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3D-Druck – die nächste Revolution für Industrie, Handel & Logistik?

Kaum haben sich Industrie und Handel an das Thema Internet und E-Commerce gewöhnt, klopft das nächste Phänomen an die Türe: der 3D-Druck.
Ulrich Eggert | 19.07.2013
Beim 3D-Drucken, auch Rapid Prototyping oder Fabbing genannt, handelt es sich um ein Produktionsverfahren, bei dem digital entwickelte 3D-Dateien mithilfe von sogenannten 3D-Druckern in greifbare Objekte verwandelt werden. Im Prinzip funktionieren 3D-Druck genauso wie herkömmliche Tintenstrahldrucker, nur dass hierbei Schicht für Schicht übereinander gedruckt wird und so ein dreidimensionales Gebilde entstehen kann. Ursprünglich wurde dieses Verfahren für die Industrie entwickelt, um mit seiner Hilfe Prototypen, Modelle oder Muster schnell und kostengünstig entwickeln zu können. Dieses Verfahren ist oftmals der einzige Weg, um Kleinstmengen oder Einzelteile maschinell und wirtschaftlich sinnvoll präzise zu produzieren. Damit folgt der Digitalisierung der Information jetzt auch die Digitalisierung der Produktion – mit erheblichen Konsequenzen eben für die Produktion, aber auch für Logistik sowie auch Groß- und Einzelhandel.
Soweit so gut. Aber zwischenzeitlich sind ganz andere Überlegungen im Markt festzustellen, nämlich die Idee, mithilfe von 3D-Druckern benötigte fertige Produkte direkt bei den Anwendern zu erstellen, anstatt sie in Fabriken zu produzieren und mit Lkws vor die Haustüre der Besteller zu transportieren. Zu Ende gedacht würde dies bedeuten, dass klassische Produktion, Handel und Logistik nur noch eingeschränkt zukunftsträchtig sind. Wird hier nur „die nächste Sau durch das Dorf gejagt?“ Oder handelt es sich doch gar um eine neue industrielle Revolution, wie Jeremy Rifkin, ein Starökonom aus den USA, meint?
Wie immer wird längst nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Aber vor 15 Jahren gab es auch schon das Internet, der E-Commerce steckte aber noch in den Kinderschuhen mit marginalen Marktanteilen von unter 1 Prozent. Heute hat E-Commerce einen Marktanteil von über 10 Prozent am Absatz von neu produzierten Konsumgütern, im Non-Food-Bereich werden dieses Jahr sogar die 15 Prozent überschritten. Der 3D-Druck ist momentan auf dem Stadium, wo das Thema E-Commerce vor 15 Jahren war: bekannt, interessant, aber doch irgendwie noch unwichtig. Daraus hat sich dann ja bekanntlich sehr viel entwickelt. So ist bereits heute abzusehen, dass das Thema 3D-Druck in 15 Jahren ebenfalls in Produktion und Absatz eine große Rolle spielen wird.
Wie schon zu Anfang erwähnt, wird beim 3D-Druck ein Gegenstand vor allen Dingen durch Schichtaufbau produziert – und das Entscheidende ist, das entstehende Produkt wird sofort von Anfang an in der Form produziert, wie es später auch am Markt als Einzelprodukt oder Teil eines größeren Ganzen eingesetzt werden soll. Fräsen, Schleifen, Bohren, Hobeln – all das entfällt, mithilfe des 3D-Drucks können Produkte in endgültiger Form und sogar als als Hohlkörper und damit extrem leicht produziert werden. So gibt es verschiedene Verfahren – Laserschmelzen, Elektronenstrahlschmelzen, Lasersintern usw. – und die eingesetzten Werkstoffe sind sehr häufig thermoplastische Kunststoffe verschiedenster Art, aber auch Metalle, Keramiken, Kunstharze usw. Der Vorteil ist, dass direkt vom Computer über den Druck produziert werden kann – Formen müssen nicht erstellt werden, Maschinen müssen nicht eingerichtet werden, es entstehen kaum Abfälle …
Die ursprünglichen Einsatzgebiete des 3D-Drucks waren, wie eingangs erwähnt, die Vorstufen der Produktion, die Erstellung von Modellen und Mustern. In der Zwischenzeit wurden die Einsatzgebiete bereits erheblich erweitert, etwa auf den Flugzeug- und den Automobilbau. Hierfür werden hochpräzise Maschinen eingesetzt mit entsprechenden Kosten von jenseits von 50.000 Euro. Es gibt jedoch bereits erste 3D-Drucker in der Preislage von unter 1.000 Euro, ja sogar von unter 500 Euro. Mit ihrer Hilfe sind auch Endverbraucher in der Lage, einfache Produkte für sich selbst zu erstellen, wenn die Vorlagen dazu geliefert werden oder derjenige Konsument selbst das Thema CAD / CAM beherrscht.
Und damit ist der Weg geöffnet in eine Massenproduktion von Kleinserien. Das mag nach einem Widerspruch klingen, aber gemeint ist damit Folgendes: Ein Hersteller von Gebrauchskeramik entwickelt eine Grundform, etwa von Vasen, Tassen, Eierbechern usw., die er dem Handel oder dem Endverbraucher zum 3D-Druck und damit zur Produktion überlässt. Durch einfache Eingabe in den Computer ist es aber möglich, diese Grundprodukte zu variieren und damit zu individualisieren – und so kann jeder Konsument den gewünschten Gegenständen einen „eigenen Stempel“ aufdrücken. Damit sind wir direkt im „Mass-Merchandising“ angekommen.
Das bedeutet eine entscheidende Revolution in der Wertschöpfungskette: Wenn der Handel selbst produziert, braucht er nur Software und Rohmaterialien kaufen, der gesamte logistische Aufwand für die Produkte entfällt und damit der Lkw-Verkehr auf den Straßen. Wenn der Endverbraucher selbst in diese Produktion einsteigt, wird auch der Handel immer überflüssiger – er kann die notwendigen Dateien direkt aus dem Internet von entsprechenden Softwareunternehmen beziehen.
Die heutigen Anwendungsgebiete sind vielfältig – wie gesagt, werden damit Konzeptmodelle erstellt, Prototypen, Anschauungsmuster, aber auch Kleinserien und – was noch viel wichtiger ist für die Zukunft: Ersatzteile. Vor allen Dingen Ersatzteile von Produkten, die nicht mehr am Markt geführt werden und wo die Ersatzteillagerung sich nur noch bedingt lohnt. Diese Teile können nun direkt neu produziert werden – von den Reparaturservicebetrieben.
Betroffene Branchen sind momentan Automobil- und Flugzeugindustrie, aber auch Befestigungstechnik, Medizintechnik, Maschinenbau, Militärwesen usw. Es können Haushaltswaren und Kunstgegenstände, Schmuck, Spielwaren, Wohnaccessoires, dentaltechnische Produkte usw. produziert werden. Ein französischer Hersteller ist sogar in den Lebensmittelmarkt eingestiegen: Er produziert Gebäck mithilfe eines 3D-Druckers auf der Basis von Eiern, Mehl, Milch usw.
Aber die Zukunft sieht noch ganz anders aus: Knochen, Ersatzhaut, ja im Prinzip auch Organe können mit diesem Verfahren produziert werden.
Für rein technische Prozesse ist der 3D-Druck bereits mehr als populär geworden. Er ist etwa in der Flugzeugindustrie überlebenswichtig. Insbesondere für die Ersatzteilproduktion im weitesten Sinne ist eine sehr große Zukunft bereits in den nächsten 5 Jahren zu erwarten, das Thema Konsumgüterproduktion dürfte allmählich in kleinen Schritten anrollen und in 8 – 10 Jahren ebenfalls eine gewisse Marktbedeutung erlangt haben. Der Endverbraucher selber wird jedoch zunächst einmal diese Dinge eher als Spaßfaktor sehen. Dass er selbst in die Produktion seiner Bedürfnisprodukte einsteigt, ist sicherlich erst nach einem Zeitraum von ca. 10 Jahren aus heutiger Sicht zu erwarten. Aber in 15 Jahren wird auch das als Marktanteil am gesamten Absatzkuchen festzustellen sein.
Die Produktionsunternehmen werden sich zum Teil umstellen können auf die Lieferung von Software und die entsprechenden Granulate, für die Logistiker und Speditionen verbleibt weniger Arbeit und der Handel wird versuchen, auf diesen Zug zu springen und für den Verbraucher (zum Beispiel über Nacht) seine individuellen Produkte zu produzieren, aber auch er dürfte letztlich Marktanteile in den digitalen Direktvertrieb von haptischen Produkten verlieren. Der gleiche Weg war und ist im Internet zu verzeichnen, auch für die Zukunft. Die Digitalisierung aller Wirtschafts- und Lebensbereiche schreitet voran.
Die komplette Kurz-Studie mit über 20 Seiten Umfang einschließlich Umsatz- und Marktanteilsprognosen steht zum kostenlosen Download auf www.ulricheggert.de/kostenlosestudien.