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Customer Experience Management: Wie servicegerechte Kommunikation im Internet zur Kundenloyalität beiträgt!

Dirk Zimmermann | 29.08.2007
Der Kunde im Zentrum einer neuen Betrachtungsweise

Im Laufe der letzten Jahre konnte man den Eindruck gewinnen, daß unsere Marktwirtschaft im „Zeitalter des Kunden“ angekommen ist. Immer öfter wurde der Kunde zum Zentrum der Betrachtungsweise erkoren und viele Experten aus unterschiedlichen Bereichen - ob Vertrieb, Marketing, Kommunikation und Relationship Management - haben sich intensiv damit auseinandergesetzt, wie man die profitabel und andauernde Zuneigung des Kunden für die Unternehmen erschließbar machen kann.

Ob One-to-One-Marketing, Customer Relationship Management, Permission Marketing oder Kundenwertmanagement, alles wurde versucht, um mit entsprechenden Strategien den Kunden in einer mehr oder weniger individuellen Form zu umwerben, und sich so in eine Position zu manövrieren, die es erlaubt die Absatz- und Umsatzpotentiale der Kunden noch besser auszuschöpfen, aber in Wirklichkeit nichts aktiv für die Befriedigung der eigentlichen Bedürfnisse der Kunden zu unternehmen.

Nehmen wir als Beispiel das Customer Relationship Management: eine Betrachtungsweise von innen nach außen. Ziel ist es, aus Unternehmenssicht die Kräfte besser zu bündeln und zu fokussieren, um letztendlich, und vor einer jetzigen wirtschaftlichen Situation, eine kurzfristige Erreichung des Umsatzes zu erzielen und gleichzeitig noch Kostensenkung zu betreiben. Was CRM nicht berücksichtigt, ist die Erwartung der Kunden an das Unternehmen: wie wollen Kunden vom Unternehmen angesprochen werden, wie und in welcher Form wollen sie beraten werden, in welchem Zusammenhang und von wem erwarten Sie Antworten auf Ihre Fragen, welchen emotionalen Kick hätten Sie gerne und wie muß, im individuellen Verständnis der Kunden, guter Service sein.

Bei all den erfolgsverheißenden Konzepten, die darauf abzielen, ein ordentliches Fundament für eine lebenslange Kundenbeziehung zu schaffen, wird die Ermittlung und Integration der wirklichen Kundenansprüche in Wahrheit außer Acht gelassen.

Die neue Disziplin Customer Experience Management (CEM) beschäftigt sich mit dieser Sicht von außen. Indem aus der Warte des Kunden Beratungs-, Bestell-, Kaufsituationen schrittweise analysiert und interpretiert werden, wird es möglich, zu verstehen, welche tatsächlichen Erwartungen vorhanden sind und wie diese am besten erfüllt werden können.

Es gibt unzählige Beispiele dafür, wie unterschiedlich doch das Verständnis, wie Kunden sich informieren, wie sie kommunizieren und welche Erwartungen Sie an den Anbieter und die entsprechenden Interaktionen haben, zwischen Unternehmensbetrachtung und Kundeneinschätzung ausgeprägt ist.

Nehmen wir die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden im Internet.

Mit der Informationspolitik auf den Corporate Sites der Unternehmen mögen zwar viele gute Absichten verbunden sein, dem Kunden das Unternehmen dezidiert vorzustellen und die Geschäftsphilosophie transparent zu machen, dennoch zeigen sie die Diskrepanz zwischen Kundenanspruch und (Service)Wirklichkeit.


Informieren einfach gestalten

Ein Kunde möchte sich über verschiedene Produktsparten des Unternehmens informieren, nicht aber mühsam und sehr zeitaufwändig durch einen Dschungel von Links und Verzweigungen hindurch arbeiten, um am Ende herauszufinden wo Anknüpfungspunkte für eine möglicherweise ergiebige Geschäftsbeziehung bestehen.

Manche Unternehmen, insbesondere Konzerne, die über zahlreiche Einzel- und Tochtergesellschaften verfügen, vereinen unter dem Dach ihres Internetauftritts riesige Lagerstätten für Produkt und Dienstleistungsbeschreibungen, die nicht selten minuziös aufgeteilt und kategoriös geschichtet sind, daß es für den informationssuchenden Kunden zu einer wahren Odyssee wird, das für ihn Interessante und Wichtige auch tatsächlich zu finden.

Die Konsequenz aus dieser gut gemeinten, aber allzu umfangreichen Informationspolitik: zu lange Suchvorgänge, zu viele Klicks und ein vorzeitiges Verlassen der Website und damit ein negatives Unternehmenserlebnis für den Kunden.

Aus der Sicht des Customer Experience Management (CEM), also der Sicht von außen nach innen würde man die virtuelle Unternehmenskommunikation daran messen, ob es dem Kunden

- den Informationsprozeß einfach macht
- wenig Zeit verschlingt
- eine persönliche und angenehme Kommunikationskultur vermittelt
- und vielleicht sogar noch ein positives Erlebnis vermittelt, also Spaß bringt.

Dazu müssen die Unternehmen in die Schuhe des Kunden schlüpfen und verstehen, welche Fragen ihm durch den Kopf gehen, bevor er sich zu einem Informationsbesuch im Internet entschließt.

Fragen aus Kundensicht vor dem virtuellen Unternehmensbesuch

1. Finden: „Wie komme ich hin?“
2. Eintreten: „Wie komme ich rein?“
3. Orientieren: „Wo finde ich was?“
4. Navigation: „Wie finde ich was?“
5. Anschauen: „Wie sind die Informationen?“
6. Auswählen: „Wie komme ich dran?“
7. Kontaktieren: „Wer hilft weiter?“
8. Interagieren: „Was muß ich dafür tun?“
9. Informieren: „Wo gibt es mehr?“

Das ist leichter gesagt als getan, denn Kunden artikulieren nicht immer Ihre Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse, wenn es darum geht sich medialer Informationen zu bedienen oder ein elektronisches Kommunikationsangebot in Anspruch zu nehmen.

Selbst mit intensiver und regelmäßiger Marktforschung, gelingt es oft nicht herauszufinden, welche Aspekte für den Kunden in entsprechender Kontaktsituation wirklich relevant sind.


Schnelle Orientierung bieten

Der Internetauftritt des Unternehmens ist ein Zugangsweg für Kunden, bei dem es besonders wichtig ist, den Kontakt zu vereinfachen, weil die Erwartung der Kunden an die Zeit, wie sie investieren müssen, eine andere ist als beim Besuch im Unternehmen vor Ort.

Deshalb ist es im Sinne des Kunden, schnell, einmal vor Ort in der virtuellen Empfangshalle des Unternehmens angekommen, sich zu orientieren und ein Leitsystem vorzufinden, welches ihn zielsicher und genau an den richtigen Ort der Informationen führt.

Aus Kundensicht wäre ein virtueller „Unternehmensführer“, welcher den Besucher nicht nur am Eingang begrüßt, sondern ihn auch in das „Gebäude“ geleitet und dort mit ihm anhand eines kleinen Rundgangs, die interessantesten Bereiche und Kompetenzen vorstellt, das Beste.

Das Pharmaunternehmen Fresenius bietet seinen Kunden beim Eintreten auf die Unternehmensseite im Internet eine „Guided Tour“ an, bei der einzelne Fachberater, die Rolle des „Unternehmensführers“ einnehmen und den Online Besucher nicht nur mit den wichtigsten Seiteninhalten bekannt machen, sondern anschließend auch für eine weitere persönliche Kontaktaufnahme zur individuellen Beantwortung von Fragen zur Verfügung stehen.

Dem Kunden wird so die Möglichkeit geboten, sich zunächst auszugsweise mit dem kompletten Inhaltsangebot vertraut zu machen, um dann, nachdem ein schnelles Zurechtfinden auf dem „Unternehmensgelände“ exemplarisch veranschaulicht wurde, sich direkt und sicher auf den Weg zum gewünschten Informations- und Kommunikationsangebot zu machen.

Gleichzeitig, ist es für den Online Besucher jederzeit möglich, aus dem geführten Rundgang auszusteigen, um sich einen der vorgestellten Inhaltsbereiche genauer anzuschauen und Informationsbedürfnisse zu vertiefen, nicht ohne die Option zu nutzen, den Rundgang an anderer Stelle fortzusetzen.

Hier wird Customer Experience Management zum Erfolgskriterium: mit der „Guided Tour“ werden die Sorgen des Kunden, sich auf der Internetseite zeitsparend und effektiv umzusehen, abgebaut, indes der Kunde erfährt mehr „Lust auf weitere Informationen“ und wird zudem zu einem weiterführenden, persönliche Dialog eingeladen.


Eine intuitive Navigation tut ihr übriges!

Sie sollte so aufgebaut sein, daß sie sich bei der Unterstützung der Informations-suche an den Fragen der Kunden orientiert und nicht einer Ordnung folgt, die sich an den gruppierten Angeboten des Unternehmens orientiert: „Wir über uns, unser Firmensitz, unsere Produkte, unsere Services, etc. ...“

Kunden, die sich auf den Corporate Sites eines Unternehmens umschauen, sind nicht per se als Informationssammler zu betrachten, sondern sind nutzengesteuert: sie haben ein bestimmtes Problem, daß sie lösen möchten und suchen in diesem Zusammenhang nach gezielten Informationen. (vgl. auch Studie „Service Communicates!“)

Entsprechend sollten Unternehmen ihren Internet-Auftritt aus dieser Sicht gestalten: „Sie sind neu hier, Sie suchen einer bestimmten Information, Sie wollen mitentsprechenden Fachleuten Kontakt aufnehmen, etc. ...“


Persönlichen Dialog aufbauen

Schon beim Einstieg auf die Internetseite entsteht so etwas wie eine persönliche Beziehung zum Kunden.

Deshalb macht es einen Unterschied für die Erfahrungssituation des Kunden, ob er freundlich und sympathisch empfangen wird, z.B. durch eine entsprechende allgemeine Begrüßungsfloskel: „Herzlich Willkommen bei...“ bzw. mit seinem Namen angesprochen wird: „Guten Tag, Herr...“, oder ob er sich gleich beim Eintreten vorkommt wie der X-te Besucher in einer unendlichen Menge von Besuchern, die es gilt massenhaft durchzuschleusen und rationell abzufertigen.

Hingegen erwarten Kunden von heute, daß ihre individuellen Informations-Bedürfnisse maßgeschneidert und mit einem hohen Maß an Personalität befriedigt werden.

Übertragen auf die Betrachtung der virtuellen Unternehmenskommunikation aus Kundensicht heißt das: Angebote von und durch den Kunden inhaltlich und thematisch selbst bestimmbaren, personalisierten Newsletter, regelmäßigen E-Mails, sowie Einladungen zum Kontakt mit Fachleuten und Besuche auf eigens dafür eingerichteten Foren.

Gleichzeitig stellt eine zeitnahe individuelle Beratung, wie der Chat mit Fachleuten, um z. B. spezielle Fragen zu beantworten, für Unternehmen eine hervorragende Möglichkeit dar, einen persönlichen Dialog zu ihren Kunden aufzubauen.

Unternehmen, wie der Agrarkonzern BayWa, haben dazu für Landwirte ein sogenanntes „Farmers Forum“ in ihren Internetauftritt integriert, wo hauseigene Experten mit Kunden zu Produkten und Anwendungen Stellung beziehen und über neueste biologische, chemische und technische Entwicklungen chatten.

Über diesen Weg bietet das Unternehmen seinen Kunden mehr als nur Informationen und sammelt dabei eifrig wertvolles Wissen über die Anliegen und Präferenzen der Anwender.

Dialog im Internet, das bedeutet aber auch und gerade Kommunikation via E-Mail zwischen Unternehmen und Kunden.

Viele Unternehmen, die zum einen, entsprechende Angebote zur Kontaktaufnahme in ihren Seiten integriert haben, und zum anderen, ihre Kunden durch diese Angebote zu Anfragen einladen, sind nicht nur durch ein hohes Aufkommen in der Beantwortung schlicht und einfach überfordert, sondern vermitteln durch die Qualität der Antworten, daß sie von kundengerechten Lösungen noch weit entfernt sind.

Inhaltliche und formale Mängel in der elektronischen Korrespondenz, wie zum Beispiel die fehlende persönlichen Anrede, der Bezug auf die Anfrage, der Grad der Beantwortung sowie die Verständlichkeit der gegebenen Informationen, stellen den Unternehmen das Zeugnis aus, noch nicht auf der Seite des Kunden angekommen zu sein. (vgl. auch Studie „Service Communicates!“)

Damit verpassen immer noch viele Unternehmen die Möglichkeit, über einen persönlichen Dialog, in kleinen und feinen Schritten eine intensive und vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen.


Zusatznutzen: Virtuelle Beratung

Bequemlichkeit ist nach wie vor eine Antriebsfeder des Menschen; so wissen es viele der Kunden von Amazon zu schätzen, daß ihre Vorlieben und Präferenzen bereits bekannt sind und während des Informations- und Bestellvorgangs dazu genutzt werden, auf ergänzende Produkte oder Dienstleistungen hinzuweisen und damit den Kaufvorgang beratend zu begleiten.

Ein entsprechendes Customer Experience Management für die Beratung der Kunden auf Corporate Sites sollte einmal über die Einführung von freundlichen Avataren nachdenken, die zum einen effektiv bei der gezielten Informationssuche unterstützen und durch einen kontinuierlichen Dialog mit den Besucher, nicht nur diesen, sondern auch dessen Informationsbedürfnisse kennenlernen würden, was wiederum dem Informationssuchenden zugute käme, weil der elektronische Gesprächspartner nun gezielte Beratungshinweise geben könnte.

Noch sind die Angebote der Unternehmen im Internet weit entfernt von solchen kundenorientierten Services. Vielmehr wird versucht, durch das Angebot von passiven Bibliotheks- und Archivlösungen, die meisten der aufkommenden Fragen durch Standardausführungen zu beantworten. Beispiele dafür sind: Glossare, FAQ’s und Online-Mediencenter.

Damit wird der Kunde in seinen Beratungsbedarf nicht nur wieder auf eher allgemein gehaltene Informationsware verwiesen, sondern er nimmt auch den Eindruck mit, daß das Unternehmen ihm weder entsprechende Aufmerksamkeit und Zeit widmen möchte.

Dabei wird der Faktor Zeit heute und in Zukunft, gerade bei der Begegnung von Kunden und Unternehmen eine besondere Rolle spielen: zum einen bringt der Kunde unserer Tage immer weniger Zeit mit und sollte deswegen durch die Unternehmen von allen Zeitfressern in Informations-, Kommunikations- und Interaktionsprozeß befreit werden, damit letztendlich genügend Zeit dafür bleibt, auf individuelle und persönliche Anliegen in Ruhe einzugehen.


Wege zur Kundenloyalität

„Das reine Anbieten von Produkten und Dienstleistungen reicht heute nicht mehr aus – die Kunden wollen etwas erleben“

Diesem Trend folgend, haben bereits einige Unternehmen erkannt, daß durch die bewußte Schaffung emotionaler Erlebniswerte, die in ihrer „Summe“ ganze Erlebniswelten für Produkte und Dienstleistungen sein können, Differenzierungs- und Positionierungspotentiale am Markt entstehen.

Eine Methode dem Kundenverlangen gerecht zu werden, ist die Schaffung eines durchgängigen Themas, dem alle Aspekte des Angebotes untergeordnet werden. An die Stelle der rein materiellen Bedürfnisbefriedigung tritt das ganzheitliche Erleben.

Vorreiter dieser Bewegung sind Erlebnisparks, Themenrestaurants, Themenhotels oder Erlebnis-Kaufhäuser. Die Gestaltungsmöglichkeiten von Erlebniswelten sind vielfältig. Sie bedienen sich der Elemente von Architektur, sämtlicher Medien, aber auch Kunstformen, wie Video, Projektionen, mechanische Installationen und Graphik.

Bei der Inszenierung von Erlebnissen geht es also nicht nur darum, die Kunden zu unterhalten, sondern darum, sie in das Erlebnis mit einzubinden.


Wichtig ist die durchgehende Erzeugung von positiven Signalen in Verbindung mit dem kommunizierten Thema.

Dazu gehören zum Beispiel die Eindrücke die ein Kunde als Online-Besucher in einem Unternehmen mitnimmt: wie sind die verschiedenen Nuancen der „virtuellen Gastlichkeit“ angelegt bzw. welche speziellen Erwartungen kommen dabei auf den Gastgeber zu.

In der aktuellen Studie „Service Communicates! Studie zur Service-Qualität der Unternehmenskommunikation im Internet“ ist das X [iks] Institut für Kommunikation und ServiceDesign® der Frage nachgegangen, was Unternehmen tun können, um z.B. die Kommunikation mit dem Kunden beim Besuch auf ihren Corporate Sites zum Erlebnis werden zu lassen.

Dazu wurden mehr als 50 Unternehmen der TOP 200 in Deutschland einer Experten-Betrachtung unterzogen und auf der Suche nach besonderen „Erlebniswelten in der virtuellen Kundenkommunikation“ von A bis Z inspiziert.

In allen Phasen der Begegnung mit dem Online-Besucher, so das Fazit der Studie, sind noch Potentiale für die „erlebnishafte Gestaltung“ der Unternehmens-kommunikation zu finden.

Insbesondere in der besuchergerechten Anlage der Informations-, Kommunikations- und Interaktionsprozesse wird noch zu wenig auf die Integration der persönlichen Bedürfnisse des einzelnen Online-Besucher eingegangen.


Empfehlung

Weitere Überlegungen zur Gestaltung eines erfolgreichen Customer Experience Managements finden Sie in der Studie „Service Communicates!“ unter der Rubrik STUDIEN im Internet: www.DieServiceForscher.de

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Über Dirk Zimmermann

Dirk Zimmermann interessiert besonders die Förderung des Wissens und die Stärkung der Kompetenzen für eine erfolgreiche Serviceentwicklung.