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BGH erlaubt den Weiterverkauf von gebrauchter Software nach den Regeln des EuGH

susensoftware | 18.07.2013
Herzogenrath, 17. Juli 2013. - Im Juli 2008 sorgte das OLG München (OLG, Az. 6 U 2759/07) für erstauntes Kopfschütteln bei vielen IT-Experten und Fachanwälten: In einer abschließenden Entscheidung wurde der Handel mit gebrauchter Software für unzulässig erklärt, eine Revision grundsätzlich ausgeschlossen: „Die Rechtslage ist klar und eindeutig und bedarf weder einer Bestätigung durch den EuGH noch durch den BGH“. Die Gesetzeslage sei durch das geltende Urheberrecht geklärt, sodass weitere Diskussionen und Verhandlungen überflüssig seien. Fünf Jahre und mittlerweile zwei Gerichts-Instanzen später hat uns der EuGH erklärt, wie man mit gebrauchter Software umzugehen hat.

„Dass der Fall auf europäischer Ebene verhandelt wurde, zeigt, wie wichtig das Thema Software für die moderne Wirtschaft angesehen wird“, so Axel Susen, Geschäftsführer von susensoftware. „Ohne Software funktionieren ganze Branchen nicht mehr. An diesen Stellenwert der Software müssten die Rechte der Anwender angepasst werden.“ Hintergrund ist, dass unser Urheberrecht aus einer Zeit stammt, in der Güter zumeist in körperlicher Form vorlagen. Da heutzutage immer mehr Güter nur in digitaler Form vorliegen, müssen die Rechte hier überdacht werden.

Seit 2005 streitet der amerikanische Softwarekonzern Oracle mit einem deutschen Händler für gebrauchte Software über die Abwicklung und das Recht zum Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen.

Der EuGH führte in seinem Urteil aus, dass der Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht nur dann gilt, wenn der Urheberrechtsinhaber die Kopien seiner Software auf einem Datenträger (CD-ROM oder DVD) vermarktet, sondern auch dann, wenn er sie durch Herunterladen von seiner Internetseite verbreitet. In seinen Erläuterungen stellt der EuGH Regeln für den Weiterverkauf von Software auf. Stellt der Softwarehersteller seinem Kunden z.B. eine Kopie zur Verfügung, und schließt er gleichzeitig gegen Zahlung eines Entgelts einen Lizenzvertrag, durch den der Kunde das unbefristete Nutzungsrecht an dieser Kopie erhält, so verkauft er diese Kopie an den Kunden und erschöpft damit sein ausschließliches Verbreitungsrecht. Somit kann sich der Rechteinhaber dem Weiterverkauf dieser Kopie nicht mehr widersetzen.

Wie verhält sich nun der 1. Senat des BGH bei der Umsetzung des EuGH Urteils in deutsches Recht?

Verhandlungstermin: 17. Juli 2013 9:00 Uhr
Der vorsitzende Richter Joachim Bornkamm des BGH in Karlsruhe hat bei der Verhandlung klar zum Ausdruck gebracht, dass das EuGH Urteil nicht seinen Erwartungen entsprach: „Das EuGH hat sich über die dogmatischen Grenzen des Urhebergesetztes hinweg gesetzt.“ Entsprechend schien der klagende Software-Hersteller Oracle den Antrag gestellt zu haben, dass EuGH Urteil nicht zu akzeptieren und eine erneute Vorlage zu fordern. Der Senat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vorgaben des EuGH befolgt werden.

Weiterhin konnten die am BGH zugelassenen Rechtsanwältinnen ihre Plädoyers vortragen. In der Erörterung wurde klar, dass der Softwarehersteller Oracle unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Zweitverwertung seiner Software-Produkte nicht davon ausgeht, dass die wirtschaftliche Entlohnung beim Erstverkauf ausreichend gewesen sei. Dies schien den Richter aber nicht zu kümmern.

Der Streit zwischen Software-Hersteller und Gebrauchtsoftware-Händler trifft mittlerweile auf immer mehr Interesse. Der Saal war voll besetzt, es mussten zusätzliche Sitzgelegenheiten geschaffen werden. Andere Software-Hersteller beobachten das Verfahren genau, was die Anwesenheit von Anwälten der SAP erklärt. Microsoft Vertreter waren sicher auch vorort. Die ARD hatte ein Fernsehteam geschickt.

Kommentar
Axel Susen, Geschäftsführer von susensoftware, berichtet von seinen Eindrücken. „Auch wenn es dem Senat sichtbar schwer gefallen ist, so bin ich doch froh, dass die Richter die Vorlagen des EuGH akzeptieren und übernehmen. Nachdem der Senat fast ein Jahr für die „Übersetzung“ des EuGH Urteils in das Verfahren benötigte, hatte ich befürchtet, dass dem Softwarehersteller ein Hintertürchen angeboten würde, um den Verkauf von gebrauchter Software zu verhindern.“

Tenor in der Sache I ZR 129/08 (17. Juli 2013 18:00 Uhr)
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts München vom 3. Juli 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
susensoftware
Über den Autor: susensoftware

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