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GEMA Jahreshauptversammlung 2006 in Berlin

Appell an Bundeskanzlerin Merkel: „Urheberschutz nicht nur in China einklagen“
marketing-BÖRSE | 30.06.2006
Die diesjährige Mitgliederversammlung der GEMA am 27./28. Juni 2006 in Berlin steht ganz im Zeichen des Kampfes der Komponisten, Textdichter und Musikverleger gegen urheberfeindliche Regelungen der von der Bundesregierung geplanten Urheberrechtsnovelle. Mit dem Entwurf des „Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ (Korb 2) gefährdet die Bundesregierung den Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung der privaten Vervielfältigung. Die vorgesehenen Regelungen würden zu massiven Einkommenseinbußen der kreativen Musikautoren führen. Allein bei den Vergütungen in Bereich Kopiergeräte (DVD-/CD-Brenner, Bildaufzeichnungsgeräte) wird ein Rückgang von 54,3 Mio. EUR bzw. 58 % erwartet.

Prof. Dr. Jürgen Becker, Sprecher des GEMA-Vorstands, appelliert in seiner Rede vor der Mitgliederversammlung an Bundeskanzlerin Merkel: „Lassen Sie Ihrem beherzten Eintreten für den Schutz des geistigen Eigentums in China Taten in Deutschland folgen! Wer in China die Bedeutung des geistigen Eigentums anmahnt, muss im eigenen Land mit gutem Beispiel vorangehen. Beseitigen Sie deshalb das den Urhebern drohende Unrecht.“

Die Mitglieder der GEMA fordern in einer gemeinsamen Resolution während der Jahreshauptversammlung die Bundeskanzlerin, Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf, „durch gesetzliche Regelungen auch künftig die schöpferischen Menschen als Garanten der kulturellen Vielfalt in Deutschland zu schützen und nicht ihre Existenzgrundlage zu gefährden. Die Interessen der Industrie an der Erzielung wirtschaftlicher Gewinne dürfen nicht höher bewertet werden als der berechtigte Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung.“

Die GEMA konnte auch gegen negative Trends im Musikgeschäft im Geschäftsjahr 2005 gute wirtschaftliche Ergebnisse erzielen. Der in der Jahresbilanz ausgewiesene Gesamtertrag der GEMA von 852 Mio. EUR für Rechteinhaber aus aller Welt stellt indessen nur eine Seite der Situation der Musikurheber in Deutschland dar. Die Schere zwischen omnipräsentem Musikkonsum und geringer Einkommensentwicklung für Autoren ist auch im vergangenen Jahr immer weiter auseinander gegangen. Vorstandssprecher Becker kritisiert, dass insbesondere das prosperierende Geschäft der Musikdistribution im Internet an den Autoren vorbei gemacht wird. Die Ertragszahlen der GEMA sprechen hier eine deutliche Sprache: Im Bereich Online-on-Demand und Websites hat die GEMA 2005 einen Ertrag von 1,4 Mio. EUR erzielt. Ebenso vergleichsweise gering ist das Ergebnis bei den Ruftonmelodien mit 4,1 Mio. EUR in 2005. Jürgen Becker: „Das Verhalten der Lizenznehmer im Online-Bereich macht deutlich, dass es diesen an der Bereitschaft fehlt, den Anspruch der Rechteinhaber auf angemessene Vergütung überhaupt anzuerkennen.“

Zur Mitgliederversammlung der GEMA in Berlin werden unter der Leitung des Komponisten und Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Christian Bruhn mehrere hundert Vertreter der Berufsgruppen Komponisten, Textdichter und Musikverleger erwartet. Die Ehrenmitgliedschaft der GEMA wird an den Erfolgsautor Kurt Hertha (Ich möcht gern an Biersee, Tanze mit mir in den Morgen, Ganz in Weiß) verliehen.

Ehrungen für 50-jährige Mitgliedschaft erhalten u.a. die Komponisten Prof. Frank Michael Beyer, Klaus-Peter Bruchmann, Prof. Dr. Siegfried Matthus und der Verleger Andreas Budde (Edition Primus, Rolf Budde KG).



Verantwortlich:
Dr. Hans-Herwig Geyer, Leiter GEMA-Kommunikation
Telefon: (0 89) 4 80 03-421, Telefax: (0 89) 4 80 03-424, E-Mail: hgeyer@gema.de


Resolution

Das Urheberrechtsgesetz in seiner geltenden Fassung sieht in den §§ 54 Abs. 1, 54a Abs. 1 UrhG einen Anspruch auf angemessene Vergütung für private Vervielfältigung vor. Einschränkungen dieses Anspruchs enthält das Urheberrechtsgesetz nicht. Die Festlegung der Vergütungen für private Vervielfältigung erfolgt durch den Gesetzgeber.
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll künftig die Festlegung der Vergütungen für private Vervielfältigung durch die Betroffenen selbst erfolgen. Hierzu enthält der Entwurf des „Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ (Korb 2) eine Reihe von Kriterien, die den Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung erheblich einschränken werden. Schon dem Grunde nach soll ein Vergütungsanspruch nur noch dann bestehen, wenn ein Gerät oder Speichermedium nur „in nennenswertem Umfang“ zur Vornahme von Vervielfältigungen benutzt wird (§ 54 Abs. 1 des Entwurfs). Hinsichtlich der Höhe der Vergütung bestimmt der Entwurf unter anderem, dass diese so zu bemessen sein soll, „dass sie in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder des Speichermediums steht und deren Absatz nicht unzumutbar beeinträchtigt“ (§ 54a Abs. 4 S. 1 des Entwurfs). Zusätzlich ist eine Höchstgrenze der Summe der Vergütungsansprüche aller Berechtigten für einen Gerätetyp vorgesehen; diese soll 5 % des Verkaufspreises nicht übersteigen (§ 54a Abs. 4 S. 2 des Entwurfs).

In Anbetracht der Tatsache

* dass der unter „Korb 2“ bekannte Regierungsentwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ im Vergleich zur geltenden Gesetzeslage erhebliche Verschlechterungen für die Urheber vorsieht, insbesondere im Bereich der Vergütungsansprüche für private Vervielfältigung
* dass die im Regierungsentwurf vorgesehenen Kriterien zum Bestehen einer Vergütungspflicht dem Grunde nach und zur Ermittlung der Vergütungshöhe nicht geeignet sind, den Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung auch künftig zu sichern
* dass es nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung wegen fehlender Übergangsregelungen kurzfristig zu einem völligen Zusammenbruch des Inkassos für private Vervielfältigung kommen wird

fordern die in der GEMA zusammengeschlossenen Komponisten, Textdichter und Musikverleger die Frau Bundeskanzlerin, die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat dazu auf

* durch gesetzliche Regelungen auch künftig die schöpferischen Menschen als Garanten der kulturellen Vielfalt in Deutschland und Europa zu schützen
* die urheberfeindlichen und in Teilen verfassungswidrigen Regelungen des Gesetzesvorhabens zu korrigieren
* sich der Verantwortung für den Schutz des Urhebers nicht zu entziehen und sicher zu stellen, dass die Urheber in der Lage sind, die Höhe der Vergütungen auf gleicher Augenhöhe mit der Industrie zu verhandeln, und ihnen nicht von Beginn an Beschränkungen aufzuerlegen
* nicht die Interessen der Industrie an der Erzielung wirtschaftlicher Gewinne höher zu bewerten als den berechtigten Anspruch der Urheber auf angemessene Vergütung
* die massiven Einkommenseinbußen für Komponisten, Textdichter und Musikverleger im Bereich der Vergütungen für die private Vervielfältigung zu verhindern
* das falsche politische Signal zu verhindern, das entsteht, wenn einerseits Bürger dazu aufgerufen werden, durch ihre persönliche Kreativität die wirtschaftliche Krise unseres Landes zu bewältigen, und andererseits gerade diejenigen geschädigt werden, die mit ihrer schöpferischen Kraft erst alle weiteren Stufen der Wertschöpfungskette auf dem Gebiet der Musik-Kultur ermöglichen
* das fortschreitende Missverhältnis zwischen qualitativ und quantitativ ansteigender Musiknutzung und stagnierender Entlohnung der Urheber nicht zu verschlimmern, sondern aufzuheben.

Berlin, 28. Juni 2006
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