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Wahlkampf: DMV sieht Optimierungsbedarf

Mit einer Studie zum Wahlkampf aus Marketingsicht zeigt der Deutsche Marketing Verband deutliche Optimierungspotenziale im laufenden Wahlkampf.
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Gemeinsam mit Julius van de Laar (Kampagnen- und Strategieberater für Unternehmen und politische Organisationen in Strategieprozessen) führte und analysierte Prof. Dr. Ralf E. Strauß (Präsident des Deutschen Marketing Verbands) Experteninterviews mit Wahlkampfteams aus Deutschland und Experten aus anderen europäischen Ländern. Die Ergebnisse zeigen deutliche Optimierungspotenziale in den laufenden Wahlkämpfen.

Fasst man die Studien zum Political Campaigning und die Interviews zusammen, kristallisieren sich mindestens 10 Handlungsmaxime für die politischen Parteien in Europa im Sinne eines „Political Marketing Reboot“ heraus.

1. Brand Management: Parteien müssen sich und ihre Kandidaten als Marken verstehen, die nicht nur zwangsweise aus einer blanken Aufsummierung politischer Positionen resultieren. Dies erfordert ein professionelles Brand Management wie etwa in Konsumgüterunternehmen

2. Political Campaigning: als Teil des Brand Management ist ein Political Campaigning dauerhaft zu etablieren

3. Value Proposition: die Value Proposition als Herzstück einer politischen Agenda ist professionell zu erarbeiten und für verschiedene Zielgruppen und Kommunikationskanäle zu adaptieren und zu kaskadieren

4. Omni-Channel-Management: die Nutzung aller Kommunikations- und Interaktionskanäle ist Pflicht, ebenso wie die 24/7-Reaktion in Echtzeit. Es geht damit nicht um die teilweise programmatisch geführten Diskussionen zwischen Offline (Straßenwahlkampf) vs. Online/Digital, vielmehr geht es darum, zielgruppen- und kontextspezifisch Zielgruppen mit relevanten Inhalten in einem übergeordneten Inhaltskonzept anzusprechen und zu gewinnen

5. Know-how-Aufbau: in Themenfeldern wie Brand Management oder Digital Marketing ist Know-how aufzubauen, das in den politischen Parteien nicht nur auf einzelne Funktionsbereiche begrenzt ist. Konsistenz und Effizienz im Political Marketing erfordert ein breites Fundament an Know-how in der gesamten Parteiorganisation

6. Prozesse & Systeme: interne Organisationsstrukturen und Systeme sind gefordert, die effizient IT-Anwendungen sowohl im Bereich Data Management, Social Media-Management oder auch der Marketing-Automatisierung einsetzen

7. Mikrotargeting & A/B-Testing: auf der Grundlage von Datenanalyse-Systemen und Marketing-Automatisierung sind Inhalte, Bildwelten und Tonalität permanent zu testen und zu optimieren

8. Content Marketing: politische Botschaften sind kanalspezifisch und entlang der Value Proposition im jeweiligen Kontext für unterschiedliche Zielgruppen aufzubereiten. Damit dreht es sich nicht um ein monotones Wiederholen bereits bekannter Aussagen, als vielmehr die profilbasierte Ansprache der Zielgruppe mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten, um sie von der eigenen Partei und den politischen Positionen zu überzeugen und sie als Wähler zu gewinnen oder zu halten. Während bei klassischen Medien und Display-Werbung Inhalte dem Interessenten vornehmlich im „Push“-Verfahren angetragen werden (Outbound), steht im Content Marketing die „Pull“-Wirkung im Fokus (Inbound), d.h. die Aktivierung durch ein höheres medien- und inhaltsspezifisches Involvement

9. Polioptics: Hand-in-Hand mit Content Marketing gewinnen aufmerksamkeitsstarke Bildwelten weiter an Bedeutung. Diese sollten aktuell, authentisch und visuell interessant sein, d.h. es wird jeweils ein Bezug zu inneren Bildern hergestellt und so zu einzelnen Wahrnehmungen, die durch längere Betrachtung verfeinert werden.

10. Change Management: die oben skizzierten Handlungsfelder erfordern ein systematisches Change Management innerhalb der Parteien, über deren jeweilige Funktionsbereiche und Gremien hinweg.