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Beispiele für gelungenes User-Engagement

Engagement ist immer eine Frage der Definition und man sollte sich im Vorfeld ganz genau darüber im Klaren sein, was man erreichen möchte.
Nico Lumma | 16.11.2011
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de



Social Media ist in aller Munde und die Nutzerzahlen von Facebook sprengen alle Rekorde. Da liegt es nahe, dass immer mehr Marketing-Verantwortliche auf die Idee kommen, auch im Bereich Social Media aktiv werden zu wollen. Anfangs von vielen Entscheidern als Umfeld belächelt, in dem man lieber nicht mit seiner Marke präsent sein wollte, gilt nun der Grundsatz „fish where the fish are” – aber wie? Auch in Deutschland sind im Jahre 2011 alle relevanten Zielgruppen bei Facebook zu finden. YouTube erfreut sich großer Beliebtheit und selbst Blogs werden in Deutschland mittlerweile geschrieben und gelesen. Nach weit verbreiteter Skepsis ist nun eine Phase der Professionalisierung im Umgang mit Social Media eingetreten, die auch zur Folge hat, dass Unternehmen mehr erreichen wollen als nur dabei zu sein.

Social Media unterscheidet sich in vieler Hinsicht von den herkömmlichen Online-Marketingkanälen. Das wichtigste Merkmal allerdings ist, dass die Nutzer im Mittelpunkt stehen und die Nutzer entscheiden, wem oder was sie Aufmerksamkeit schenken. Dabei reicht es für die meisten Marken nicht mehr, einfach nur auf Facebook oder Twitter zu sein, sondern es muß den Nutzern auch etwas geboten werden, damit diese der Marke die gewünschte Aufmerksamkeit schenken. Was den Usern geboten werden muß, das hängt sehr von der Marke und der jeweiligen Community ab – aber eines ist sicher: ohne etwas Aufwand erreicht man nicht, dass die Nutzer Inhalte ansehen, kommentieren, „liken” – also den „gefällt mir”-Button drücken oder gar den Inhalt an ihre Freunde weiterleiten. Das Auslösen dieser Effekte ist der Kern der Social Media-Aktivitäten, denn hier kann sich der große Vorteil gegenüber herkömmlichen Kampagnen herausbilden. Nutzer laden die Inhalte mit Relevanz auf, indem sie ihren Freunden sagen „guck mal, das ist interessant”. Sicherlich kann man auch Social Media-Aktivitäten starten und auf diese Effekte verzichten, aber das bedeutet einen weitgehenden Verzicht auf die positiven Effekte, die Unternehmen mit Social Media erzielen können.

Wir definieren Engagement als das aktive Involvieren des Nutzers, allerdings sind wir uns bewußt, dass insbesondere in Deutschland das Mitmachen oftmals eher zurückhaltend ist. Wir erwarten also keinen fünfminütigen Videofilm, sondern eher einen Kommentar oder einen Like. Engagement ist immer eine Frage der Definition und man sollte sich im Vorfeld der Social Media-Aktivitäten ganz genau darüber im Klaren sein, was man erreichen möchte.

Schauen wir uns einige Kampagnen im Detail an, dann sehen wir unterschiedliche Ausprägungen des Engagements und damit verbunden auch unterschiedliche Erfolge der Kampagnen.


Whopper Sacrifice

Der Whopper Sacrifice ist eine Kampagne von Crispin, Porter + Bogusky für Burger King USA. Und eigentlich ist der Whopper Sacrifice keine Social Media-Kampagne im klassischen Sinn, denn hier wird das Thema Engagement komplett neu interpretiert. Der Whopper Sacrifice aus dem Jahr 2009 ist bislang ein unerreichter Klassiker, da eine sehr simple Idee sofort von jedem verstanden wurde und zu einer massiven Aufmerksamkeit führte. Facebook hatte gerade erst die App-Infrastruktur implementiert und Unternehmen waren bemüht, die neuen Möglichkeiten von Facebook jetzt auch zu nutzen. Der Whopper Sacrifice nutzte die Möglichkeit, über eine App auf den Freundeskreis der Nutzer zurückgreifen zu können, auf eine völlig neue und ungewöhnliche Weise. War bislang das Thema, dass über Apps mehr Nutzer erreicht werden sollten, die dann Fan einer Marke wurden, drehte Crispin, Porter + Bogusky den Spieß um und ermunterte die Fans der Marke Burger King, für einen kostenlosen Whopper zehn Freunden die Freundschaft auf Facebook zu kündigen. Nach dem Hinzufügen der App konnte der Nutzer zehn Freunde auswählen, mit denen er nicht mehr befreundet sein wollte und diese Freunde gingen dann theatralisch in Flammen auf. Nach zehn entfreundeten Freunden gab es einen Gutschein für den Whopper. Die Aufmerksamkeit für den Whopper Sacrifice war immens, was dazu führte, dass nach über 200.000 entfreundeten Freunden der Whopper Sacrifice von Facebook mit Hinweis auf Verstöße gegen die AGB gestoppt wurde. Der Whopper Sacrifice hat innerhalb kürzester Zeit globale Aufmerksamkeit erlangt und wird noch einige Zeit eine Referenzkampagne auf Facebook sein.


Lufthansa Oktoberfest

Lufthansa nutzt seit Jahren das Oktoberfest für werbliche Zwecke und Vielfliegern sind die Stewardessen im Dirndl während des Oktoberfests eine willkommene Abwechslung. Zum Oktoberfest 2010 hat Lufthansa mit einer Kampagne völlig neue Wege beschritten, die versuchen sollte, einen klassischen großen Event mit einer Social Media-Komponente zu verknüpfen und noch dazu über Location-based Services die physikalische Präsenz vor Ort mit einzubeziehen. Herausgekommen ist dabei eine Microsite, die ein Login über Facebook Connect ermöglichte und dann dazu einlud, gemeinsam mit Freunden in einem virtuellen Bierzelt Platz zunehmen, beziehungsweise Freunde zu seinem Tisch einzuladen. Man konnte dann sehen, wie Personen in Trachtenkluft am Tisch saßen und gemeinsam Bier tranken, das jeweilige Avatarbild war ebenfalls zu sehen. Flankierend dazu gab es die Möglichkeit, die Onlinevariante zweier Fahrgeschäfte zu nutzen, um dort Punkte für ein Gewinnspiel zu erspielen. Alle Teilnehmer haben einen Lufthansa-Gutschein bekommen. Für Besucher des Oktoberfestes standen nach einem Check-in mit Foursquare weitere Gewinnmöglichkeiten zur Verfügung, so dass deutlich über hunderttausend Checkins generiert werden konnten. Die Kampagne ist ein wenig hinter ihrem Potential zurückgeblieben, da die Idee des virtuellen Bierzelts leider nur sehr rudimentär umgesetzt wurde und dadurch einiges an Viralität eingebüßt hat, aber dennoch kann man feststellen, dass Lufthansa hier eine insgesamt sehr runde Kampagne entwickelt hat, die das erste Mal in Deutschland Foursquare in einem nennenswerten Ausmaß genutzt hat.


Robinson Koffer App

Für den Robinson Club war die Aufgabe, über eine Facebook App die Anzahl der Fans maßgeblich zu erhöhen und gleichzeitig die Freunde der Fans zu involvieren, damit auch dort Robinson bekannter wird. Die Agentur Scholz & Friends Hamburg (Disclosure: unter meiner Mitwirkung) hat daraufhin ein Gewinnspiel konzipiert, bei dem nicht einfach nur eine Reise verlost wurde, sondern die Freunde der Fans in ein munteres kleines Sammelspiel eingebunden wurden. Die Idee musste so einfach sein, dass das Mitmachen eigentlich selbsterklärend war. Ein Nutzer der Facebook-App Koffer packen! musste genau dies tun, einen Koffer packen. Dazu waren zehn Gegenstände in einen Koffer zu packen. Der Clou: nur einen Gegenstand konnte der Nutzer selber in seinen Koffer legen, die anderen Gegenstände mussten seine Freunde ihm in den Koffer packen. Alle Teilnehmer, die ihren Koffer mit zehn Gegenständen vollbekommen hatten, nahmen automatisch an einer Verlosung für eine Reise in einen Robinson Club teil. Die Koffer-App hat dazu geführt, dass sich die Fanzahlen innerhalb von vier Wochen auf 35.000 mehr als verdoppelt haben und das über den gesamten Kampagnenzeitraum hinweg täglich mehr als 50.000 Anfragen von Nutzern an ihre Freunde geschickt wurden, um Gegenstände in den Koffer gelegt zu bekommen. Über 100.000 Nutzer haben bei dem Gewinnspiel mitgemacht und 10.000 Nutzer haben die Koffer vollgepackt bekommen. Durch die Einfachheit des Spiels wurde dafür gesorgt, dass viele Facebook-Nutzer mitmachen konnten.


Zusammenfassung

Diese Beispiele zeigen, dass die Ziele und Ausprägungen der Kampagnen unterschiedlicher nicht sein können. Von einer einfachen, aber sehr starken Idee über eine aufwendig integrierte Onlinelösung mitsamt Location-based Service bis hin zu einer einfachen, aber involvierenden Spielmechanik gibt es viele Möglichkeiten, mit und über die Nutzer Engagement zwischen Marke und Nutzer auszulösen. Alle genannten Beispiele haben zudem nicht im luftleeren Raum stattgefunden, sondern wiederum zu Pinnwand-Einträgen oder Blogposts geführt, so dass man sagen kann, dass durch das Engagement die Aufmerksamkeit für die Kampagne über den Kampagnenzeitraum hinweg massiv gestützt wurde. Wichtig ist auch zu sehen, dass gelungene Kampagnen nicht nur ihre Zielgruppe erreichen sollen, sondern sie auch nicht überfordern dürfen. Das Auspendeln des geforderten Engagements ist eine der großen Herausforderungen bei Social Media-Kampagnen und hier ist es nicht immer hilfreich, nur zu schauen, was in anderen Märkten bereits funktioniert hat. Aber auf der Suche nach Likes, Kommentaren und Weiterleitungen ist das Fokussieren auf das Engagement des Nutzers der Weg zum Ziel.