print logo

Was im Jahr 2021 wirklich Sinn macht

Sind Optimismus, Motivation und Inspiration in Krisenzeiten überhaupt möglich?
Stefan Dudas | 15.12.2020
© pixabay_Gerd Altmann
 

Glaubt man Führungsexperten und Motivationstrainern, wollen Mitarbeiter schon in «guten Zeiten» motiviert werden. Doch was bedeutet das dann für Krisenzeiten? Und was passiert, wenn die Führungskräfte und Unternehmer in Schockstarre verfallen oder verharren, selber nicht mehr motiviert oder inspiriert sind und den Optimismus durch Sarkasmus ersetzen? 

Über 2020 müssen wir nichts mehr sagen. Viele Experten, Köche, Sänger und Politiker haben ihre (teilweise sehr eigensinnige) Sicht der Dinge bereits kundgetan. Schlagen wir also mit dem Jahr 2021 ein neues, positives Kapitel auf. Wobei auch hier viele aufschreien werden, da 2021 (wenn man die Vorzeichen lesen kann) ja vielleicht gar nicht wirklich positiv werden kann. Der Tourismus, die Kulturschaffenden und viele weitere Branchen werden noch mehrere Jahre brauchen, um nur in die Nähe der früheren «Normalität» zurückzukommen. 

Die „alte Normalität“ hinterfragen

Normalität? Was, wenn wir nie wieder dorthin zurückkehren würden? Das Loblied auf die (um jeden Preis) wachsende Globalisierung ist ausgesungen. Vielleicht ist die aktuelle Krise dazu da, um eine neue, nicht nur auf Leistung getrimmte Globalisierung zu etablieren? Eine, die auf Risikostreuung und Nachhaltigkeit basiert? Vielleicht macht es gar keinen Sinn in die frühere Normalität, beispielsweise im Tourismus, zurückzukehren? Ein Flug von Berlin nach Mallorca für 49 Euro? Wie stark wird ein Urlaub wertgeschätzt, wenn die Reise dahin nur 49 Euro gekostet hat? Früher musste man lange für den Urlaub sparen. Heute fliegt man für ein Wochenende nach Spanien ans Meer und zum Abendessen gibt es (der Globalisierung sei Dank) Schweinshaxe mit Sauerkraut. Muss Reisen heute so billig sein, nur weil wir auf großem Fuß leben wollen? Nicht zu vergessen, dass wir damit auch einen imposanten ökologischen Fußabdruck hinterlassen!
Zurück im Heimatland geht es nach diesem «erholsamen» Wochenende mit dem Auto oder der Bahn pünktlich um 07.00 Uhr (zusammen mit Millionen anderer) zur Arbeit. Stau auf der Autobahn und überfüllte Züge sind Alltag. Ist halt so. Schließlich müssen die meisten um 7.30 Uhr bei der Arbeit sein. Müssen sie wirklich? Der Changemaker Covid-19 hat es geschafft, Millionen Menschen zu zeigen, dass es auch anders geht. Nein, nicht für alle ist Homeoffice eine grandiose Erfahrung, auch wenn uns das Experten weismachen wollen. Mit drei Kindern in einer Dreizimmerwohnung ist Homeoffice nicht gerade ein Kinderspiel – oder eher doch. Aber trotzdem ist es für sehr viele Menschen möglich, zumindest einen Teil ihrer Zeit im optimierten Homeoffice oder in einem Coworking-Space in Fußdistanz zu arbeiten. Ich bin der Überzeugung, dass wir über unsere «Normalität» in den verschiedenen Lebensbereichen nachdenken und diese diskutieren sollten. Wie wollen wir wirklich leben und arbeiten?

Die „neue Normalität“ definieren

Ist man in einem Beruf unterwegs, der im Moment durch Covid-19 große Herausforderungen erzeugt (der Autor ist Redner und Trainer und weiß, wovon er hier schreibt), gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Ich kann die Schuldigen suchen und täglich auf sie zeigen und verlangen, dass sofort alles wieder besser (so wie früher) wird. Oder ich komme ins Handeln. Und ja: Das trifft auf jede Branche zu. Denn schließlich haben wir nur die beiden Optionen: Weitermachen und uns verändern oder aufgeben und resignieren.
Das bedeutet, man analysiert genau, was war. Wie das eigene Business vor dieser Krise funktioniert hat und was die neue «Normalität» sein könnte. 2010 wurden noch Zeitungsartikel veröffentlicht, in denen sich viele Reisebüros nicht beklagen konnten. «Unsere Kunden halten uns seit Jahrzehnten die Treue», konnte man lesen. Schön. Aber auch diese Kundschaft ist älter geworden und hat spätestens in dieser Krise gelernt, wie das Internet und das Kaufen darüber funktioniert. Covid-19 sehe ich für gewisse Branchen als Entwicklungs-Beschleuniger. Es ist also höchste Zeit, dass jeder Unternehmer analysiert, wie das eigene Business morgen oder in zehn Jahren aussehen könnte. 

Führung in schwierigen Zeiten

Führungskräfte sind Dienstleister für ihre Mitarbeiter. Denn schließlich haben sie die Aufgabe, alles zu tun, damit die Arbeit möglichst effizient und fokussiert vonstattengeht. Und damit hat die Führungspersönlichkeit die wichtigste Aufgabe: Sie muss schauen, dass sie selber noch «brennt». Denn ohne Energie und Antrieb ist eine Führungskraft ein Leistungsverhinderer – auch für die Mitarbeiter. Übrigens: Dieses Demotivations-Virus ist extrem ansteckend! Führungspersönlichkeiten müssen also sicherstellen, dass sie inspiriert und motiviert sind und für das Produkt und das Unternehmen «brennen». Und das Ganze bitte nicht gespielt (weil das jeder sofort spürt), sondern echt – eine schwere Aufgabe in Krisenzeiten. Experten sprechen spätestens dann vom Mindset. Dabei ist es klarer, hier den deutschen Begriff «mentale Einstellung» zu verwenden. Denn genau das ist es: Eine Einstellung, die jeder Mensch täglich immer wieder neu wählt. Gehe ich mit der Einstellung durchs Leben, dass alles schwierig ist, Mitarbeiter generell unmotivierte Lohnempfänger sind und die Wirtschaft gerade an die Wand fährt? Oder habe ich als Führungskraft aufbauende Gedanken und Einstellungen? 

Die Krise als Brennglas der Kommunikation

Führungskräfte müssen Mitarbeiter nicht motivieren. Das hat noch nie langfristig funktioniert. Es würde schon reichen, wenn man das tun und leben würde, was in den meisten Leitbildern steht. In einer Krise besteht die große Chance, die Mitarbeiter mit ins Boot zu holen. Denn überall bestehen Ängste. Deshalb ist die wahre Aufgabe der Führungskraft, mit den Mitarbeitern genau darüber zu sprechen und so eventuelle Unsicherheiten abzufangen. 

In einer Zeit der Masken ist es in Unternehmen wichtiger denn je, die (unsichtbaren) Masken fallen zu lassen – Mensch zu sein und echtes Interesse an den Mitarbeitern zu zeigen. 

Das schweißt zusammen. Und nur mit einem guten Team kann man eine Krise bewältigen. Genau jetzt ist der beste Zeitpunkt, darüber zu sprechen, warum man das alles macht. Wie man wirklich arbeiten will. Wie man die eigene Lebenszeit – die eigenen 30.000 Tage Lebenszeit – verbringen möchte und welche Veränderungen jetzt zu bewältigen sind. Viele Unternehmen und viele Unternehmer kommunizieren in dieser angespannten Zeit falsch. In schwierigen Situationen zeigt sich das wahre Gesicht eines Unternehmens. Ob die schönen Worte im Leitbild und im Nachhaltigkeitsbericht nur PR-Kosmetik oder die wahren Werte widerspiegeln. 

2021 – Darf man überhaupt von Chancen sprechen?

Die Floskel «Krise als Chance sehen» könnte in diesem Kontext zynisch wirken – zu Recht. Schließlich sind viele berufliche Existenzen gefährdet. Erscheinen dann «Experten», die einem auf die Schulter klopfen und meinen, man solle diese Herausforderung als Chance erkennen, könnte man durchaus handgreiflich werden. 

2021 – Aufgeben ist keine Option!

Für mich war jede persönliche Krise eine Zäsur, ein Einschnitt im Leben. Mit etwas Abstand habe ich diese Momente immer genutzt, um Bilanz zu ziehen: Wie gut bin ich auf meinem Weg? Wie motiviert und inspiriert bin ich in meinem Leben? Wie stark ist meine Energie, wenn ich an meinen Beruf denke? Was muss ich an mir (da fängt alles an), meinem Umfeld und meiner Arbeit verändern, damit die Energie wieder so stark ist, damit ich andere Menschen inspirieren kann? Nochmals: Die Alternative ist aufgeben. Ja, manchmal muss man beruflich oder privat komplett neu beginnen. Aber innerlich aufgeben ist keine Option. Nie.

Img of Stefan Dudas
Über Stefan Dudas

Stefan Dudas ist Business-Experte für Sinngebung. Der Keynote-Speaker, Coach und Autor legt humorvoll das Fundament für neue Denk-Ansätze.