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Der Boom bei Online-Pressekonferenzen

Wichtig ist, dass gewisse Voraussetzungen erfüllt werden, dass eine Online-Pressekonferenz wahrgenommen wird. Folgende Fragen solte man sich stellen.
Dominik Ruisinger | 17.08.2020
Der Boom bei Online-Pressekonferenzen © Pixabay / Free-Photos
 

Digitalisierung, zeitliche und budgetäre Restriktionen, Corona-Krise: Die Zahl der Online-Pressekonferenzen wächst. Schließlich bieten sie eine gute Möglichkeit, Journalisten und Multiplikatoren unabhängig von Zeit, Ort und Endgerät zu erreichen. Doch gleichzeitig müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, damit eine Online-Pressekonferenz wahrgenommen wird.

Nicht immer haben Journalisten Zeit, persönlich an einer Pressekonferenz teilzunehmen. Zudem wurden in den vergangenen Jahren die Redaktionsbudgets für Reisen deutlich gekürzt. Hinzu kommt, dass in der Corona-Krise viele Unternehmen auf Online-Übertragungen gesetzt haben, um trotz Beschränkungen weiterhin ihre relevanten Journalisten und Stakeholder zu erreichen. Außerdem können zusätzlich zu den Medienvertretern auch Mitarbeiter, Mitglieder, Partner und Kunden dazu eingeladen werden.

Insbesondere größere Firmen und Technologieunternehmen übertragen daher ihre Pressekonferenz live im Internet – entweder als gewohnte Präsenz-Pressekonferenz, die zusätzlich live ins Internet gestreamt wird, oder als reine Online-Pressekonferenz, ohne bei der Veranstaltung anwesende Medienvertreter. So können Journalisten, Stakeholder und andere Interessenten direkt vom Arbeitsplatz bzw. von jedem Ort aus ohne größeren Aufwand an der Pressekonferenz teilnehmen. Durch eine Chatfunktion können Fragen gestellt werden, die während der Pressekonferenz, am Ende oder im Nachgang beantwortet werden. Wie die Aufzeichnung der Siemens Hauptversammlung zeigt[1], steht im Anschluss die Veranstaltung online „on demand“ zum Abruf bereit – manchmal verknüpft mit weiteren Texten, Fotos, Audio- und Video-Elementen.

Von der digitalen Pressekonferenz zur hybriden Show

Einen richtig hybriden Ansatz wählte Siemens Mobility, um in einem Mix aus Real und Virtuell ihre neue Vision vorzustellen: „Stellen Sie sich vor: Sie sind Journalist. Sie sitzen vor Ihrem Monitor, klicken auf einen Link – und sind plötzlich mittendrin in einer Pressekonferenz. Direkt vor Ihnen stehen die CEOs und der CFO von Siemens Mobility, des weltweit führenden Unternehmens für Schienenverkehrslösungen. Doch die beiden stehen nicht etwa an einem Rednerpult in einem Konferenzsaal. Sie befinden sich direkt im Bahnhof. Der Ehrengast der Veranstaltung kommt ins Bild: Leise surrend braust der neue Regionalverkehrszug Mireo in die virtuelle Szenerie.“[2] Diese Hybrid Show hat Siemens Mobility für Journalisten und Influencer weltweit inszeniert. Schon die Beschreibung macht deutlich, warum digitale Pressekonferenz samt virtueller Shows immer stärker zum festen Bestandteil moderner Medienarbeit werden.

Wann machen Online-Pressekonferenzen Sinn?

Jedoch wird eine Pressekonferenz nicht einfach online übertragen: Journalisten müssen auf diesen Service wie auf eine klassische Vor-Ort-Pressekonferenz aufmerksam gemacht werden, damit sie sich anmelden und an der Pressekonferenz teilnehmen. Festzuhalten gilt: Die Übertragung einer Pressekonferenz im Internet lohnt sich dann, wenn das Thema von übergeordneter Bedeutung ist, der Veranstalter davon ausgehen kann, dass aus Entfernungsgründen nicht alle Journalisten an der Pressekonferenz teilnehmen können, das Thema einen hohen technologischen Bezug oder das Unternehmen einen breiten Unterstützerkreis im Netz hat. Zwei Beispiele verdeutlichen dies:

Beispiel 1: Der Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) überträgt seit Jahren seine Pressekonferenzen live im Internet.[3] Das Angebot richtet sich in erster Linie an Journalisten, die nicht vor Ort erscheinen können, aber auch an die Verbandsmitglieder und Interessierte im gesundheitspolitischen Umfeld. Diese müssen im Vorfeld online eine Akkreditierung beantragen, um einen personalisierten Link als Zugang zu erhalten. Ebenso wie die Teilnehmer vor Ort haben sie dann die Möglichkeit, über eine Eingabemaske Fragen an das Podium zu richten.

Beispiel 2: In der Corona-Krise boomt die Zahl digitaler Pressekonferenzen. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) nutzte das Medium der Online-Pressekonferenz, damit sich der Vorstand regelmäßig zur aktuellen Lage in der ambulanten Versorgung während der Pandemie äußern konnte. In seinen Berichten präsentierte er Zahlen und Fakten zur ambulanten Versorgung von COVID-19-Verdachts- und Krankheitsfällen und beantwortete Fragen von Journalisten.[4] Die einstündigen Veranstaltungen wurde über YouTube als Livestream übertragen und trafen auf hohe Resonanz selbst bei der "normalen" Bevölkerung, wie die hohen Aufrufzahlen und die Vielzahl an Kommentaren unter jedem YouTube-Stream zeigen.

Fazit: Sorgfältige Planung notwendig

Wer sich mit dem Gedanken beschäftigt, eine Online-Pressekonferenz durchzuführen, sollte sich im Vorfeld des technischen Equipments und des finanziellen Aufwandes bewusst sein und sich dazu folgende Fragen stellen.

1. Wie viele Journalisten, Analysten und sonstige Stakeholder lassen sich zusätzlich erreichen?

2. Sollten sich diese im Vorfeld online anmelden, damit Anzahl und Namen bekannt sind? Oder können sie jederzeit und spontan daran teilnehmen?

3. Können wir auf den persönlichen Kontakt verzichten, der durch die Online-Übertragung nur begrenzt möglich ist? Schließlich sind Pressekonferenzen eigentlich dazu da, reale Beziehungen zu Medienvertretern auf- und auszubauen.

4. Verfügen wir über eine stabile Internetverbindung, um eine Online-Übertragung und eine hohe Übertragungsqualität zu garantieren?

5. Haben wir ein verlässliches und professionelles Team für Licht, Ton, Kamera vor Ort?

6. Wie werden bei uns die Fragen der Journalisten moderiert und beantwortet?

7. Stellen wir die Online-Pressekonferenz im Anschluss „on demand“ zur Verfügung?

 

Dieser Beitrag ist ein kurzer, angepasster Auszug aus dem Buch „Public Relations“. Leitfaden für ein modernes Kommunikationsmanagement von Dominik Ruisinger und Oliver Jorzik. Die 3. Auflage erscheint im Januar 2021 im Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft.

 

[1]    Vgl. https://bit.ly/pr_siemens_hauptversammlung; auch RWE: https://bit.ly/pr_rwe_hauptversammlung

[2] https://bit.ly/pr_marconomy_pk

[3] vgl. https://www.vfa.de/de/presse/online-pks/

[4] vgl. https://bit.ly/pr_kbv_onlinepk