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Lehren aus der Krise: Bildungsmarketing der Zukunft

Warum gerade SARS-CoV-2 ein Katalysator für nachhaltige Technologien, die Digitalisierung und neue Wege bei der Berufsorientierung werden könnte.
Simone Schiebold | 24.11.2020
Lehren aus der Krise: Bildungsmarketing der Zukunft © freepik / sitthiphong
 

Das Jahr 2020 stellt eine Zäsur dar – unser Alltag, unser Zusammenleben und die Art, wie wir lernen oder arbeiten, wurden durch die Corona-Pandemie auf den Kopf gestellt und zum Teil neu definiert. Insbesondere die Defizite im Bereich der digitalen Prozesse legte der Lockdown in Deutschland schonungslos offen. Besonders deutlich wurde dies im Bildungsbereich. Neben der omnipräsenten Pandemie kann auch niemand mehr die Augen vor den Folgen der globalen Erwärmung verschließen: Bereits heute ist es in Deutschland im ganzjährigen Mittel rund 1,6°C wärmer geworden als im vorindustriellen Zeitalter. In den sibirischen Polarregionen wurden diesen Sommer tropische Temperaturen erreicht, das arktische Meereis hat sich soweit zurückgezogen wie nie zuvor und in vielen Ländern der Welt vernichteten gewaltige Feuer erhebliche Waldflächen.

Nachhaltig und digital in die Zukunft

Corona rückte die Notwendigkeit, selbst einen Beitrag zu leisten, bei vielen Menschen weiter ins Bewusstsein. Neu ist diese Entwicklung auch in Unternehmen nicht: Bereits seit einigen Jahren ist ökologisches Handeln ein wichtiger Trend im Marketing, der speziell durch die „Fridays for Future“-Bewegung seit Ende 2018 einen starken Schub erhielt. Marken, die ein zukunftsfähiges Image vermitteln wollen, setzen heute daher fest auf Nachhaltigkeitsthemen: faire Produktionsprozesse und Lieferketten, nachhaltige Ressourcen, CO2-Neutralität sowie Umwelt- und Artenschutz bestimmen die Leitlinien und Strategien vieler Firmen. Wer hier nicht mitzieht, wirkt nicht mehr zeitgemäß.

Zu den Gewinnern werden jene zählen, die auch in der Krise langfristig und innovativ denken und handeln. Dabei kann Nachhaltigkeit auch mit einer Steigerung von Effizienz und Produktivität einhergehen – etwa, wenn mit innovativen Technologien wichtige Ressourcen und Energie gespart oder Prozesse digitalisiert werden.

Online-Events, Streaming, Homeschooling, Webinare und digitale Showrooms sind mittlerweile Alltag in unserer Kommunikation und werfen zugleich die Frage auf, warum es erst eine Pandemie brauchte, um dem lange verschlafenen Thema Digitalisierung im Geschäfts-, Privat- und Bildungsbereich eine höhere Priorität zu verleihen.

Neue Argumente für den MINT-Nachwuchs von morgen

Was jetzt nicht vergessen werden darf, sind die Voraussetzungen: Berufe, die diesen digitalen Wandel begleiten und vorantreiben, die kreative, digitale Lösungen konzipieren, planen und umsetzen können – vor allem IT-Fachkräfte und Technikspezialisten. Aber auch für alle anderen wird sich die Arbeitswelt verändern: digitale Anwendungen nutzen zu können und in digitalen Lösungen zu denken – das sogenannte computational thinking – wird zukünftig von nahezu allen Berufsbildern gefordert sein. Unternehmen müssen also auch in der Krise den Blick auf die Sicherung von qualifiziertem Nachwuchs richten.

Um Jugendliche für die Informatik und andere MINT-Disziplinen zu begeistern, müssen wir sie gedanklich mit auf die Reise in die Zukunft nehmen, mit ihnen diskutieren, wie wir die gewaltigen Aufgaben im Bereich des nachhaltigen Wirtschaftens und Lebens und der digitalen Transformation lösen können. Wir müssen ihnen die Chancen aufzeigen, sie aber auch in die berufliche Verantwortung nehmen. Das gelingt mit Storytelling-Ansätzen in der Berufsorientierung, die Fragen wie „In welchem Beruf kann ich die Welt verbessern?“, „Was ist an intelligenten Mobilitätslösungen von morgen denkbar?“ aber auch der Chancen- und Risikoabwägung bei Systemen der Künstlichen Intelligenz in den Mittelpunkt stellen. 

Akteure können so den Idealismus vieler junger Menschen adressieren und zugleich Zukunftschancen vermitteln. Um die notwendigen digitalen Kompetenzen für die Zukunft zu vermitteln, brauchen wir kreative, außerschulische Berufsorientierungsformate. Formate, die Jugendliche spielerisch an Zukunftstechnologien heranführen, die Berührungsängste – vor allem bei Mädchen – abbauen und motivieren, sich beruflich dem digitalen Problemlösen zu verschreiben. So können Schülerinnen und Schüler erreicht werden, die beim Gedanken an eine Ausbildung oder ein Studium im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich abwinken, nur weil sie etwa der Mathematik-Unterricht in der Schule wenig begeistert.

Angebote sollten so konzipiert sein, dass sie sich in den schulischen Alltag einbinden lassen und der Lehrkraft einen Mehrwert für den Unterricht anbieten. Sie sollten in einer klugen, hybriden Mischung aus Präsenzangeboten direkt in der Schule und digitalen Angeboten bestehen. Das ist nicht nur zeitgemäß, sondern gibt auch praktische Impulse für digitales Lernen, die von Lehrkräften aufgegriffen und weiterverfolgt werden können.

Das passende Instrument können sowohl multimediale Mitmach-Präsentationen im Klassenzimmer sein wie auch große mobile Erlebnis-Lern-Trucks, die Hands-on-Arbeitsstationen und modernste Technologien direkt auf den Schulhof bringen. Idealerweise erfolgt die Vermittlung selbst durch junge Peer-Role-Models aus dem MINT-Bereich, die ihre Erfahrungen und Learnings auf Augenhöhe teilen. Der Invest rechtfertigt sich dann, wenn methodisch-didaktische Konzepte mit hoher Bildungsexpertise dahinterstehen, die einen flexiblen Einsatz für alle Schularten und relevanten Altersstufen ermöglichen.

Die öffentliche Hand ist hier ebenso gefordert wie die Unternehmen. Es lohnt sich: Denn gerade Unternehmen sollten bei der langfristigen Nachwuchsrekrutierung neue Wege beschreiten, ihre Arbeitgebermarke stärken und sich in der Öffentlichkeit als innovativ positionieren.