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Die 7 größten Fehler im Feedback-Prozess

Eine launische Reise durch die Fehler, die durch den unbedingten Willen von Kundenbewertungen entstehen mitsamt Empfehlungen an genervte Kunden.
Bernhard Keller | 18.12.2017

Kundenorientierung wird allen Halben gepredigt, deutlich weniger gelebt, dafür aber umso stärker gemessen. „Das Bewerten von allem, was wir nutzen und sehen, ist fast so üblich geworden wie Zähneputzen. Als gehöre Notenverteilen zu unserer Verbraucherpflicht“, so war erst kürzlich in DIE ZEIT zu lesen (Sandra Danicke, DIE ZEIT Nr. 44 v. 26.10.2017, S. 56). Es nervt offensichtlich, nach jedem Online-Einkauf eine E-Mail zu erhalten, in der nach der Zufriedenheit gefragt wird. Und oft fliegt die E-Mail schon ins Mailverzeichnis, da liegt das Produkt noch nicht einmal auf dem Wohnzimmertisch. Was läuft falsch im Prozess des doch eigentlich selbstverständlichen Nachfragens nach der Zufriedenheit? Macht ein guter Kellner im Restaurant doch auch. Seit die Digitalisierung den letzten Winkel menschlichen Zusammenlebens und Wirtschaftens durchdrungen hat, können fast alle Kommunikationsprozesse in Echtzeit und automatisiert erfolgen. Das führt leider dazu, dass einmal eingerichtete Routinen selten überprüft werden. Automatisiert sind in der Regel • die personalisierte Erfassung und Adressierung von Personen • die Erfassung des Kontaktpunktes und Anlasses, • der Versand des Kontaktimpulses, • die Gestaltung des Fragebogens, • die Erinnerung an das noch ausstehende Urteil, • die Datenverarbeitung und -visualisierung, Was geht schief? Hier eine Auswahl an Fehlern im Feedback-Prozess – und wie man als Kunde am besten damit umgeht: 1. Der Besteller ist nicht der Nutzer oder Empfänger Das kleinste Übel. Kann der Lieferant ja nicht wissen. Er könnte aber nachfragen – das wäre nur eine Frage zu Beginn der Kommunikation. Kostet aber – was wohl den Absendern das Geld nicht wert ist. Delete ist einfacher als ärgern – Sie sind ja auch nicht der Adressat. 2. Fragebogen wird geschickt, bevor der Nutzer das Produkt erhalten / genutzt hat. Der Balanceakt zwischen zeitlicher Nähe zur Bestellung und Erinnerungsvermögen des Empfängers. Selbstverständliches wird gerne vergessen – oder ist kaum zu beurteilen. Was sollen Sie auch anklicken, wenn Sie im Webshop einen Artikel ausgewählt und ihre Kontakt- und Kontodaten hinterlassen haben? Dass in den Formularen auch die Buchstaben erschienen sind, die Sie eingegeben haben? 3. Fragebogeninhalt passt nicht zum Anlass Geschieht ab und an – besonders wenn die Kommunikation komplexer wird. Ich hatte meinen Mobilfunkvertrag gekündigt, daraufhin mehrere SMS mit der Bitte um Feedback erhalten – und ignoriert. Dann kam eine SMS mit der Frage, ob ich in der Zwischenzeit einen Anruf zur neuen Tarifgestaltung erhalten hätte. Hatte ich nicht und auf meine Antwort: „welcher Anruf“ kam die Systemmeldung „Wir können Ihre Antwort nicht verarbeiten – bitte drücken Sie 1 oder 2“. Löschen ist die bessere Option. 4. Fragebogen enthält Pflichtfragen Sie sind ein wertgeschätzter Kunde, dessen Feedback hilft, die Prozesse zu optimieren? Sie würden auch gerne die mitunter ausufernden Fragebögen beantworten? Aber Sie können zur gestellten Frage keine Antwort geben – oder die vorgegebenen Antworten treffen nicht Ihr Urteil? Sie MÜSSEN nun aber eine Antwort geben, sonst dürfen Sie nicht weitermachen. Klicken Sie irgendetwas. Nicht abbrechen, das wäre fatal, dann käme der Absender ja vielleicht auf die Idee, dass der Fragebogen an dieser Stelle nicht funktioniert. Hätte er auch vorher merken können, dafür gibt es Pretests und Marktforscher, die ihren Job beherrschen. Automaten oder 08/15-ITler können das nicht. Klicken Sie also irgendetwas und machen Sie so weiter – immer irgendetwas klicken. Mangelnder Wertschätzung und Respektlosigkeit eines Absenders kann man nur mit Nonsense begegnen. 5. Fragebogen enthält Fragen, die für die Beurteilung nicht notwendig sind Einfach nicht beantworten – oder schnell abbrechen. Kommunikativer Voyeurismus dient nur dem Datensammeln und sicherlich nicht Ihren Interessen. 6. Fragebogen enthält Details zu Personen, die den Befragten zum Kontrolleur / Supervisor erheben Klären Sie Probleme, die Sie mit Personen haben, mit diesen selbst. Schließlich haben Sie doch auch mal einen schlechten Tag. Oder gehören Sie auch zu denen, die sich nicht trauen, einem Menschen ins Gesicht zu sagen, dass Sie mit seiner Kommunikation oder seinem Verhalten nicht zufrieden waren – und warum? Die dann lieber hintenherum anschwärzen, weil das bequemer ist? Denken Sie vorher daran, dass es auch einmal Sie treffen könnte – und unterdrücken den Blockwart in sich. 7. Erhalt von Feedbackbögen ist übermächtig Leider haben manche Absender den Restriktionsknopf in der Adressierautomatik noch nicht entdeckt. Dann sind mehrfache Zusendungen die Folge. Delete ist die beste Lösung. Sie finden, ich sei unfair und zu hart in meinen Urteilen? Gute Feedbackprozesse kosten Geld, schlechte die Reputation, weil sie die Kunden nerven. Wenn Sie kein Geld für einen kundenorientierten Feedbackprozess investieren wollen, dann fehlt die Kompetenz im Gestaltungsprozess. Folglich sollten Sie Kundenorientierung auch nicht vor sich hertragen. Kunden merken schnell, wenn die Wertschätzung fehlt, sie also nur benutzt werden. Dann ist Subversion die legitime Gegenwehr. Sie wollen mehr wissen? Weitere Informationen gibt es im Buch Touchpoint Management.