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Datenschutz bei Werbung und Adresshandel

Ende der Übergangsregelung oder viel Lärm um nichts?
Jens Eckhardt | 23.10.2012
Am 31.08.2012 endete die Übergangsfrist für Regelungen zur Werbung und Adresshandel im BDSG. Nach der Übergangsregelung durften für Werbung und Adresshandel bis zum 31.08.2012 die Regelungen weiterhin angewendet werden, die vor der BDSG-Novelle II – also vor dem 01.09.2009 – galten.
Vielerorts ist zu lesen, dass es damit zu einer Verschärfung der Regelungen für die Werbung kommt. Stimmt das oder ist das viel Lärm um nichts?

Übergangsregelung – Für welche Werbung galt überhaupt eine Übergangsregelung?

Tatsächlich war nach der Übergangsregelung in § 47 BDSG die „Reichweite“ der Übergangszeit recht begrenzt:

• Die Übergangsregelung galt nicht für § 29 BDSG. Damit bestand für die „professionellen Adresshändler“ keine Übergangszeit. Für sie galten die „neuen“ Regelungen direkt ab dem 01.09.2009.

• Im Übrigen galt die „alte“ Regelung § 28 BDSG auch nur für Daten, die vor dem 01.09.2009 erhoben oder gespeichert worden waren. Die Regelung galt damit nur für „Altbestände“ fort. In der Praxis grenzte dies die Anwendbarkeit der Alt-Regelung unter zwei Gesichtspunkten stark ein: Kann zwischen den Datenbeständen aus der Zeit vor dem 01.09.2009 und denen danach in der Praxis tatsächlich wirtschaftlich vernünftig getrennt werden? Wann ist ein „alter“ Datensatz durch Aktualisierung und/oder Ergänzungen zu einem neuen geworden?

Unverändert blieb auch durch die Neuregelung, dass Werbung sowohl ohne Einwilligung im gesetzlichen Rahmen der §§ 28, 29 BDSG als auch mit Einwilligung gemacht werden darf. Dieser Grundsatz ergab und ergibt sich aus § 4 Abs. 1 BDSG.

(Neu-)Regelung der Werbung ohne Einwilligung


§ 28 Abs. 3 Sätze 2 bis 7 BDSG regeln im Kern drei Konstellationen der Werbung ohne Einwilligung:

• Sog. Listenprivileg nach § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 und Satz 6 BDSG in drei Variationen: sog. Eigenwerbung (Abs. 2 Satz 2 Nr. 1), sog. Geschäftswerbung (Abs. 3 Satz 2 Nr. 2) und sog. Spendenwerbung (Abs. 3 Satz 2 Nr. 3)

• Übermittlung von sog. Listendaten zur Werbung durch Dritte (Abs. 3 Satz 4)

• Sog. Beipack- und Empfehlungswerbung (Abs. 3 Satz 5)

Nicht neu ist allerdings, dass auch die Vorgaben des § 7 Abs. 3 UWG zu beachten sind. Der Anwendungsbereich des § 28 Abs. 3 BDSG war daher praktisch auch bereits vor der BDSG-Novelle II und damit auch vor Auslaufen der Übergangsfrist durch [b]§ 7 Abs. 3 UWG beschränkt auf Telefon gegenüber Nicht-Verbrauchern und Briefpostwerbung.[/b] Diese Beschränkung kommt also nicht erst durch das Auslaufen der Übergangsfrist.

(Neu-)Regelung der Werbung ohne Einwilligung


Durch die BDSG-Novelle II sind neue Anforderungen an die „Werbe-Einwilligung“ durch § 28 Abs. 3 Satz 1, Abs. 3a und Abs. 3b BDSG geschaffen worden.
Durch § 28 Abs. 3 Satz 1, Abs. 3a BDSG wurden „Formerfordernisse“ vorgesehen: schriftliche Einwilligung oder schriftliche Bestätigung der Einwilligung gegenüber dem Betroffenen oder elektronische Einwilligung.

Durch § 28 Abs. 3b BDSG wurde das sog. Kopplungsverbot explizit ins BDSG eingeführt. Danach ist es – vereinfacht gesagt – unzulässig, den Abschluss eines Vertrags von der Einwilligung in Werbung abhängig zu machen, wenn der Betroffene keinen zumutbaren alternativen Zugang zu dieser Leistung ohne Werbe-Einwilligung hat (sog.).

Diese neuen Regelungen hängen aber nicht von der Übergangsfrist bis zum 31.08.2012 ab, da die Regelungen für nach dem 01.09.2009 erhobene oder gespeicherte Daten ohnehin bereits seit dem 01.09.2009 zur Anwendung kommen.

Für bereits vor 01.09.2012 erhobene „Altdaten“ lässt sich gestützt auf Art. 170 EGBGB argumentieren, dass sie auch nach dem Auslaufen der Übergangsfrist wirksam bleiben. Denn sie sind im maßgeblichen Zeitpunkt – also der Erteilung der Einwilligung – wirksam erteilt worden. Eine spätere gesetzliche Änderung macht davor erfolgte rechtsgeschäftlich wirksam erteilte Erklärungen nicht automatisch unwirksam. Der Vollständigkeit halber ist allerdings darauf hinzuweisen, dass scheinbar abweichende Meinungen vertreten werden, wonach nur noch entsprechend vorstehender Vorgaben eingeholte Einwilligungen wirksam sein sollen. Dies kann jedoch nicht überzeugen.

Anzumerken ist auch, dass vernünftigerweise die schriftliche Bestätigung nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung einer Einwilligung in Werbung verstanden werden kann. Zunächst ist schon dem Gesetzgebungsverfahren nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber dies zur Wirksamkeitsvoraussetzung machen wollte. Außerdem wäre dies praktisch nicht systemwiderspruchsfrei handhabbar. Denn bei einer mündlichen Einwilligung in Telefonwerbung müsste dann die Anschrift erhoben werden, um die schriftliche Bestätigung zuzusenden; das ist paradox in Bezug auf den Grundsatz der Datensparsamkeit (§ 3a BDSG). Auch andere Fragen sind ungelöst: Was ist, wenn der Betroffene in diesem Fall – verständlicherweise – eine falsche Anschrift angibt und ihn daher die Bestätigung nie erreicht? Was ist, wenn die Bestätigung auf dem Postweg verloren geht? Kurzum: Die schriftliche Bestätigung kann nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Einwilligung betrachtet werden und findet ihre Grenze im Grundsatz der Datensparsamkeit.

Fazit

„Ende der Übergangsfrist“ klingt spektakulärer als das Ereignis tatsächlich ist. Denn defacto haben die „neuen“ Regelungen bereits weitgehend Anwendung gefunden oder die Übergangsregelung bzw. deren Ende spielt keine Rolle.

Das Ende der Übergangsfrist sollte aber dennoch dazu genutzt werden, die Werbung nochmals datenschutzrechtlich zu hinterfragen. Denn jedenfalls in der öffentlichen Wahrnehmung erlangt die (vermeintliche) Verschärfung aktuell Relevanz.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat zu diesem Thema eine Broschüre veröffentlicht: http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Infobroschueren/Adresshandel.pdf;jsessionid=B6F0765E5430AF52EE1E022E24BB5729.1_cid134?__blob