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So lassen Sie Ihre CX-Initiative scheitern

Was Sie alles anstellen müssen, dass Customer Experience Management schneller wieder von der Bildfläche verschwindet, als es dort aufgetaucht ist.
Amelie Höllersberger | 21.12.2020
So lassen Sie Ihre CX-Initiative scheitern © Fotolia
 

Customer Experience Management (CXM), die Lehre der Kundenzentrierung, ist etwas, mit dem sich Unternehmen künftig immer stärker auseinandersetzen müssen.
Für viele ist dieses Neu- und Umdenken ihrer Strukturen und Herangehensweisen absolutes Neuland, aber einige Vorreiter machen es uns bereits vor. So auch Jeff Bezos (Gründer und CEO von Amazon) der dies schon vor vielen Jahren als Wettbewerbsvorteil für sich erkannt und seine Unternehmensstrategie nach diesem Prinzip aufgebaut hat: „Im Zeitalter leistungsfähiger digitaler Kunden ist es nicht mehr möglich, allein nach Produkt oder Preis zu konkurrieren, da die Kundenerfahrung zu einem wichtigen Differenzierungsmerkmal einer Marke wird.“

Aber mit ein wenig Kundenzentrierung hier und da ist es leider nicht getan. Wer historisch gewachsene Strukturen und Prozesse aufbrechen und neu denken will, der muss sich auch an Change Management-Ansätzen bedienen.

In diesem Artikel möchte ich den Spieß jedoch umdrehen und Ihnen aufzeigen, was Sie alles anstellen müssen, dass CXM schneller wieder von der Bildfläche verschwindet, als es dort aufgetaucht ist.

1. Customer Experience ist ein reines Marketing Thema

Der erste Tipp, den ich Ihnen an die Hand geben möchte, ist folgender: Sorgen Sie dafür, dass Kundenzentrierung ausschließlich durch und in Ihrem Marketing Silo gelebt wird. Dieses beherbergt dann im besten Falle auch die sogenannten „Customer Experience Manager“.
Aus dieser Position heraus können sie so wenig Unheil wie möglich anrichten und eventuelle Folgewirkungen werden auf ein Minimum reduziert.
Nur das Marketing muss wissen, was es mit Personas, Touchpoints und Customer Journeys auf sich hat. Schließlich sind sie ja die einzigen, die sich mit dem Kunden auseinandersetzen müssen. Denn ist das Produkt erstmal an den Mann gebracht, interessiert es ja eigentlich niemanden mehr, was ein Kunde fühlt und denkt. Der Kontakt mit ihm ist dann mehr oder mehr weniger ein notwendiges Übel, das möglichst schnell und kostengünstig abgehandelt werden sollte. Das sollten Sie so übrigens auch Ihren Mitarbeitern vermitteln.

2. Hohe Mauern und Stacheldrahtzäune ziehen

In diesem Zusammenhang ist es auch sehr wichtig, dass die Marketingabteilung Stillschweigen über das bewahrt, was sie da mit den Kunden treibt. Nichts ist schlimmer als PR, Flurfunk und Netzwerken. Je höher und stacheliger der Zaun, den man um das CXM Team zieht, desto besser. Ich empfehle auch den Einsatz von Schallschutzwänden und blickdichten Vorhängen. Möglicherweise können Mitarbeiter auch Zusatzvereinbarungen unterschreiben, damit kein Wort den Raum verlässt oder nach außen dringt.

Der Austausch untereinander kann so auch effektiv eingedämmt oder gänzlich eliminiert werden.


Zu groß ist die Gefahr, dass andere Abteilungen von dieser „Kundenzentrierung“ Wind bekommen und sich am Ende daran beteiligen möchten.

Es soll Unternehmen geben, in denen sich sogar der Kundenservice mit Kundenerwartungen befasst und sich Gedanken darübermacht, wie er sein Serviceangebot noch optimieren kann. Nicht zu fassen, dass hier wertvolle Zeit und Ressourcen verschwendet werden, die an anderer Stelle deutlich dringender gebraucht werden. Hier würde man sich manchmal ein wenig unternehmerisches Denken wünschen. Dass es dort zugeht wie bei den Hottentotten brauche ich wohl kaum zu erwähnen.

Absolute Vorsicht ist beim Top Management geboten. Denn sollten diese in irgendeiner Art und Weise etwas von Ihrer Initiative mitbekommen ist eigentlich schon alles verloren. Plötzlich werden sie mitmischen wollen, werden das Thema nach außen tragen und werden dafür sorgen, dass es in der Unternehmensstrategie oder den –Zielen verankert wird. Am Ende erhalten Sie dann auch noch Budget dafür. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist der Spaß vorbei.

 

3. Es gibt nur einen Kundentypen und einen Kundenlebenszyklus

Richtig brenzlig wird es, wenn Mitarbeiter äußern, sich gerne mit unterschiedlichen Kundentypen, sogenannten „Personas“ und Phasen im Kundenlebenszyklus beschäftigen zu wollen.

Bitte hören Sie daher niemals auf gebetsmühlenartig zu predigen, dass dieser Trend absoluter Humbug ist und, dass es für Ihr Unternehmen einzig und allein DEN einen Kundentypen und DEN einen Weg gibt.
Der Kunde möchte einen günstigen Preis und ein gutes Produkt. Alles andere kümmert ihn nicht.
Ob alt oder jung, arm oder reich, spießig oder flippig. Am Ende sind wir alle nur Menschen und ticken gleich.

Von daher kann man sich getrost auf einen Prozess und ein Produkt für alle fokussieren. Alles andere sind nur lästige Spielereien.
Wenn der Kunde unbedingt bei Ihnen kaufen möchte, dann muss er sich auch ein wenig anstrengen und sich an Ihre Strukturen und Ihre Situation anpassen. Schließlich sind wir hier ja nicht bei einem Wunschkonzert, wo jeder seine Extrawurst erhält.

4. Die eigenen Bedürfnisse sind die wichtigsten

Kennen Sie das Sprichwort „Jeder ist sich selbst der Nächste?“
Dies umschreibt im Kern auch den eigentlichen Sinn und Zweck von Customer Experience Management. Sie und Ihre persönlichen Bedürfnisse und Wünsche sollten immer an erster Stelle stehen. Immerhin verbringen Sie sehr viel Lebenszeit in und mit Ihrer Arbeit, deshalb sollte diese so angenehm wie möglich gestaltet sein. Und es wird Zeit, dass das endlich gehört und ernst genommen wird.

Nach diesem Prinzip sollten Sie auch vorgehen, wenn Sie Prozesse und Touchpoints analysieren. Das was für Sie gut und richtig ist, ist am Ende auch das, was Ihr Kunde braucht. Schließlich bringen Sie ja einen großen Schatz an Erfahrungen und Wissen in dieser Materie mit.


5. Ziele so hoch wie möglich stecken

Jedes Kind weiß, dass Ziele in unerreichbarer Höhe gesteckt werden sollten, um die Motivation lange auf einem hohen Level zu halten.  Denn wenn man Meilensteine zu schnell und zu einfach erreicht, dann verraucht jegliches Engagement innerhalb von Sekunden. Ein realistisches Ziel im Bereich Customer Experience Management wäre beispielsweise, dass Sie in Ihrer Branche innerhalb eines Jahres zum innovativen Vorreiter für exorbitant positive Kundenerfahrungen und Kundenbegeisterung werden.

Sie sehen also, es steckt viel Arbeit dahinter, wenn Sie Ihr Customer Experience Management Projekt scheitern lassen wollen, aber es ist kein Hexenwerk. Mit genügend Überzeugungskraft, Autorität und Sanktionen können auch Sie es schaffen.
Halten Sie sich einfach an die fünf beschriebenen Punkte und Sie werden schnell erste Erfolge sehen und spüren. Ab jetzt müssen Sie nur noch am Ball bleiben.

Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei!

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Über Amelie Höllersberger

Als Customer Experience Manager beschäftigt sich Amelie Höllersberger tagtäglich mit den Themen Customer Experience Management und Change Management.