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Instagram Reels vs. TikTok – eine Einschätzung

Für Nutzer kann sich das Duell positiv auswirken, denn beide Plattformen buhlen um Aufmerksamkeit durch das Freigeben organischer Reichweite.
Torben Platzer | 19.10.2020
Instagram Reels vs. TikTok – eine Einschätzung © Torben Platzer
 

Wenn man in den sozialen Medien organische Reichweite aufbauen möchte, kommt man an TikTok und Instagram Reels nicht vorbei, denn beide versprechen genau das: Viele Impressionen von neuen Menschen innerhalb kürzester Zeit. Damit auch mehr Brandawareness, Interessenten und mögliche neue Kunden.

TikTok hatte es die letzten Monate immer wieder geschafft in den Downloadzahlen ganz oben zu sein (6,1 Mio. Downloads in Deutschland) und auch immer mehr Influencer als auch Prominente wie Dieter Bohlen, Pamela Reif oder Heidi Klum sind auf der Plattform inzwischen anzutreffen. Die potenziellen großen Reichweiten in kurzer Zeit sind hier die Treiber. Diese Aufmerksamkeit nutzten viele, um ihren eigenen Markenwert zu erhöhen und Werbedeals außerhalb der Plattform zu schließen. Allen voran Künstler aus der Musikbranche, um durch die Klicks weiter nach vorne in den Charts zu kommen.

Aber was genau steckt dahinter? TikTok war einst die App musical.ly, die 2014 veröffentlicht wurde und bereits August 2016 über 140 Millionen Nutzer aufweisen konnte: Kurze Clips, in denen Menschen Tänze und Choreografien zu aktuellen Musikhits tanzten und die Lippensynchronisationen zu den Texter dieser hochluden.

2017 wurde musical.ly dann von dem chinesischen Medienunternehmen ByteDance aufgekauft und im August 2018 in TikTok umbenannt. Mit der Änderung des Namens kamen auch neue Inhalte dazu, so dass beispielsweise vermehrt parodierte Alltagssituationen und lustige Momente ohne Drehbuch festgehalten und Tanzvideos reduziert. Das erklärt auch den enormen Anstieg der Downloads, denn auf TikTok funktioniert so gut wie jeder Content, vorausgesetzt er ist gut. Die App spielt alle hochgeladenen Videos einer gewissen Audienz aus und schaut, wie diese darauf reagiert. Fällt der Test positiv aus, wird der Clip immer mehr Menschen gezeigt. Dies erlaubt eben auch neuen Usern ohne große Reichweite und Follower, auf dieser Plattform viral zu gehen, wenn den Zuschauern der Content gefällt. Der Content lässt sich zudem schnell konsumieren, denn die maximale Länge eines Videos liegt bei 60 Sekunden. Aufgenommen wird direkt in der App, das vereinfacht den Umgang: Momentaufnahme festhalten, eine kurze Bearbeitung durch Filter, lustige Effekte, knappe Beschreibung und hochladen. Das ist das Rezept von TikTok.

 

Auf Instagram mehrte sich die Kritik, dass dort eben dies nicht mehr möglich ist, einfach mal so ein Video hochladen. Die Qualitätsstandards liegen hier extrem hoch. Instagram reagiert auf die Kritik und den Erfolg von TikTok mit Reels. Reels sind kurze Videos, die auf eine maximale Länge von 15 Sekunden beschränkt sind. Die Bearbeitung ist wie bei TikTok ebenfalls in der App möglich. Die Clips haben auf der Entdecken-Seite den besten Spot und erzielen auch innerhalb kürzester Zeit viele Views. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Kopie TikToks, ist auch auf dem zweiten Blick eine: Nachdem Facebook damals vergeblich versuchte, musical.ly zu kaufen und TikTok aus den Top 5 der Social Media-Kanäle der einzige ist, der nicht Facebook gehört, ist das wie eine Art Kampfansage. TikTok ist gerade in den letzten Wochen wieder vermehrt in der Kritik wegen Datenschutz, Spionagegefahr und auch Zensur durch die chinesische Regierung. In Indien wurde die App bereits verboten, die US-Regierung erwägt ähnliche Maßnahmen, in Deutschland ist derzeit nichts bekannt.

 

Für Nutzer kann sich das Duell positiv auswirken, denn beide Plattformen buhlen um Aufmerksamkeit durch das Freigeben organischer Reichweite. Damit haben viele Unternehmen oder auch Personenmarken die Möglichkeit, nicht nur Views, sondern auch mehr Klicks für ihre Produkte und Dienstleistungen generieren, ohne das Werbebudget erhöhen zu müssen. Während auf der TikTok vor allem die Gen Z zuhause ist und 69 Prozent zwischen 16-24 Jahre alt sind, ist mittlerweile nahezu jeder auf Instagram mit einem Profil zu finden, der auf Social Media aktiv ist. Der eigene Content sollte vor allem folgende Parameter aufweisen, um nachhaltig bei der Audienz zu punkten, unabhängig von TikTok oder Instagram Reels:

 

Kurz und knackig

Die Zuschauerbindung und die Wiederholungsrate beim Ansehen der Videos sind maßgeblich für den Erfolg verantwortlich: Schauen sich die User vermehrt die Clips bis zu Ende an oder vielleicht sogar ein zweites oder drittes Mal, dann hat das zur Folge, dass der Content mehr Menschen ausgespielt wird. Dafür ist es zwingend notwendig, dass dieser so kurz wie möglich und so lang wie nötig hochgeladen wird. Alle Sekunden, die nicht für die Kernbotschaft relevant sind, sollten gelöscht werden. Sowohl auf TikTok als auch auf Instagram ist das direkt über die Funktion "Clip anpassen" in der App machenbar.

 

Die ersten Sekunden entscheiden

Beim Scrollen durch die "Für dich-Seite" oder "Entdecken-Seite" entscheiden die ersten zwei bis drei Sekunden, ob man weiter klickt oder sich den Clip ansieht. Der Zuschauer muss sofort von dem Content überzeugt sein, um weiterzuschauen. Eine schnelle Bewegung, eine polarisierende Message oder eine verwirrende bzw. lustige Situation, die man gerne noch einmal ansehen möchte, bieten sich als Eröffnungsszene an. Da man den beim Ansehen nicht vor oder zurückspulen kann, kann die Eingangsszene sogar dafür sorgen, dass sich jemand den Clip noch einmal ansieht.

 

Schaffe Massenidentifikation

Der Clip sollte nicht zu nischig sein, da sonst der oben beschriebene erste Ausspiel-Test nicht bestanden wird: Alltagssituationen oder direktes Ansprechen einer Problemsituation, in denen sich viele wiederfinden, funktionieren.

Für eine virale Botschaft ist es zwingend notwendig, dass sie von möglichst vielen verstanden wird. Für das eigene Produkt oder die Dienstleistung muss auf der Metaebene gedacht und rausgezoomt werden. TikTok und Reels sollten für persönliche Impressionen und Impressionen aus dem Unternehmen genutzt werden und keinesfalls als Salespitch zu verstehen sein.

 

Teamgeist und Spaß 

TikTok und Reels bieten gute Möglichkeiten einem langweiligen Alltag zu entfliehen. Genau dafür werden diese Clips produziert und umso wichtiger ist es, dass Spaß beim Drehen dieser Clipps im Vordergrund steht. Ein Aspekt ist noch, gemeinsame Clips fördern den Teamgeist und stärken den Zusammenhalt.

 

Instagram Reels ist frisch gestartet und ist für die Plattform eine echte Chance sich wieder stärker gegenüber TikTok zu behaupten. In der augenblicklichen Situation ist viel testen und Ausprobieren möglich. Das sollten Unternehmen nutzen und dann schauen, auf welcher Plattform sie besser performen und ihre Ziele erreichen können, die gesetzt wurden. Mein Tipp: Instagram Reels wird den längeren Atem haben als TikTok.