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Das Unterbewusstsein: Ungenutztes Potenzial im E-Commerce

Eine Studie belegt, dass Webseiten, die auf unterbewusste Verhaltensmuster optimiert sind, eine bessere Conversion Rate haben.
elaboratum GmbH | 08.08.2018
© elaboratum GmbH
 
Eine neue Studie von elaboratum mit 2.400 Teilnehmern zeigt: Wer seine Webseite auf emotionale und intuitive Entscheidungsfaktoren optimiert, verbessert die Conversion-Rate mitunter erheblich. Doch der E-Commerce lässt dieses Potenzial erstaunlicherweise weitgehend ungenutzt. Kaum eine Webseite spricht unbewusste Verhaltensweisen richtig an. Dabei ist bekannt: Der Mensch ist kein rationales Wesen. 95% seiner Entscheidungen trifft er mit seinem intuitiven Entscheidungssystem – das gilt auch für Online-Käufe. Dort werden Webseiten jedoch derzeit für lediglich 5% des Kundengehirns optimiert – ausgehend von der bewiesenermaßen falschen Annahme, Besucher würden streng rational entscheiden. elaboratum hat die Wirkung unterbewusster Verhaltensmuster analysiert und stellt die erfolgreichsten Hebel für eine bessere Conversion im Online-Shopping vor.

Alle Menschen besitzen zwei Entscheidungssysteme: ein rationales und ein intuitives. Erstaunlich: Der Großteil aller Entscheidungen wird von unserem intuitiven Entscheidungssystem gefällt und läuft damit unbewusst ab. Je komplexer die Entscheidungen sind, die wir treffen, desto mehr setzen wir auf unser Bauchgefühl. Die grundlegenden Ablaufpläne für diese intuitiven Entscheidungen sind die so genannten „Behavior Patterns“, die wir alle in uns tra-gen.

elaboratum hat Anwendungsszenarien untersucht, wie reale Produktwebseiten auf den Einsatz von Triggern, die Behavior Patterns aktivieren, optimiert werden können und die Ergebnisse in einer aktuellen Studie veröffentlicht. Studienautoren sind die elaboratum-Berater Philipp Spreer und Rouven Klein. Die repräsentative Untersuchung zeigt, wie die Optimierung auf Patterns wirkt, und welche Conversion-Hebel sie besitzt. Die Studie belegt anhand zahlreicher Beispiele: Mit dem Einsatz von Behavior Patterns lässt sich das digitale Nutzerverhalten im Sinne einer besseren User Experience (UX) und höheren Conversion-Rate aktiv beeinflussen.

Behavior Patterns machen Produktseiten attraktiver, überzeugender und abschlussstärker


Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Behavior Patterns an mehreren Stellen entlang des Sales-Funnels im E-Commerce positiv auf die UX und Conversion-Rate der optimierten Seite einwirken:

• Der Einsatz von Behavior Patterns macht Produktseiten attraktiver und überzeugender: Die Bereitschaft, sich auf der Seite informieren zu wollen, stieg durchschnittlich um 6,4%. Gestalterische Attraktivität und Überzeugungskraft korrelieren zudem er-staunlich eindeutig miteinander.

• Behavior Patterns zahlen nicht nur positiv auf die Überzeugungskraft der Website ein, sondern auch auf die Kaufabsicht der Nutzer: Die Conversion-Rate erhöhte sich im Durchschnitt um 9,4%. Vor allem bei Kunden ohne initiales Kaufinteresse ist die Kaufabsicht gestiegen.

• Behavior Patterns wirken unbewusst: Der Business Value steigt unabhängig davon, ob eine modifizierte Seite besser bewertet wurde oder nicht – und das durchschnittlich um 23,4%.

Die TOP 5 der wirkungsstärksten Behavior Patterns


1. Decoy Effect: Müssen sich Menschen zwischen einer günstigeren Option A und einer teureren Option B entscheiden, wählen sie zumeist die günstigere Alternative. Kommt allerdings eine dritte, deutlich teurere Option C hinzu, kann das die Entscheidung für Option B erleichtern. Option C ist der unattraktive Decoy („Köder“), der in Preis oder Leistung so stark von Option B abweicht, dass diese nun attraktiv erscheint.

2. Hobson‘s +1 Choice Effect: Die Hobson‘s Choice ist eine Wahl mit nur einer Option: entweder der Käufer wählt diese Option oder gar nichts („Take it or leave it.“). Im Fall einer Hobson‘s +1 Choice kommt eine zweite Wahlmöglichkeit hinzu, die allerdings das gleiche Ziel verfolgt, nämlich den Käufer zum Kaufen zu bringen. Beispiel: es gibt nicht nur einen Link „Jetzt kaufen“, sondern auch einen zweiten Link „In den Warenkorb legen“. Da die Dimension Nicht-Kaufen in den beiden Optionen nicht dargestellt wird, erhält sie dementsprechend weniger Aufmerksamkeit.

3. Authority: Wir haben die Tendenz dazu, Autoritäten Glauben zu schenken. Empfehlungen von Experten, Vertrauenssiegel oder der eigene Expertenstatus können als Autoritäten wirken und den Käufer von der Qualität überzeugen und zum Kaufen be-wegen. Der Einsatz solcher Autoritäten auf Webseiten steigert das Vertrauen und die Kaufbereitschaft der Käufer.

4. Social Proof: Fällt uns eine Entscheidung schwer, stellen Handlungen anderer Menschen eine gute Orientierung dar. Ob Individuen (Experten, Testimonials, Influencer), das Kollektiv aus anderen Kunden bzw. Nutzern oder beispielsweise Test-Institute: Sind wir unsicher, glauben wir, dass andere Personen, die sich bereits entschieden haben, in dieser Situation mehr spezifisches Wissen haben, aufgrund dessen sie eine fundierte Entscheidung treffen konnten. Das wahrgenommene Risiko der eigenen Entscheidung erscheint somit gesenkt.

5. Endowed Progress Effect: Unser Gehirn möchte unvollständige Aufgaben gerne vollenden. Wenn Menschen durch einen künstlich geschaffenen Fortschritt schon näher ans Ziel gebracht wurden, steigt ihre Motivation, das Ziel zu erreichen. Werden beispielsweise bei einem Bonussystem erste Punkte oder Stempel geschenkt, steigert das die Loyalität der Kunden. Beim Online-Shopping lässt sich dieser Effekt beim Check-Out Prozess nutzen. Zeigt der Fortschrittbalken schon beim ersten Schritt einen Fortschritt an, erhöht das unsere Motivation, den Prozess auch zu beenden.

Beim Einsatz von Behavior Patterns auf Websites geht es jedoch keineswegs um Nutzer-Manipulation, die schnelle Abschlüsse garantiert. Behavior Patterns funktionieren auch nicht als Blaupause, sondern wirken sehr individuell und kontextabhängig. Unternehmen, die Behavior Patterns einsetzen wollen, müssen vorher genau ihre Zielgruppen kennen und verstehen. Zu verinnerlichen, dass Menschen sich zwar unbewusst, aber auf Basis von klar definierten Mustern entscheiden, hilft jedoch, den kognitiven Aufwand der Nutzer zu verringern und den Online-Einkauf zu einem angenehmen Erlebnis werden zu lassen: Studien-Autor Philipp Spreer betont:

„Das intuitive Entscheidungssystem auf Websites zu bedienen heißt nicht, Menschen zu manipulieren. Es geht darum, aktuelle Insights aus Psychologie und Neurowissenschaften für eine bessere UX zu nutzen. Wenn Menschen intuitiv handeln können, ohne zum Nachdenken gezwungen zu werden, führt das fast unweigerlich zu einer höheren Conversion-Rate. Das Motto für den Einsatz von Behavior Patterns im E-Commerce lautet daher: ‚Führen ohne Manipulieren‘.“


Über die Studie: Über 2.400 Nutzern wurden im A/B-Verfahren Original- und mit Behavior Patterns abgewandelte Website-Beispiele vorgelegt. Über Webtracking-Methoden wurde das Nutzerverhalten analysiert und darüber hinaus eine detaillierte Analyse der Nutzerwahrnehmung und gefühlten Kaufwahrscheinlichkeit der jeweiligen Variante auf Basis eines standardisierten Fragebogens vorgenommen. Eine Kombination der generierten Ergebnisse mit den Webtracking-Daten wurde abschließend einer Experten-Evaluation unterzogen.