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Die kundenzentrierte Geschäftsorientierung in der Automobilbranche

Wer hat Angst vor seinen Kunden?
Hartwin Maas | 30.07.2007
Gute Qualität, fairer Preis und hohe Verfügbarkeit – Schlag- oder Reizwörter – reichen heutzutage nicht mehr aus um die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens zu sichern. Gerade in der Automobilbranche ist die Produktqualität von Premiummarken schon längst einem hohen Standard angepasst und der Preis spielt keine Rolle, da das Preisniveau allgemein hoch ist. Die Verkaufszahlen der Autohäuser sinken, die Kon-kurrenz nimmt unermüdlich zu – wer jetzt schläft, verpasst seine Chance.

Darüber hinaus wurde innerhalb der EU im Juli 2002 der Weg zum Multi-Branding durch den Wegfall der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) geebnet, welcher Exklusivverträge zwischen Autohersteller und Autohändler untersagt. Dies wiederum steigert den Druck des bereits hohen Wettbewerbs in der Auto-mobilbranche. Neue Konzepte müssen her und dabei sollte nicht alter Wein in neue Schläuche gegossen werden.

Genau hier plädiert das Team von Boss & Maas für ihren Erfolgsfaktor: die kundenzentrierte Geschäfts-orientierung. Das Konzept der kundenzentrierten Geschäftsorientierung wurde durch Boss & Maas nach einer Analyse der Kunden beim folgenden Volvo-Händler implementiert:

Die Untersuchung des über 35 Jahre lang aufgebauten Kundenstammes des Volvo-Händlers mit vier Niederlassungen ergab, dass die Kaufentscheidung hauptsächlich durch drei Faktoren beeinflusst wird: Händlerqualität (31,6%), Marke (15,0%) und Kundenbeziehung (53,4%).

Die Händlerqualität wird damit interpretiert, wie ein Kunde behandelt wird. Dabei spielen Service, Lieferung, Umgebung und das physische Produkt eine zentrale Rolle. Dies beinhaltet sowohl die Qualität von Reparaturen und Inspektionen als auch die Aufmachung des Ausstellungsraums sowie die Ortswahl des Händlers. Da die Produktqualität im Premiumsegment bereits hohen Standards entspricht, nimmt der Kunde den Service von Reparaturen seltener in Anspruch und deswegen hat die Aufmachung und Atmosphäre des Showraums größeren Einfluss auf die Loyalität. Demzufolge lassen luxuriös eingerichtete Ausstellungsräume auf einen hohen Marken- und Qualitäts-Status schließen.

Die Marke Volvo wird im Allgemeinen als subjektiv und emotional wahrgenommen, so auch bei diesem Händler. Einerseits wird die Wahrnehmung durch die Erfahrungen mit dem Händler beeinflusst und andererseits durch Marketingstrategien und -taktiken geformt. Das Image der Marke Volvo überträgt sich dabei automatisch auf den Volvo-Händler. Der Händler einer Premiummarke hat also wenig Einfluss auf die Marke. Hierbei muss aber zwischen der Marke des Autos und der Name des Autohauses differenziert werden.

Die Wertschätzung der Kundebeziehung ergab sich mit 53,4% als entscheidende Größe in der Untersuchung. Das ist zwar keine große Überraschung und in vielen Industrien ein alter Hut, aber wo wird es tat-sächlich geschätzt, geschweige denn angewandt? Ist z.B. in Ihrem Bekanntenkreis eine Familie, die ein Kindersitz von einem Autohändler geschenkt bekommen hat, als sie Nachwuchs bekam, oder werden Sie angerufen, wenn der TÜV fällig ist, um gleich einen Termin auszumachen?

Genau hier kann der Autohändler am meisten Einfluss auf die Beziehung ausüben, um die Loyalität zu erhöhen. Sobald ein Kunde einen Volvo kauft oder nur einen Dienst in Anspruch nimmt, ergibt sich dem Händler die Möglichkeit, diese Beziehung auszubauen und die Anzahl der Kontaktpunkte zu erhöhen. Dabei ist es wichtig, sämtliche Daten über den Kunden zu sammeln und zu analysieren, wie z.B. Familie, Hobbys oder Beruf und nicht nur Kilometerstand und Baujahr des Fahrzeugs.

Das Team um Boss & Maas entwickelte aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung zugeschnittene Programme pro Niederlassung, die die Beziehung zu den Kunden weiter festigen und neue Kunden zielgerichtet gewinnt. Auch die Managementziele wurden den Loyalitätsprogrammen pro Niederlassung angepasst und die kurzfristigen Verkaufszahlen nicht mehr als Ziel gesetzt.

Die Implementierung ergab eine durchschnittliche Verbesserung der Loyalität um fünf Prozentpunkte, dass sich auch in der Erhöhung des gesamten Unter-nehmenswertes um 20% bemerkbar machte. Der Mil-lionenbetrag in dem 130-Mann-Betrieb ließ jeden Zweifel an der Kundenorientierung außen vor. Die benötigten Investitionen für die Implementierung und Ausübung der entwickelten Programme konnten in-nerhalb eines Jahres bei diesem Volvohändler amortisiert werden.

Die Analyse ergab, dass Autohändler heutzutage nicht nur ein Produkt auf vier Rädern verkaufen, son-dern sie müssen eine ganze Servicepalette der Mobi-lität anbieten. Dabei spielt die Kundenbeziehung eine zentrale Rolle und das gesamte Geschäft muss sich am Kunden orientieren und nicht an nackten Verkaufszahlen. Die Automarke spielt zwar bei jedem Kunden eine individuell wichtige Rolle, darf dabei aber nicht isoliert betrachtet werden. Der Kunde, nicht die Marke oder das Produkt, muss dabei im Mittelpunkt stehen. Werte, die dem Kunden wichtig sind, müssen kontinuierlich untersucht und gemessen wer-den. Um die Loyalität zu erhöhen, müssen die Ergeb-nisse auch genutzt werden. Somit kann der Händler jedem Kundensegment einen individuellen Service anbieten, was die Loyalität und letztendlich den Unternehmenswert erheblich erhöht.


Boss & Maas
Dipl.Wirt-Ing. (FH) Hartwin Maas, MIB
hartwin.maas@boss-maas.com
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