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Autonomes Fahren gewinnt massiv an Akzeptanz

Verbraucher wollen selbstfahrende Autos lieber von traditionellen Autobauern als von Technologiefirmen.
Trotz breiter Medienberichte über die Entwicklung der ersten selbstfahrenden Autos durch Technologiefirmen vertrauen Verbraucher traditionellen Automobilherstellern bei der Entwicklung und Pilotierung dieser Fahrzeuge mehr. Dies ist ein zentrales Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von The Boston Consulting Group (BCG) und World Economic Forum unter 5.500 Verbrauchern in zehn Ländern. Selbstfahrende Autos könnten laut der bisher größten globalen Verbraucherbefragung zu diesem Thema schon bald zur Realität werden: Knapp 60 Prozent der in Städten lebenden Verbraucher weltweit sind offen für autonomes Fahren.

"Diese Ergebnisse sind eine positive Nachricht für traditionelle Automobilhersteller", sagt Dr. Nikolaus Lang, Senior Partner im Münchner BCG-Büro. "Unsere Auswertungen zeigen: Die Verbraucher erwarten, dass die traditionellen Automobilbauer eine führende Rolle bei der Einführung von selbstfahrenden Autos übernehmen und dass Technologieunternehmen wie Apple oder Google ihr relevantes Know-how dazu beisteuern."

Die von BCG und dem World Economic Forum gemeinsam durchgeführte Untersuchung vermittelt intensive Einblicke in die Akzeptanz selbstfahrender Autos bei Stadtbewohnern weltweit und befasst sich detailliert mit den Einstellungen von Verbrauchern. Am größten ist diese Akzeptanz demnach in Emerging Markets wie China, Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, während sie in den USA und Großbritannien bei ca. 50 Prozent liegt. In Japan und Deutschland ist die Akzeptanz selbstfahrender Autos mit 44 Prozent am geringsten. Gründe dafür sind der Wunsch, jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug zu haben, sowie ein mangelndes Sicherheitsgefühl der Verbraucher in einem autonomen Fahrzeug.

Deutsche Verbraucher erwarten, dass traditionelle Autohersteller die Entwicklung vorantreiben


Die Umfrage zeigt, dass 46 Prozent der Verbraucher – also nahezu jeder Zweite – sich wünschen, traditionelle Autobauer (sogenannte Original Equipment Manufacturers [OEMs) – und nicht Technologiefirmen – würden bei der Entwicklung selbstfahrender Autos vorweggehen. Am größten ist das Vertrauen in traditionelle OEMs bei den Konsumenten in Frankreich, Deutschland und Japan. In dieser Gruppe äußern 69 Prozent eine Präferenz für den Bau derartiger Fahrzeuge im Rahmen einer Partnerschaft zwischen einem OEM und einem Technologieunternehmen. Daneben geht die Mehrheit der Verbraucher davon aus, dass es sich bei selbstfahrenden Fahrzeugen um Elektro- oder Hybridautos handeln wird.

Akzeptanz für selbstfahrende Autos ist hoch, und viele Verbraucher sind bereit, dafür mehr zu bezahlen

Knapp 60 Prozent der Verbraucher geben an, dass sie bereit wären, ein komplett selbstfahrendes Auto zu nutzen. Als Hauptvorteile werden dabei der Entfall von Parkplatzsuche und Einparken sowie eine Zunahme der Produktivität während des Fahrens genannt. 53 Prozent der Verbraucher sagen zudem, dass sie ein komplett selbstfahrendes Auto kaufen würden – das zeigt, dass Konsumenten weltweit ebenso gespannt darauf sind, selbstfahrende Autos auszuprobieren, wie die Verbraucher in den USA: Eine im Januar 2015 von BCG unter 1.500 US-Verbrauchern durchgeführte Befragung ergab, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren jeder zweite Konsument zumindest ein teilautonomes Auto kaufen möchte.

Verbraucher sind bereit, für die Funktionalitäten und die Bequemlichkeit, die selbstfahrende Autos bieten, mehr zu bezahlen. Im Durchschnitt aller untersuchten Länder äußerten mehr als 40 Prozent der Befragten die Bereitschaft, für komplett autonomes Fahren mehr zu bezahlen – die Hälfte davon würde sogar mehr als 5.000 US-Dollar zusätzlich ausgeben. Diese bemerkenswerte Zahlungsbereitschaft bedeutet ein großes Marktpotenzial für OEMs und Zulieferer.

Städte glauben, dass selbstfahrende Autos schon in den nächsten zehn Jahren Realität werden könnten

Die meisten befragten Politikverantwortlichen in Städten erwarten, dass selbstfahrende Autos innerhalb der nächsten zehn Jahre Realität werden. Eine Reihe entsprechender Initiativen und Pilotprojekte befindet sich derzeit weltweit in der Entwicklung. Ziel ist es, besser zu verstehen, wie sich selbstfahrende Autos auf Verbraucher und Städte auswirken werden und wie die Zukunft der städtischen Mobilität einschließlich selbstfahrender Autos aussehen könnte.

"Durch die Befragungsergebnisse erhalten wir wertvolle Einblicke in die notwendige Gestaltung neuer urbaner Mobilitätsmodelle auf Basis selbstfahrender Autos", erklärt Alex Mitchell, Head of Automotive Industry beim World Economic Forum. "Während Städte und Politik diese vor allem als Last-Mile-Lösung in weniger dicht besiedelten Gebieten betrachten, sehen Verbraucher darin eher eine sehr bequeme Form der Mobilität generell."

Sicherheitsbedenken und Angst vor Kontrollverlust müssen noch ausgeräumt werden

Trotz der hohen Akzeptanz auf Seiten der Verbraucher bestehen nach wie vor große Bedenken im Hinblick auf Sicherheit und Zuverlässigkeit. Von den Befragten, die nicht bereit sind, mit einem komplett selbstfahrenden Auto zu fahren, sagen 51 Prozent, sie würden sich in einem solchen Auto nicht sicher fühlen. 45 Prozent geben mangelnde Kontrolle über das Fahrzeug als wichtigsten Hinderungsgrund für eine Nutzung an. Dies bezieht sich sowohl auf die fehlende Möglichkeit, während des Fahrens Einfluss zu nehmen, als auch auf die Gefahr von Cyberattacken.

Die Sorgen der Verbraucher in Bezug auf mangelnde Kontrollmöglichkeiten spiegeln sich auch darin wider, dass nur 35 Prozent der Eltern bereit wären, ihre Kinder in einem selbstfahrenden Auto allein zu lassen, obwohl knapp 60 Prozent der Erwachsenen ein solches Fahrzeug nutzen würden. Ähnlich groß ist die Zurückhaltung bei der Nutzung selbstfahrender Taxis; diese nimmt jedoch ab, wenn hohe Rabatte angeboten werden. Am größten ist die Akzeptanz selbstfahrender Taxis in dicht besiedelten und verkehrsreichen Ländern wie China und Indien.

Die Ergebnisse bestätigen auch frühere Untersuchungen von BCG, die gezeigt haben, dass Hindernisse wie mangelnde Cybersicherheit und fehlende Regulierung von den Akteuren im Bereich des autonomen Fahrens gemeinsam überwunden werden müssen. "Ein konsequentes Absichern der selbstfahrenden Autos gegen Hackerangriffe und das Schaffen eines adäquaten gesetzlichen Rahmens für autonomes Fahren sind Kernvoraussetzungen für die Entwicklung dieser neuen Mobilitätsform", sagt Dr. Antonella Mei-Pochtler, BCG Senior Partnerin in Wien.