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Customer Experience als strategisches Instrument

CDP, Customer Analytics und Conversational Automation wachsen weiter. Customer Identity und Access Management sind wichtige Trends.
Harald Henn | 06.02.2023
CEX Trendradar 2023 © by Nils Hafner und Harald Henn
 

Qualitatives Wachstum bei Customer Data Platforms (CDP) und Customer Analytics, exponentielles Wachstum bei Conversational Automation: So lässt sich die Entwicklung für 2023 zusammenfassen. Dies lässt sich auf den ersten Blick aus dem Trendradar nicht ableiten.

Wachstumsprognosen für CDP, Customer Analystics und Conversational Automation

Viele Unternehmen haben bereits eine Customer Data Platform – oft unter einer anderen Bezeichnung – im Einsatz und deshalb ist die Einstufung von CDP im Sektor Standard richtig, spiegelt aber die Dynamik in den Unternehmen nur unzureichend wider. Vorhandene CDP Plattformen werden 2023 erweitert oder durch neue Systeme ersetzt. Historisch gesehen sind CDPs im Marketing angesiedelt und sollen die Verantwortlichen unterstützen, operative Marketing-Maßnahmen (zum Beispiel Marketing Automation Systeme) ohne die IT Abteilung durchzuführen. Die Customer Experience ist jedoch nicht auf das Marketing beschränkt, und Customer Journeys machen nicht an der Abteilungsgrenze halt. Die neue Ausrichtung heißt End-to-End-Ansatz und umfasst Marketing, Vertrieb und Customer Service. Diese Entwicklung haben wir im letzten Jahr bei unseren Leuchtturmprojekten bereits skizziert. Im kommenden Jahr tritt dieser Trend mit noch größerer Dynamik zutage.

Eine vergleichbare Entwicklung sehen wir beim Trend Customer Analytics. Viele Unternehmen setzen bereits Einzel- oder isolierte Systeme für die Messung des Kundenverhaltens ein. Die nächste Phase – ab dem kommenden Jahr – wird in der Erweiterung der Messverfahren, der Vernetzung und der systematischen und allgemeinverständlichen Aufbereitung der Daten liegen.

Anders verhält es sich bei der Conversational Automation. Der stürmischen Entwicklung, die wir für 2023 sehen, spielen gleich mehrere Dinge in die Karten. Die Technologie wird in großen Sprüngen schnell besser. Dank OpenAI – einer Non Profit Organisation, die sich mit der Erforschung künstlicher Intelligenz beschäftigt -  sind viele Bausteine wie Spracherkennung, Sprachmodelle oder Intent-Erkennung frei zugänglich und werden von Softwareentwicklern weltweit weiter vorangetrieben. Das Leistungsniveau wird damit auf breiter Front rasch angehoben. Auch wird an diversen Hochschulen enorm an den Möglichkeiten von Conversational Automation geforscht, sei es in Form von Chat- oder auch Voice-Bots. Dabei spielen Themen wie eine emotionale Anreicherung des Bots, um menschenähnlicher zu wirken, oder eine verstärkte Ausrichtung auf den Vertrieb eine große Rolle.

Der zweite Treiber für die Dynamik ist der Fachkräfte-Mangel. Für Customer Service Abteilungen Mitarbeiter zu finden, fällt schwer. Einfache, homogene Anfragen lassen sich vom digitalen Chat- oder Voice-Bot-Kollegen sehr gut erledigen, und Kunden haben sich bei Stadtwerken, dem Online-Handel oder Versicherungen sehr schnell an diese Technologie gewöhnt. Diese Akzeptanz wird weitere Branchen beflügeln, dem Fachkräfte-Mangel mit Conversational Automation zu begegnen.

Der CEX Trendradar 2023 gibt einen Überblick über die wichtigsten Customer-Experience-Trends des Jahres © by Nils Hafner und Harald Henn

Extended Reality und Metaverse stagnieren

Im Gegensatz dazu stecken Augmented Reality/Virtual Reality/Metaverse momentan bei der weiteren Durchdringung im Markt fest. Weniger im B2B Sektor; dort ist der Einsatz gerade im Customer Service bei Investitionsgütern oder Immobilien effizient, für Kunden zeitsparend und etabliert. Im B2C Markt sind viele Experimente mit Gaming Ansätzen ausprobiert worden. Viele davon generieren keinen direkt nachweisbaren Return on Investment und wurden im Krisenjahr 2022 wieder eingestellt. Das „Metaverse“ findet sich als klassischer B2C Ansatz in nahezu allen CX relevanten „Hype Cycle“-Darstellungen des Jahres 2022 wieder. Jedoch fehlen bislang grundlegende Definitionen. Zentral ist auf jeden Fall der Gedanke, einen Avatar durch virtuelle Welten zu bewegen. Im Gaming gibt es das seit 20 Jahren. Einen neuen Schwung werden alle diese Systeme jedoch erst wieder bekommen, wenn die Anwendungen auch abseits des Gamings nachweisbar zu mehr Umsatz führen oder für eine bestimmte Zielgruppe ein „Must have“ darstellen. Für 2023 sehen wir hier eine stagnierende Entwicklung.

Ein Segen für die Customer Journey: CIAM

Last but not least begrüßen wir CIAM – Customer Identity und Access Management - bei den Technologie Trends. Nachdem wir CRM trendtechnisch in den Ruhestand verabschiedet haben, kommt nun CIAM neu hinzu. Digitale Kundenreisen über mehrere Touchpoints hinweg erfordern vom Kunden, dass er sich authentifiziert und/oder identifiziert. Vertrauen in den Anbieter, Einhaltung von Datenschutzrichtlinien auf der einen Seite und möglichst einfache Schritte für den Kunden auf der anderen Seite stellen ein Spannungsfeld für ein sicheres und einfaches Kundenerlebnis dar. Klassischerweise also ein Fall für das „Vereinfachen“ in der Value-Irritant-Matrix. Hier setzen CIAM-Lösungen an. Für komplexe Customer Journeys mit einem starken Fokus auf digitale Touchpoints sind CIAM-Lösungen unverzichtbar. Ein Trend, der nicht gerade sexy daherkommt; der Reiz liegt jedoch darin, gesetzliche Vorschriften, den Schutz der Daten und die notwendigen Abfragen so zu gestalten, dass die Kunden Sicherheit, Vertrauen und Einfachheit zugleich erleben.

Fazit

Gesamthaft sind wir der Ansicht, dass 2023 ein Jahr der Grundlagenarbeit sein wird. So wie beim Hausbau auch zunächst der Architekt einen Plan entwerfen muss (CX Strategie), danach das Fundament gegossen wird (Customer Data Platform) und man anschließend mit dem Mauern des ersten Stocks (Customer Analytics, Customer Journey Management, CX Cockpit,…) beginnt, verhält es sich auch mit CX. Die wirtschaftlichen Krisen werden die CX-Bauherren eher vorsichtig agieren lassen. Beschleunigend wirken Ideen, die auch kurzfristig zu mehr erfolgreicher Automation (Conversational Automation) im Kundenkontakt und zu einfachen Self-Service-Tools (Value-Irritant-Matrix, CIAM) führen. Ansonsten werden solide Konzepte und Umsetzungen dominieren.

*Prof. Dr. Nils Hafner ist internationaler Experte für den Aufbau und die Entwicklung langfristiger Kundenbeziehungen und Professor an der Hochschule Luzern. Harald Henn ist Geschäftsführer der Marketing Resultant GmbH in Mainz, Deutschland. Den vollständigen Trendbericht erhalten Sie auf den Blogs der Autoren hafneroncrm.blogspot.ch und https://marketing-resultant.de/blog-digitaler-kundenservice-call-center-und-crm/