print logo

KI-Einsatz zur Verbesserung der Customer Experience

Zur Verbesserung der Customer Experience werden heute in zunehmendem Umfang sogenannte Chatbots eingesetzt. Hier gibt es verschiedene Ansätze.
Ralf T. Kreutzer | 27.01.2020
KI-Einsatz zur Verbesserung der Customer Experience © Pixabay / Gerd Altmann
 

Ein spannendes Einsatzfeld für die Künstliche Intelligenz bietet der Customer-Service. Hier können KI-Anwendungen ihre disruptive Kraft entfalten und viele angestammte Lösungen und Prozesse ablösen. So kann die Digitalisierung der Customer Journey durch die Künstliche Intelligenz vorangetrieben werden. Hierbei können verschiedene Entwicklungsstufen unterschieden werden. Diese reichen von der Voice- Identification über Voice-Analytics zur KI-gestützten Kommunikation per einfachem Chatbot bis hin zu digitalen persönlichen Assistenten. Der Trend geht in Richtung Automated Customer Service.

Kennzeichnung von Chatbots im Customer-Service

Zur Verbesserung der Customer Experience werden heute in zunehmendem Umfang sogenannte Chatbots (auch Bots oder Voice-Agenten genannt) eingesetzt, die sich KI-Funktionalitäten zunutze machen. Der Begriff Chatbot setzt sich aus „Chat“ für „Plausch/Plaudern“ und „Bot“ als Kurzform von „Roboter“ zusammen. Es können zwei Varianten unterschieden werden:

- Textbasierte Dialogsysteme (TTT)

- Sprachbasierte Dialogsysteme (STS)

Die ersten Varianten von Chatbots waren rein textbasierte Dialogsysteme (TTT), die das Chatten zwischen einem Menschen und einem technischen System erlauben. Hierzu bietet der Chatbot je einen Bereich zur Textein- sowie zur Textausgabe, um so in natürlicher, geschriebener Sprache mit dem System zu kommunizieren. Zur Steuerung kann zusätzlich ein Avatar eingesetzt werden. Ein Avatar ist eine künstliche Person oder eine Grafikfigur, die eindeutig der virtuellen Welt zugeordnet werden kann. Eine Teilmenge von Chatbots sind die sogenannten Social Bots, die in den sozialen Medien aktiv sind und dort von einem Account aus operieren. Dort können sie Texte und Kommentare erstellen, Inhalte liken und weiterleiten. Treten sie in den direkten Dialog mit Nutzern ein, entspricht ihre Funktionalität der von Chatbots. Geben sich diese Social Bots als reale Menschen aus, handelt es sich um Fake-Accounts mit gefälschten Nutzerprofilen. Social Bots können sich auch als Maschine zu erkennen geben. Social Bots analysieren Post und Tweets und konnten automatisch aktiv werden, wenn sie bestimmte Hashtags oder sonstige als relevant definierte Schlusselbegriffe erkennen.

Chatbots, die als sprachbasierte Dialogsysteme (STS) ausgestaltet sind, setzen bei der Ein- und/oder bei der Ausgabe auf Sprache – nicht mehr auf Texte. Hierdurch wird die Kommunikation mit einem Chatbot der direkten verbalen Kommunikation immer ähnlicher. Den umfassendsten Einsatz finden solche Systeme in Gestalt der digitalen persönlichen Assistenten, die als Alexa, Bixby, Cortana, Google Assistant und Siri ihren Siegeszug angetreten haben. Hier findet sich der Übergang zu den digitalen persönlichen Assistenten.

Einsatz von textbasierten Chatbots im Customer-Service

Fasst man die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben von textbasierten Chatbots (TTT) zusammen, so können zur Verbesserung der Customer Experience folgende Anwendungen genutzt werden:

 

  • Chatbots zur Optimierung der kundeninitiierten Kommunikation

Diese Art von Chatbot hilft den Nutzern, alltägliche Onlineaufgaben effizienter zu losen. Dadurch können Probleme behoben werden, ohne sich lange durch FAQs durchzuklicken. Außerdem kann eine Rechtsberatung, ein neues Fashion-Outfit, eine Reise zum günstigen Preis oder ein einfaches Rezept für Spiegeleier schnell und ohne Umwege über Dutzende Websites gefunden werden.

 

Motto: Finden, nicht Suchen!

 

Eine Reiseberatung wird durch Chatbots wie dem SnapTravel-Bot geleistet. Dieser ermöglicht es, die besten Hotelangebote über Facebook Messenger und SMS zu finden und zu buchen. Mit einem Chat startend, durchsucht der KI-basierte Bot Hunderte von Quellen, um die besten Hotelangebote zu finden. Dieser Chatbot wird von einem Mitarbeiterteam unterstutzt, die ebenfalls über Chat erreichbar sind. Zusätzlich wird von SnapTravel versprochen, das gebuchte Hotel am Check-in-Tag anzurufen, um ein kostenloses Upgrade auszuhandeln [4, 5 (vgl. weitere Beispiele)].

 

  • Chatbots für eine proaktive (individualisierte) Kommunikation

Solche Chatbots haben die Aufgabe, innerhalb vorab definierter Use-Cases aktiv zu werden. Es gilt, relevante Informationen zum richtigen Zeitpunkt an die Nutzer weiterzuleiten. Die Anstöße hierfür basieren häufig auf Konzepten der Marketing Automation. Zur Definition der relevanten Trigger können KI-Algorithmen eingesetzt werden. Solche Trigger können vorsehen, dass Kunden nach zweimonatiger Bestellabstinenz einen „Come-Back-Anstoß“ erhalten. Auch nach einer Reklamationsbearbeitung kann ein freundlicher Nachfass erfolgen, um zu ermitteln, ob eine zufriedenstellende Losung erreicht wurde. Chatbots können auch eingesetzt werden, um eine weitere Qualifizierung von Leads zu unterstutzen. Dazu werden – basierend auf den bereits verfügbaren Daten – entsprechende Fragen KI-gestützt generiert. Ein weiterführendes Beispiel für einen proaktiven Chat-Einsatz ist der KLM Messenger. Uber diesen bietet die Fluggesellschaft KLM an, Flugunterlagen per Messenger bereitzustellen. Nach der Flugbuchung auf KLM.com kann der Fluggast wählen, ob er seine Buchungsbestätigung, die Check-in-Benachrichtigung, Bordkarte und Flugstatus-Updates per Messenger erhalten mochte. Auch weitere Fragen können direkt über den Messenger beantwortet werden [6]. Diese proaktive Informationsbereitstellung ist für das Unternehmen mit dem Vorteil verbunden, dass kundeninitiierte (kostenintensive) Kommunikationsansätze reduziert werden können.

 

  • Chatbots für eine proaktive (generelle) Kommunikation

Andere Chatbots stellen ebenfalls proaktiv Informationen zur Verfugung, die nicht individualisiert ausgespielt werden. Dazu gehört Novi, ein Messenger-Service des Content-Netzwerks von ARD und ZDF [7]. Hier können gleichartige Informationen entweder an alle oder an bestimmte Kundensegmente versandt werden. Allerdings gilt es Kommunikations-Desaster zu vermeiden, wie sie beispielsweise Microsoft mit dem bei Twitter präsentierten Chatbot Tay erlitten hat. Nach nur einem Tag musste Microsoft den Tay wieder abstellen, weil das KI-System schon nach wenigen Stunden begonnen hat, Hassbotschaften zu verbreiten [8]. KI-Applikation benötigen eine integrierte Werteinstanz, die „gut“ von „bose“ sowie „akzeptabel“ von „nicht akzeptable“ zu unterscheiden vermag. Das Fehlen einer solchen in das System integrierten Werteinstanz – gleichsam als moralischer Wachter – hat bei Microsoft zum Desaster geführt. Ein einfacher Filter gegen obszöne Begriffe reicht dafür nicht.

 

Digitale persönliche Assistenten – der Quantensprung

Inzwischen wurden vielen Chatbots zu einer komplett konversationellen Oberflache weiterentwickelt, die einen Dialog in gesprochener Sprache unterstutzen; hier wird von einem Conversational Interface gesprochen. Dazu ist weder ein Bildschirm noch eine Tastatur noch eine Maus erforderlich. Die Ein- und Ausgabe erfolgt durch gesprochene Dialoge. Solche Chatbots können die Telefonie vereinfachen. Dann gehören die folgenden Beispiele von telefonischen Ansagen bald der Vergangenheit an:

 

-  „Bei Fragen zum Fahrplan drücken Sie die 1.“

-  „Wenn Sie Tickets kaufen möchten, drücken Sie die 2.“

 

Ein zukünftiges Telefongespräch mit einem Chatbot konnte sich dagegen so anhören:

 

Anrufer: „Hallo, mein Name ist Ralf. Ich möchte wissen, ob mein Zug ab

München Hbf. pünktlich kommt.“

Chatbot: „Hallo Ralf, bitte sage mir den Tag und die Uhrzeit Deiner

Reise.“

Anrufer: „Heute um 13.52 Uhr.“

Chatbot: „Hast Du reserviert? Dann sage mir bitte Deine Reservierungsnummer.“

Anrufer: „Die Reservierungsnummer ist 12345.“

Chatbot: „Die Weichenstörung wurde soeben behoben. Dein Zug ICE278

hat dadurch eine Verspätung von 15 Minuten. Ich habe Deinen Anschlusszug

ICE 315 nach Basel benachrichtigt. Er wird auf Dich warten. Kann ich

sonst noch etwas für dich tun?“

 

Ein solches Gespräch dauert keine 60 Sekunden – und idealerweise kann man auch auf die Warteschleife verzichten. Schließlich kann ein solchermaßen automatisierter Service 24/7 stattfinden. Gleichzeitig werden durch die erreichbare Individualisierung der Auskünfte relevante Informationen in Reinform präsentiert. Die mühsame Suche nach den entsprechenden Informationen – gegebenenfalls verteilt über unterschiedliche Apps – kann entfallen. Hier wird schon sichtbar: Neben einer intelligenten Software bedarf es für die Entwicklung eines solchen kundenrelevanten Services vor allem einer umfassenden Vernetzung verschiedener Datenstrange, um dem Chatbot qualitativ hochwertige Antworten zu ermöglichen. Das Paradebeispiel für eine Kombination leistungsstarker Algorithmen und umfassender Datenbanken stellen die schon angesprochenen digitalen sprachbasierten Assistenten wie Amazon Echo (Alexa), Bixby, Cortana, Google Home (Google Assistant) und Siri (HomePod) dar. Teilweise können heute von diesen Assistenten bereits weitere Medien integriert werden, beispielsweise Bilder und Videos. So bietet Amazon Echo Show einen Assistenten mit einem Farbbildschirm und einer Webcam für Video-Chats sowie zum Anschauen von Videos. Der Bildschirm ermöglicht es außerdem, die Antworten von Alexa mit Fotos, Grafiken oder Texten zu illustrieren.

Immer mehr Unternehmen versuchen schon heute, Chatbots in ihre Kundenkommunikation zu integrieren: IBM entwickelte Watson nach dem Jeopardy-Gewinn von 2011 weiter, um komplexe Callcenter- Aktivitäten zu übernehmen: Watson kann nach IBM-Angaben bis zu 30 Prozent der Kosten für die Erbringung von Kundenservice reduzieren, indem es 80 Prozent der Routinefragen selbstständig beantwortet. Lediglich 20 Prozent der Anfragen müssen noch von Menschen bearbeitet werden [9]. So zumindest die Pro-Domo-Aussagen aus dem Hause IBM! Was treibt eine solche rasante Entwicklung an? Welche Anwendungsfelder der digitalen persönlichen Assistenten sind für die privaten Nutzer von besonderem Interesse? Spannende Insights liefert Abbildung 3. Hierzu wurden in Deutschland 1001 Personen im Alter von 16-69 Jahren befragt, die von mindestens einem der Sprachassistenten Alexa, Bixby, Cortana, Google Assistant oder Siri bereits gehört haben. Es wird sichtbar, dass es gerade die „kleinen Dinge“ sind, die bei der Nutzung im Mittelpunkt stehen.