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Intime Details von DB und Lufthansa

Wollen Kunden so genau wissen, worüber und über wensich Zugführer und Piloten bei Verspätungen ärgern? Auf ein professionelles Standing kommt es an.
Gaby S. Graupner | 19.06.2013
Mehr als zwei Milliarden Reisende waren 2012 mit der Deutschen Bahn unterwegs. Immer mehr Fahrgäste und Milliardengewinne – bei der Bahn läuft es rund. Zumindest wirtschaftlich. Auf den Reisestrecken ist das nicht immer der Fall. Es gibt täglich viele Gründe, warum die Züge zu spät ankommen oder plötzlich andere Routen fahren. Dabei lassen die Zugführer mit intimen Details hinter die Kulissen blicken. Wollen Sie als Reisender das?

Ich sitze gerade im Zug – mein Wunsch: nach Darmstadt zu fahren. Wegen Personenschadens, erfahre ich in Heidelberg, geht das nicht; an sich eine tragische Sache. Ich habe Verständnis und bin geduldig. Per Durchsage kommt die Auskunft, ich soll bis Frankfurt fahren und die Fahrgäste, die nach Bensheim und Co. wollen, sollen jetzt aussteigen. Kaum sind die draußen, heißt es: Kommando zurück. Der Zug fährt doch nach Darmstadt und Bensheim und Co. Fünf Minuten später, Kommando erneut zurück. Bensheim und Co. werden nicht angefahren, die Fahrgäste nach Darmstadt sollen bis Frankfurt sitzen bleiben.

Nun könnte man sich schrecklich über das Hin und Her aufregen – muss man aber nicht. Als Vertriebstrainerin fällt mir etwas ganz anderes auf – immer mehr Zugführer, also Angestellte der Bahn, lassen die Fahrgäste an ihrer Unsicherheit über die Streckenführung oder Ausfälle von Anschlusszügen oder die Dauer eines ungeplanten Halts auf der Strecke des Zugverkehrs teilhaben. Es fallen Sätze wie: „Ich weiß auch nicht, wann es weitergehen wird“. „Ich verstehe nicht, warum die Streckenführung sagt, wir können fahren, aber die Zentrale sagt, wir können nicht fahren.“ Aber das ist nicht nur bei der Bahn so, dasselbe habe ich in letzter Zeit auch bei der Lufthansa bemerkt.

Das letzte Ereignis: Der Flieger fliegt 60 Minuten später als geplant, weil die Crew nicht zu finden ist. Darüber kann man sich ärgern – muss man aber nicht. Doch auch hier: Die Fluggäste werden über die Verwunderung des Bodenpersonals bis ins Kleinste informiert – und später schlägt der Flugkapitän in dieselbe Kerbe mit dem Satz: „Nachdem die Crew endlich das Flugzeug gefunden hat, werden wir jetzt so schnell als möglich unsere Startposition einnehmen. Aber, um auch eine Lanze über die Lufthansa zu brechen, der Fehler liegt im Bereitschaftsraum, da hat es bei der Übergabe beim Mittagessen wohl ein Missverständnis gegeben“, so der Flugkapitän weiter.

Wollen wir das? Wollen Kunden, Fluggäste und Fahrgäste plötzlich darüber informiert werden, dass die Zugführer, Piloten und das Bodenpersonal über die Verzögerungen auch nicht glücklich sind und nicht loyal zu Ihrem Arbeitgeber stehen?

Da keiner der Informationsgeber geschult ist, sind alle Sätze sehr menschlich, aber nicht professionell. Man hat etwas Mitleid mit den Absendern der Worte. Aber vergisst man darüber seinen persönlichen Ärger über das Chaos oder die Verspätung? Ist das das Ziel? Funktioniert es?

Ich persönlich lehre ein professionelles Standing nach außen. Weiß der Mitarbeiter im ersten Moment nicht, was die Ursache der Verzögerung ist, kann die Aussage folgendermaßen lauten: „Ich kläre die Situation für Sie, sobald ich konkrete Informationen habe, melde ich mich wieder. Spätestens in 10 Minuten erhalten Sie einen Zwischenbescheid.“ Die Zeitangabe sollte zur Situation passen.

Oder für das Beispiel von oben:

… „Wir werden jetzt über Frankfurt fahren, Fahrgäste nach Bensheim und Co. bitte aussteigen.“ Die Situation 5 Minuten später: „Neue Erkenntnisse veranlassen uns dazu, doch zur ursprünglichen Streckenführung zurückzukehren, das bedeutet für Sie, Sie können beruhigt sitzen bleiben.“ Bitte entschuldigen Sie die Verwirrung.

Dabei ist es wichtig, neue Tatsachen mit einem Nutzen (Vorteil) zu verbinden. Aber in der Aussage sehr sachlich zu bleiben. Die Anleitung hierfür lautet:

1) Was ist passiert?
2) Was bedeutet das für den Kunden?
3) Was ist die gute Nachricht?
4) Eine Entschuldigung mit einbauen.

DB und Lufthansa machen das nicht – dabei geht es mir nicht um Polemik oder eine gute Möglichkeit, ein Fass der Unzufriedenheit über diese beiden Firmen auszuschütten, mir geht es darum herauszufinden, was Sie, liebe Leser, als Kunde wollen.

Helfen Sie mir dabei? Was erwarten Sie? Hier geht es zu einer kurzen Umfrage (1 Min.)

Ihre

Gaby S. Graupner