzuspiegeln, wird beispielsweise über Lokalisierungs-, Kartendienste aber auch soziale Netzwerke und Bewertungsplattformen gewährleistet.

SoLoMo:
Neue technische Entwicklungen ermöglichen nun die Verschmelzung der einzelnen Komponenten zu SoLoMo. SoLoMo stellt dabei kein isoliertes Internet-Phänomen dar, sondern spiegelt im Grunde nur das Denken und Handeln der Menschen online wider. Seit Social Media, mobilem Internet und lokalen Services ist man endlich technisch in der Lage, den Alltag der Menschen in der digitalen Welt abzubilden. SoLoMo schafft somit die Verbindung von Offline- und Onlinewelt.

SoLoMo hat in der Offlinewelt schon immer existiert. Menschen sind soziale Wesen. Sie bilden und pflegen Familien-, Bekannten- und Freundeskreise. Menschen sind lokal orientiert. Sie nehmen stets in erster Linie ihre direkte Umgebung wahr und wollen sich dort zurechtfinden. Menschen sind mobil. Mobilität ist Kern des menschlichen Fortschritts und in Zeiten der Globalisierung zu einem Grundbedürfnis geworden.

SoLoMo ist deshalb für den Menschen nicht neu. Neu daran ist nur, dass die jüngsten technischen Entwicklungen nun das soziale, lokale und mobile Leben der Menschen auch online abbilden und dadurch den Offlinealltag begleiten und bereichern können. Das eigentliche Phänomen von SoLoMo liegt darin, dass sich der Mensch hierfür nicht ändern oder an neue Begebenheiten anpassen muss. Vielmehr passen sich die technischen Möglichkeiten dem natürlichen Handeln der Menschen an und bieten für vielfältige Alltagssituationen einen konkreten Nutzen.

Die Nachfrage nach SoLoMo ist daher schon im Grundverhalten des Menschen verankert. Der Erfolg der jeweiligen Angebote wird davon abhängen, wie gut es ihnen gelingt, diese Nachfrage zu befriedigen. Der technische Fortschritt schafft neue Anwendungsbereiche, wodurch sich die Nutzung des Internets verändert. Je weiter sich die technischen Mittel entwickeln und je besser sie den Menschen in der Offlinewelt unterstützen, desto mehr wird SoLoMo die User durch den Alltag begleiten.

SoLoMo ist somit auch der Schritt in die „Augmented Reality“ (erweiterte Realität). Offlineinhalte können aufgenommen, verarbeitet und durch digitale Informationen angereichert werden. Wer sich heute mit einem Smartphone durch eine Stadt bewegt, kann sich zahlreiche Informationen über seinen Standort online abrufen. Straßen, Gebäude und Geschäfte können erkannt werden und der reale Stadtrundgang wird durch virtuelle Informationen ergänzt. Onlineinhalte stellen nun direkter denn je einen direkten Bezug zur Offlinewelt her. Zugleich wird die Offlinewelt präziser denn je durch Onlineangebote widergespiegelt.


SoLoMo bringt Bewegung in die Wirtschaft

Durch SoLoMo kommt neue Bewegung in den Online- wie auch den Offlinemarkt. Die Verschmelzung von Offline- und Onlinewelt eröffnet völlig neue Märkte und bringt völlig neue Geschäftsmodelle hervor.

Das mobile Internet macht den User verstärkt zum lokalen Konsumenten. Je stärker sich die mobile Internetnutzung ausbreitet, desto interessanter wird das Internet daher für den Mittelstand sowie für kleine Einzelhändler und Dienstleister, die bis dato das Internet vernachlässigt haben. Aber auch große Unternehmen können von regionaler Nähe über das mobile Internet profitieren. Dabei können Unternehmen ebenso das Bedürfnis des Users, online soziale Kontakte zu pflegen, wie auch lokale Dienste zu verwenden, sich zu Nutzen machen.

Hierfür stehen bereits einige etablierte Onlineplattformen bereit, um den neu entstehenden Bedarf der Kommunikation zwischen SoLoMo-Usern und Unternehmen zu befriedigen. Jedoch werden sich hier auch neue Player etablieren können, wenn sie es schneller und besser schaffen, die spezifischen Bedürfnisse von SoLoMo-Usern zu decken.

SoLoMo wird somit auch einen Boom an neuen Online- aber auch Offline-Geschäftsmodellen auslösen. Auf der einen Seite entsteht Raum für neue Onlineangebote, welche die soziale und räumliche Umgebung umfassender durch mobile Endgeräte nutzbar machen lassen. Auf der anderen Seite werden Unternehmen angesichts des wandelnden Konsumentenverhaltens, das mit der SoLoMo-Ausbreitung einhergeht, überprüfen müssen, ob ihr Geschäftsmodell überarbeitet und den neuen Bedingungen angepasst werden muss. Ferner werden diese Umwälzungsprozesse Start-Ups hervorbringen, die sich neue Geschäftsfelder erobern oder sich in jenen Nischen etablieren, die von behäbigen Großkonzernen zu spät abgedeckt werden.

Da SoLoMo trotz aller Verschmelzung mit der Offlinewelt eine internetbasierte Bewegung darstellt, werden Faktoren wie Freiheit und Transparenz wichtige Argumente für User sein, sich für oder gegen ein Unternehmensangebot zu entscheiden. Die Einbindung von Bewertungen von Kunden, die Interaktion von Unternehmen und Konsumenten ist bereits durch Social Media zum Thema geworden. SoLoMo wird diesen Trend weiter verstärken. Insbesondere die Möglichkeit, nun mit mobilen Endgeräten während des Offlineeinkaufs im Internet Preise zu vergleichen, scheint erhebliches Wachstumspotenzial zu haben. Der mobile Online-Preisvergleich in Echtzeit verdeutlicht, wie sehr durch SoLoMo das Offline-Shopping-Verhalten von Onlineangeboten beeinflusst werden kann. Offlinehändler standen zwar schon immer mit der Onlinekonkurrenz im Wettbewerb, SoLoMo eröffnet nun dem Offline- wie Onlinehandel die Chance, den Wettbewerb transparent zu gestalten.

Größere Markttransparenz wird durch SoLoMo auch insofern erzeugt, als Kunden nun mehr Möglichkeiten an die Hand bekommen, sich ausreichend über ein Produkt zu informieren. Beispielsweise Inhaltsstoffe, Herkunftsland oder Umweltverträglichkeit können für den Kunden kaufrelevante Informationen sein. Unternehmen können und sollten sich dieses Interesse der Konsumenten an tiefergehenden Produktinformationen zu Nutze machen und mit Transparenz für sich und ihre Produkte werben.

SoLoMo stellt aufgrund des Onlineursprungs ebenso keinen einseitigen Schritt in Richtung „local“ dar, sondern ermöglicht vielmehr, dass das Lokale zugleich global wird. Gerade hinsichtlich der SoLoMo-Plattformen wird sich zeigen, dass langfristig jene bestehen werden, die lokale Angebote liefern aber global aktiv sind.

Den Kern von SoLoMo stellen derzeit noch überwiegend Plattformen dar, die entweder Lokalisierungs- oder Social Media-Dienste oder aber eine Mischung aus beidem anbieten. Doch langfristig wird der Social Local Mobile Bewegung keine Grenzen gesetzt sein. In den 1980er Jahren hat die starke Verbreitung von PCs neue Großkonzerne wie beispielsweise Microsoft, Intel und Apple hervorgebracht. In den 1990er Jahren hat die massive Verbreitung der Internetnutzung neue Gewinner wie Google, eBay und Amazon erzeugt. Mit dem bevorstehenden Wachstumsschub der SoLoMo-Bewegung werden sich wohl neue Player auf dem Markt etablieren.


SoLoMo – Wo findet das statt?

SoLoMo kam vor allem durch die stark wachsenden Location-based Services (LBS) in Bewegung. Dabei können die User per GPS (Global Positioning System) mit ihrem mobilen Endgerät Informationen über den aktuellen Standort abrufen. Was zunächst der Navigation diente, entwickelte sich im Zuge der SoLoMo-Bewegung zu immer umfassenderen standortbezogenen Dienstleistungen. Neben der schlichten Navigation, einen Weg vom aktuellen Standort zu einem beliebigen Platz zu finden, können Sehenswürdigkeiten, Restaurants oder zum Beispiel Geschäfte in der Umgebung gezielt gesucht werden.

Unternehmen haben sich dies zunutze gemacht und laden den User ein, sich öffentlich in einer Geschäftsstelle als Kunde anzumelden (Check-in). Per Check-in macht der User publik, wo er sich gerade aufhält und dass er Kunde eines bestimmten Unternehmens ist. Viele Firmen lassen sich diese Art des Empfehlungsmarketings etwas kosten und bieten ihren Werbeträgern zum Anreiz Rabatte an. Einige Firmen zeigen sich pro Check-in erkenntlich, andere animieren Kunden zum Wettstreit und bieten nur demjenigen einen Bonus, der am häufigsten an diesem Standort eingecheckt hat. Für die Unternehmen entsteht so eine neue Form der Mundpropaganda, deren Reichweite enorm von der genutzten Plattform abhängt.

Je nach Plattform unterscheiden sich nicht nur die Reichweite beziehungsweise Nutzerzahl, sondern auch die Anwendungsmöglichkeiten. Die angesprochenen Check-ins werden beispielsweise bei der Plattform Foursquare als eine Art Spiel begriffen. Hier kann man neben der Funktion, seinen Freunden und Bekannten zu zeigen, wo man gerade ist und was man konsumiert, auch noch Punkte und virtuelle Badges (Abzeichen) sammeln und in einen Wettstreit mit anderen Foursquare-Nutzern treten. Der Foursquare-Gründer Dennis Crowley stellt seine Plattform unter das Motto: „Turning life into a game“ [8]. Die rasant wachsenden Nutzerzahlen scheinen das spielerische Konzept des Geolocation-Services zu bestätigen. Laut Foursquare sollen „jeden Tag ungefähr 35.000 neue Mitglieder“ hinzukommen. Das Unternehmen spricht von „über 250.000“ Unternehmen, die bei Foursquare registriert sind und von weltweit „über 2.5 Millionen“ Check-ins pro Tag [9]. Als eine weitere Funktion möchte die Geolocation-Plattform zudem Bewertungen ihrer Nutzer über die von ihnen besuchten Locations einbinden.

Spezialisten auf dem Gebiet Bewertungen sind die Plattformen Yelp, bis dato vor allem in den USA weit verbreitet, und Qype, das deutsche Pendant zum hierzulande noch eher unbekannten Yelp. Beiden ist gemein, dass hier das Bewerten von beispielsweise Geschäften, Restaurants und Hotels im Vordergrund steht. Die Bewertungen werden von Google in die Suchergebnisse integriert und können so auch öffentlich über die Google-Suche eingesehen werden, ohne dass der Nutzer sich direkt bei den Bewertungsplattformen einloggt.

Google bietet mit Google Places einen ähnlichen Dienst an, der es Unternehmen ermöglicht, besser bei Google Maps mit allen relevanten Firmendaten gefunden zu werden und Usern die Chance eröffnet, diese Unternehmen auch zu bewerten. Google baut solche Dienste rund um sein Hauptgeschäft – die Suche – aus. Bis dato ist der Suchmaschinen-Gigant nicht in erster Linie bestrebt, die vorhandene Konkurrenz aus dem Markt zu drängen, sondern bezieht vielmehr dankend die Daten der einzelnen Plattformen in seine Suchergebnisse mit ein.

Mit Google +1 geht das Unternehmen aber weitere Schritte auf dem Weg zu einer eigenen, umfassenden Bewertungsplattform. In Verbindung mit Google Latitude, Google Places und Google Offers ist der Suchmaschinen-Konzern gut gerüstet, um umfassende SoLoMo-Dienste aus einer Hand anzubieten. Mit Google +1 können User nicht nur Locations, sondern auch einzelne Websites und Produkte „plus-en“ und so den mit ihnen über das Google-Konto in Verbindung stehenden Personen empfehlen.

Da diese Ergebnisse wiederum in die Suche der +1-Nutzer einfließen, wird dadurch zugleich eine Personalisierung der Suche angestrebt. Google Latitude ermöglicht es Usern, ausgesuchten Freunden anzuzeigen, wo man sich gerade befindet. Über Google Places können sich Unternehmen nicht nur besser von Usern orten lassen, sondern zugleich auch mit ihnen interagieren und ihnen aktuelle Angebote oder Gutscheine vorschlagen. User haben hier wiederum die Möglichkeit, Unternehmen auch zu bewerten. Mit Google Offers bringt der Suchmaschinenkonzern ein Pendant zum Gutscheindienst Groupon an den Start und stößt damit weiter auf den lokalen Rabatt- und Werbemarkt vor. Google hat somit mit +1, Latitude, Places und Offers eine breite Palette an Portalen parat, die in Verbindung miteinander großes Potential im Hinblick auf SoLoMo entwickeln können. Zumal Google über ausreichend Kapital und Nutzer verfügt, um bei der SoLoMo-Bewegung vorne dabei zu sein.

Vielen Plattformen wird es vermutlich vor allem an einer breiten Nutzerbasis fehlen, um sich langfristig etablieren und profitabel wirtschaften zu können. Eine Konsolidierung des Marktes steht jedoch noch aus. Aktuelle Branchen-Riesen wie Facebook haben hierfür eine gute Ausgangssituation. Mit Facebook Places bietet das größte soziale Netzwerk einen Geolocation-Dienst an, der aus der sozialen Netzgemeinschaft heraus mobile Lokalisierung ermöglicht. In Verbindung mit Facebook Deals wird zugleich die Interaktion von Unternehmen und Kunden ermöglicht.

Wem die große Mitgliederzahl noch fehlt, kann dies eventuell durch Innovation wettmachen. Der noch kleine Lokalisierungsdienst Dailyplaces verbindet zum Beispiel seine Funktion der mobilen Check-ins mit der Möglichkeit, mit ebenfalls eingecheckten Personen in Echtzeit zu chatten.

Auf dem Gebiet der Gutschein- und Rabatt-Aktionen existieren derzeit ebenfalls noch mehrere Konkurrenz-Plattformen wie beispielsweise Groupon, Dailydeals oder auch Qypedeals. Die Plattformen versprechen Nutzern besondere Schnäppchen und zugleich den akkreditierten Unternehmen steigende Absatzzahlen. Vor allem von der verstärkten Nutzung mobiler Endgeräte erhoffen sich die Gutschein-Anbieter einen Wachstumsschub für ihr Geschäftsmodell. Denn mit den kostenlosen Smartphone-Apps der Plattformen werden sich nicht nur die Nutzerzahlen erhöhen, sondern auch die Zahl der teilnehmenden lokalen Unternehmen steigen. Schließlich rücken mit den mobilen GPS-Geräten die jeweiligen Angebote aus der näheren Umgebung des Users und somit das Lokale in den Fokus des Rabatt-Geschäfts.

Noch ist unklar, welche der Plattformen sich hier nachhaltig etablieren werden. Player wie Facebook und Google haben sich gut positioniert. Sie können bereits auf eine große Nutzergemeinschaft zurückgreifen. Zugleich stellen sich diese Unternehmen immer breiter in den einzelnen SoLoMo-Feldern auf und agieren dabei global. Da der SoLoMo-User immer mobil ist, sollten Plattformen eine möglichst große räumliche Reichweite aufbieten können. Der mobile Nutzer wird von Lösungen, die nur auf einen begrenzten geografischen Raum beschränkt bleiben, zu globalen Plattformen wechseln, die ihm eine umfassendere und unbegrenzte Nutzbarkeit bieten.

Insgesamt zeigt sich, dass die einzelnen Plattformen, die anfangs vorwiegend jeweils nur eine Funktion hatten, also beispielsweise entweder Bewertungen abzugeben oder Check-ins zu ermöglichen, sich immer weiter zu umfassenderen SoLoMo-Plattformen entwickeln. So sind fast bei allen Plattformen Bestrebungen zu erkennen, sowohl Bewertungen, Lokalisierung, Check-ins als auch Gutschein-Deals anzubieten. Existieren derzeit noch viele kleine lokale Plattformen, so ist anzunehmen, dass sich längerfristig die globalen Plattformen durchsetzen werden. Am besten sind hier wohl jene aufgestellt, die soziale Vernetzung, lokale Anbindung und Mobilität in attraktiven und benutzerfreundlichen Anwendungen verschmelzen lassen können.


SoLoMo – Cases

An der Vielzahl der SoLoMo-Plattformen wird bereits deutlich, wie vielfältig SoLoMo sein kann. Um SoLoMo in der Gegenwart und mögliche Zukunftspotentiale weiter aufzuzeigen, sollen nun einzelne Praxis-Beispiele skizziert werden.

Als ein erfolgreiches Beispiel für die kommerzielle Nutzung der Check-in-Funktion kann exemplarisch die Kampagne der Lufthansa gelten. Die Fluglinie hat gemeinsam mit Foursquare passend zur Oktoberfestsaison 2010 Check-ins bei Lufthansa und an unterschiedlichen Locations in München beworben. Nutzer wurden mit Badges und Gutscheinen belohnt. Die Lufthansa konnte den saisonalen Oktoberfesthype nutzen und Freunde auf der Foursquare-Plattform sammeln. Zugleich konnte die Fluglinie eine erfolgreiche Social Media-Kampagne verbuchen und Flugangebote nach München bewerben.

Kern der Location-based Services auf mobilen Endgeräten stellen Apps für Smartphones dar. Herausragende Applikationen für SoLoMo, die bereits den Weg in eine Augmented Reality weisen, sind beispielsweise die App von „Immonet“ oder die „Post mobil“-App. Die Immonet-App zeigt dem mobilen User auf Wohnungssuche, welche Wohnungen an seinem aktuellen Standort zu mieten oder zu kaufen sind. Hierzu braucht der User nur mit seiner Handykamera die Straße filmen, in der er eine Wohnung wünscht. Die App blendet daraufhin in das von der Kamera erfasste reale Bild aktuelle Onlineangebote ein, die der User bei Interesse näher ansehen kann. So wird aus dem Spaziergang durch eine ansprechende Wohngegend die aktive Online-Wohnungssuche mit direkter Verlinkung zum Maklerbüro. Die Post mobil-App zeigt zum gefilmten Standort des Users den nächsten Briefkasten, die nächstgelegene Postfiliale oder den Bankautomaten virtuell mit Entfernungsangaben oder Öffnungszeiten an. Apps wie Wikitude oder Layar ergänzen das mit der Smartphone-Kamera aufgezeichnete Bild und den per GPS und Handy-internem Kompass bestimmten Standort mit Informationen, die sie etwa aus Wikipedia oder aus Bewertungsportalen beziehen. Die sichtbare Realität wird auch hier durch virtuelle online-generierte Inhalte ergänzt.

Gezielte Produktinformationen und damit möglicherweise einen entscheidenden Kaufgrund bieten Apps wie die von Barcoo oder von Pattex. Barcoo ermöglicht es dem User beim Einkauf nähere Informationen über ein Produkt zu bekommen. Die App liest über die Smartphone-Kamera den Barcode eines Produktes ein und wirft dazu konkrete Informationen aus. User können dadurch direkt im Laden einen Preisvergleich anstellen, Bewertungen einsehen oder selbst abgeben. Barcoo bietet dadurch vielfältige Produktinformationen direkt am Point of Sale und erhöht die Markttransparenz enorm.

Auch Pattex, die Klebermarke von Henkel, geht auf Smartphone-Nutzer zu und bietet ihnen die Möglichkeit, den auf allen Pattex-Produkten angegebenen QR-Code (Quick-Response-Code) zu scannen und dadurch an weiterführende Produktinformationen zu kommen. Die Smartphone-Anwendung leitet den User direkt auf spezifische Landing-Pages, auf denen der Kleber-Kunde erfahren kann, welche Materialien mit dem Klebstoff verklebt werden können und wie er richtig angewendet wird.

Wie diese unterschiedlichen Beispiele zeigen, sind die Anwendungsmöglichkeiten von SoLoMo extrem vielfältig und befinden sich in stetiger Weiterentwicklung. Erkennbar ist jedoch bereits, dass SoLoMo ein großes Potential für eine kommerzielle Nutzung hat. Unternehmen sind zunehmend bestrebt, dieses Potential abzuschöpfen und sich dadurch neue Kundengruppen zu erschließen oder Bestandskunden zu pflegen. Den Kern von SoLoMo sollte jedoch stets ein konkreter Nutzen für den User darstellen. Denn wie die Beispiele verdeutlichen, werden SoLoMo-Angebote vor allem genutzt, wenn sie dem User einen Vorteil bieten und ihm Informationen immer dann und überall dort bieten, wann und wo er sie gerade benötigt.


Ausblick

SoLoMo wächst mit der Verbreitung der mobilen Internetnutzung. Je stärker sich die mobilen Endgeräte verbreiten, desto vielfältiger werden deren Anwendungsbereiche. Den Kern wird dabei SoLoMo darstellen. Die Nutzer werden zusehends ihr soziales wie räumliches Offlineumfeld mit ihrer Onlinenutzung verschmelzen lassen.

Die mobile Internetnutzung verbreitet sich derzeit rasant. Dabei sind zunächst die unter 40-Jährigen die Vorreiter, jedoch werden bald sämtliche Altersgruppen an der SoLoMo-Bewegung teilhaben. Der Trend geht hier eindeutig dahin, dass schon in den kommenden Jahren die mobile Internetnutzung den Internetzugriff über stationäre Computer überholen wird. SoLoMo wird zu einer Massenbewegung.

Je weiter die mobile Internetnutzung verbreitet wird, desto mehr wird SoLoMo in den Alltag der User eingebunden. Diesen Trend werden weitere technische Entwicklungen verstärken. Beispielsweise das Bezahlen per Smartphone. Diese Entwicklung steckt derzeit noch in den Kinderschuhen, kann sich aber bald schon als fester Bestandteil von SoLoMo etablieren. So werden sich die Anwendungsbereiche und damit wird sich auch die Verwendung von SoLoMo weiter ausbreiten. Ebenso wird sich die Technik im Hinblick auf Augmented Reality weiter entwickeln und dadurch mehr und mehr die User durch den Alltag begleiten.

SoLoMo wird aber auch nachhaltige Effekte auf die Wirtschaft haben. Da SoLoMo neue Bewegung in den Technik- und Onlinemarkt gebracht hat, werden sich neue Geschäftsfelder, neue Geschäftsmodelle und neue Player auf dem Markt etablieren. Aber auch die etablierten Online-Großkonzerne erkennen in SoLoMo ein neues Konsum-Zugpferd und werden versuchen, sich mit ihren bestehenden Potentialen auch im SoLoMo-Markt zu behaupten. So gab der damalige Google-Chef Eric Schmidt bereits 2010 eine neue Stoßrichtung für den Konzern aus: „Wir haben verstanden, dass es für uns eine neue Regel gibt: Mobile First“ [11].

SoLoMo wird also sowohl das Konsumentenverhalten als auch die Ausrichtung vieler Unternehmen verändern. In SoLoMo stecken zudem nahezu unbegrenzte Möglichkeiten der personalisierten und zielgerichteten Werbung und wird auch deshalb für nachhaltige Bewegung sorgen. Die zukünftige Werbung, die auf SoLoMo ausgerichtet ist, wird mehr Transparenz, mehr Produktinformationen und letztlich eine erhöhte Kaufrelevanz bieten, da sie näher am Point of Sale ist.

Dabei wird deutlich, dass SoLoMo große kommerzielle Potenziale beinhaltet, diese aber immer auf den Nutzen der User ausgerichtet sein müssen. Denn SoLoMo steht für eine Bewegung, die den Bedürfnissen der User entgegenkommt. SoLoMo und der damit verknüpfte wirtschaftliche Markt werden daher nur weiter so erfolgreich wachsen, wenn die Bedürfnisse des Users im Zentrum stehen. SoLoMo wird User durch ihren Alltag begleiten und neue Bewegung in die Marktwirtschaft bringen, wenn sich der User davon einen tatsächlichen Vorteil versprechen kann. Eine kommerzielle Nutzbarmachung des SoLoMo-Potenzials wird deshalb nur dann gelingen, wenn dem User dadurch ein konkreter Mehrwert geboten wird.


Literatur

[1] Werbeslogan der Firma Apple für das iPhone4. Im Original: „Das ändert alles. Wieder einmal.“ (Vergleiche apple.de).
[2] Google 2011: Mobile Werbung.
[3] Vergleiche ComScore 2011: Smartphones gewinnen an Fahrtwind in Deutschland. – http://www.comscore.com/ger/Press_Events/Press_Releases/2011/Google_Android_Shows_Fastest_Growth_Among_Smartphone_Platforms_in_Germany.
[4] Vergleiche Statistisches Bundesamt 2011: „Mobile Internetnutzung über das Handy 2010 stark gestiegen.“ – http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2011/02/PD11_060_63931.psml.
[5] Laut der Nordlight-Umfrage „Mobile Internet-Nutzung 2011“ gingen 2010 noch 16 Prozent der Smartphone-Besitzer mobil online. 2011 sind es demnach bereits 29 Prozent der Smartphone-Besitzer – http://www.nordlight-research.com/files/downloads/mobile_internet_nutzung_2011_studieninfos.pdf.
[6] Vergleiche Morgan Stanley 2011: The Mobile Internet Report. Siehe auch: Morgan Stanley Research, Internet Trends, April 2010, http://www.morganstanley.com/institutional/techresearch/pdfs/Internet_Trends_041210.pdf
[7] IAB/PWC-Studie zur mobilen Internet-Nutzung (April 2010).
[8] Zitiert nach http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article12763639/Foursquare-hatseinen-Google-Moment-erreicht.html
[9] https://de.foursquare.com/about – Stand April 2011.
[10] Grafik dient der Veranschaulichung. Datensätze können von den erhobenen und prognostizierten Daten von Morgen Stanley Research abweichen. Siehe hierzu ausführlicher: Morgan Stanley Research, Internet Trends, April 2010 – http://www.morganstanley.com/institutional/techresearch/pdfs/Internet_Trends_041210.pdf.
[11] Zitiert nach http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/article64295821/Mobile-First-Google-setzt-nun-ganz-auf-Handys.html