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E-Commerce mit Sprachassistenten

Die Möglichkeiten, aber auch die Anforderungen für Sprachassistenten im E-Commerce sind vielfältig. Das betrifft SEO, Kaufvorgänge und Datenschutz.
© Unsplash / Andres Urena
 

Von Johannes von Puttkamer und Prof. Dr. Christopher Zerres „Wie kann ich behilflich sein?“ „Alexa, wie wird das Wetter am Wochenende in Berlin?“ Diese Art der Konversation lässt sich weltweit in Wohnzimmern beobachten. Neu ist hierbei, dass diese Unterhaltung nicht zwischen zwei Personen, sondern einer Person und einer Maschine ausgeführt wird. Die Rede ist von Sprachassistenten, die in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erfahren haben und auf immer mehr Geräten genutzt werden [1]. Unternehmen wie Amazon, Google oder Apple setzen ihre Sprachassistenten u. a. in Geräten wie Fernsehern, Smartphones oder smarten Lautsprechern ein und versuchen sie in den Wohnungen der Konsumenten dauerhaft zu etablieren, damit diese eine Vielzahl von Aufgaben für die Nutzer erfüllen. Gerade der Verkauf von intelligenten Lautsprechern, auch genannt Smart Speaker, ist in den letzten zwei Jahren weltweit sehr stark angestiegen [2]. Diese Geräte gewährleisten erstmals eine non-visuelle und damit rein sprachliche Kommunikation zwischen Nutzer und Sprachassistent. Auch wenn das Aufgabenspektrum von Sprachassistenten bis heute noch relativ beschränkt ist, kann ein stetiges Wachsen in der Entwicklung von Befehlen für immer mehr Aufgaben beobachtet werden [3]. Es ist jedoch absehbar, dass Sprachassistenten eine immer wichtigere Unterstützung im Tagesablauf einnehmen und die Durchführung von alltägliche Aufgaben effizienter und angenehmer gestalten werden. In diesem Beitrag stellen wir anhand der Phasen des Kaufprozesses im E-Commerce verschiedenen Möglichkeiten und Anforderungen an Sprachassistenten vor.

Sprache und die akustische Markenführung

Die Sprache und die akustische Markenführung müssen für alle Schritte im Kaufprozess verschiedenen Anforderungen gerecht werden: • Die Gewährleistung einer natürlichen Stimme • Vorgegebene Befehlserklärungen durch Beispiel-Sätze zur besseren Übersicht über die Interaktionsmöglichkeiten innerhalb einer Shopping Skill • Die Beantwortung komplexer Anfragen durch den Einsatz einer sinnvollen Verschlagwortung • Eine geeignete Limitierung der Informationen • Die Vermeidung von unterschiedlichen Ansprachen durch individualisierte Stimmen, Geräuschkulissen oder Sound Icons pro Anbieter bzw. Shopping Skill • Die Etablierung von allgemein verständlichen Befehlen.

Vorkaufphase

In der Vorkaufphase des Kaufprozesses sind die proaktive Bedürfniserkennung, die Voice Assistant SEO, das Suchmaschinenmarketing, bezahlte Werbeformate, das Content Marketing, die Aufbereitung von Angeboten, Marketingmaßnahmen innerhalb einer Shopping Skill und die Möglichkeiten zur Evaluierung von Kaufalternativen sowie der Warenkorb von großer Relevanz. Für eine erfolgreiche proaktive Bedürfniserkennung gilt erstens die Integration einer Funktion, um wiederkehrende Bestellungen automatisch ausführen zu können, als sinnvolle Anforderung an die eigene Shopping Skill. Zweitens bietet sich der Einsatz von Push-Benachrichtigungen an, die auf bisher vom Nutzer nicht bedachte Angebote hinweisen und die dem Nutzer in der aktuellen Situation hilfreich sein können, wie z. B. der Vorschlag einer Regenjacke für anstehende Regentage. Für Online-Händler sind bezüglich Voice Assistant SEO u. a. folgende Maßnahmen interessant: • Longtail-Anfragen mithilfe von zuvor definierten Key Sentences einbeziehen • W-Fragen des Nutzers einbeziehen • Antworten kompakt und hilfreich ausgestalten und dabei je nach Kontext als ausformulierten Satz oder als Liste ausgeben sowie mit Google- bzw. Amazon-Befehlen kompatibel halten Des Weiteren sollten, obwohl bezahlte Suchergebnisse mit Sprachassistenten derzeit noch nicht möglich sind, erste Richtlinien für ein erfolgreiches auditives Suchmaschinenmarketing erarbeitet werden. Dazu sollten Vermarkter Folgendes beachten: Relevante Frage- und Befehlsworte erkennen und diese zu Key Sentences vervollständigen, Suchintentionen von Nutzern erkennen und mit den passenden Key Sentences zusammenstellen und Anzeigenerweiterungen einsetzen. Darüber hinaus müssen die bisherigen Kontrollkennzahlen neu interpretiert werden, um Erfolge und Misserfolge einzelner Voice-Search-Kampagnen besser analysieren zu können. Nachfolgend sollen die von Google zuvor definierten Suchabsichten angepasst mit Key Sentences sowie für die sprachbasierte Suche im Voice Commerce beispielhaft dargestellt werden [4]: Suchanfragetypen von Google mit beispielhaften Key Sentences für die sprachbasierte Suche im Voice Commerce (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Google 2018, S. 68 ff.; Hövener 2017) Die Aufgabe im Content Marketing sollte, neben der engen Zusammenarbeit mit dem Voice Assistant SEO, vor allem darin bestehen, hilfreiche Inhalte dialogorientiert zu gestalten und durch die damit gewonnene Interaktion die Nutzer in die eigene Shopping Skill Umgebung zu führen. Für eine nutzerfreundliche Aufbereitung der eigenen Shopping Skill und damit zusammenhängenden Marketingmaßnahmen sollten verschiedene Anforderungen erfüllt werden. Hierzu gehören ... • das Vorlesen von Produkteigenschaften auf das Nötigste reduzieren • der Einsatz von Produktbewertungen zur Unterstützung einer Kaufentscheidung • ein sinnvoller Produktkatalog mit Such-und Filterfunktionen • eine automatische Zusammenstellung des Warenkorbs durch eine kontextabhängige sinnvolle Verschlagwortung • ein Abruf der Informationen zu Unternehmen, AGB und Datenschutz zulassen und diese auditiv optimieren • die automatische Anpassung der Shopping Skill auf die eingesprochenen Sprache sowie das Zulassen und Erkennen von unterschiedlichen Formulierungen seitens der Nutzer zu angefragten Befehlen • der Aufbau von Dialogen zwischen Nutzer und Anbieter sowie dem Nutzer im richtigen Anfragemoment mit nützlichen Antworten und Folgefragen zu unterstützen Außerdem sollten dem Nutzer kontextentsprechende Aktionsangebote während des individuellen Suchprozesses vorgeschlagen werden. Push-Benachrichtigungen mit Produktempfehlungen, basierend auf den Kaufhistorien, Aktionsartikeln oder Produktwiederverfügbarkeiten, bieten wiederum Chancen, den Nutzer wieder in die Skill zu führen. Darüber hinaus sollte dem Nutzer der Einsatz von IFTTTs („If This Then Thats“) erlaubt sein, um seine individuellen Kaufabläufe innerhalb der Skill automatisiert anzulegen.

Kaufphase

In der tatsächlichen Kaufphase spielen das E-Payment, das E-Fulfillment und die E-Distribution eine zentrale Rolle. Auch wenn die meisten Käufe derzeit noch direkt über Amazon bzw. Google Express durchführt werden, ist die durch Amazon Pay bzw. Google Pay ermöglichte Kaufdurchführung innerhalb einzelner Shopping Skills nicht zu vernachlässigen. Nutzer stehen diesen beiden Bezahlanbietern zwar noch skeptisch gegenüber, jedoch könnten damit schon bald verkaufsfördernde Maßnahmen in der eigenen Skill ermöglicht werden, wie z. B. Hinweise auf Rabatte, ein kostenloser Versand oder eine einfache Möglichkeit für Wiederholungskäufe. Im Rahmen des E-Fulfillments sollten vor allem im auditiven Verkauf aufgrund der beschränkten Informationsdarstellung gute Retourekonditionen angeboten werden, um dem Kunden die Angst vor Produktbestellungen zu nehmen. Im Rahmen der E-Distribution sollten für Kunden innerhalb der Skill Paketverfolgungsmöglichkeiten und die Voreinstellung einer Standardversandoptionen ermöglicht werden.

Nachkaufphase

Die Anforderungen an Sprachassistenten-Systeme in der Nachkaufphase beziehen sich auf Support- und Service-Angebote, Bewertungsmöglichkeiten und das operative Controlling. Dabei sollte sich bei der Entwicklung eines zielführenden Kundensupports per Sprachassistent auf drei Schritte fokussiert werden. Zunächst ist es sinnvoll, dem Kunden die Wahl des Servicekanals zwischen Sprachassistent oder Call-Center im Falle einer Serviceanfrage zu überlassen. Da Nutzer den Serviceleistungen per Sprachassistent generell zunehmend positiv gegenüberstehen, muss im zweiten Schritt entschieden werden, in welchem Ausmaß sich die eigene Zielgruppe für die Beratung per Sprachassistent eignet und welche Themen über diese abgehandelt werden sollen. Emotional aufgeladene Themen sollten derzeit noch an das Call-Center gegeben werden, wohingegen Routine-Anfragen zunehmend auf Sprachassistenten umgelagert werden können. Letztere sollten im dritten Schritt durch eine breite Abdeckung von Inhalten zur Beantwortung von Kundenanfragen, proaktives Nachfragen und eine automatische Einbeziehung von Kundendaten lösungsorientiert aufbereitet werden. Wichtig ist, dass bei Problemen im Gesprächsverlauf jederzeit ein Wechsel zu einem echten Servicemitarbeiter möglich sein muss. Darüber hinaus gilt es, die Generierung von hilfreichen Bewertungen für den Verkauf per Sprachassistent zu fördern, da sie einen maßgeblichen Faktor zur Kaufentscheidung darstellen. Schließlich muss auch das operative Controlling für sämtliche Prozesse im Voice Commerce neu ausgerichtet werden, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Mithilfe dieser erläuterten Maßnahmen sollen Vermarkter erste Richtlinien zur Erstellung und Umsetzung von Marketingmaßnahmen im E-Commerce bzw. Voice Commerce erhalten und zugleich erste Hinweise für Herausforderungen aufgezeigt werden. Quellenverzeichnis EARSandEYES GmbH (2018): Ergebnisse einer Befragung zum Thema: Digitale Sprachassistenten, Hamburg. Google (2018): Search Quality Evaluator Guidelines,http://static.googleusercontent.com/media/www.google.com/en//insidesearch/howsearchworks/assets/searchqualityevaluatorguidelines.pdf, Abruf am 29.09.2018. Hövener, M. (2017): Den Nutzer verstehen: Warum Search Intent so wichtig ist, https://www.suchradar.de/magazin/65/nutzer-verstehen-warum-search-intent-so-wichtig-ist, Abruf am 19.10.2018. Strategy Analytics (2017): Global Intelligent Home Speaker Forecast 2014-2022. Zhang, N. / Mi, X. / Feng, X. / Wang, X. / Tian, Y. / Qian, F. (2018): Understanding and Mitigating the Security Risks of Voice-Controlled Third-Party Skills on Amazon Alexa and Google Home, Preprint, arXiv: 1805.01525v2 [cs.CR]. Fußnoten 1 Vgl. EARSandEYES GmbH 2018, S. 3 2 Vgl. Strategy Analytics 2018, S. 4. 3 Vgl. Zhang et al. 2018, S. 3. 4 Vgl. Google 2018, S. 68 ff.; Hövener 2017