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Dienstleistungen erfolgreich vermarkten

Dienstleistungen werden nicht grundlos auch als Vertrauensgüter bezeichnet.
Thomas Scheuer | 16.10.2007
Es ist durchaus einfacher, die sprichwörtlich böse Schwiegermutter zu verkaufen als eine Dienstleistung. Denn die Schwiegermutter kann vor dem "Kauf" begutachtet werden und mit gutem Willen wird man auch die eine oder andere gute Seite an ihr finden. Stellt sie sich dann doch als untragbar heraus, mehren sich halt die "geschäftlichen Termine am Wochenende". Bei unsichtbaren Dienstleistungen ist es komplexer - sie sind im Vorfeld nicht zu begutachten und die Rückgabe schließt sich aufgrund ihrer direkten Ausrichtung auf den Kunden oder zeitlichen Vergänglichkeit ebenso aus. Eine verkaufte Beratungs- oder Speditionsleistung ist erbracht und kann selbst bei Unzufriedenheit des Kunden nicht zurückgegeben werden. Außerdem ist die geleistete Tätigkeit, wie beispielsweise die individuelle Programmierung einer Software, so auf den Einzelkunden zugeschnitten, dass sich auch hier die Rückgabe ausschließt. Oder: Wie wollen Sie eine Friseurleistung zurückgeben oder eine getätigte Urlaubsreise zurücksenden?

Kunden sind sich also des hohen Risikos einer Falschentscheidung beim Dienstleistungskauf durchaus bewusst und suchen während ihrer Kaufentscheidung andere Indikatoren zur Beurteilung des Angebots, als dies bei Produkten oder Investitionsgütern der Fall ist. Da die eigentliche Leistung nach wie vor unsichtbar ist, wird der Anbieter selbst bewertet, beispielsweise mit den Eigenschaften Reaktionsbereitschaft, Verlässlichkeit oder Einfühlungsvermögen. Spätestens hier wird klar, warum wir bei Dienstleistungen von "Vertrauensgütern" sprechen - der Kaufabschluss besteht im Wesentlichen aus bloßem Vertrauen. Das Risikoempfinden beim Käufer ist enorm und er möchte natürlich keine teure und aufwändige Falschentscheidung treffen. Der Vertrieb von Dienstleistungen muss also Sicherheiten vermitteln und Vertrauen aufbauen. Die nachfolgend aufgeführten und durchaus unspektakulären Tipps bringen Sie beim Vermarkten von Dienstleistungen ein gutes Stück weiter - denn Sie bauen Vertrauen auf und geben Kunden das Gefühl, die richtige Entscheidung zu treffen:

1. Geben Sie Garantien. Garantien auf das Leistungsergebnis vermitteln Kunden echte Sicherheit. Sie geben also nicht nur eine Absichtserklärung ab, sondern bürgen für die korrekte Leistung - der Kunde kann sich also etwas entspannen. Gewähren Sie Kunden eine Fertigstellungsgarantie, wenn die termingerechte Erledigung ein Entscheidungskriterium ist, und sie fühlen sich in ihrem Anliegen verstanden. Bieten Sie von sich aus die Zahlung einer Konventionalstrafe an, sollte das Projekt nicht termingerecht fertig gestellt sein. Das gibt Ihren Kunden Sicherheit und spornt zugleich noch Ihre Mitarbeiter an. Eine Erfolgsgarantie dagegen verspricht Ihren Kunden die Nachhaltigkeit einer bestimmten Leistung oder den Erfolg Ihrer Maßnahme und mindert das Kaufrisiko. Als Garantieleistung einer Suchmaschinen-Rankingagentur, die von ihrer Arbeit überzeugt ist, wäre etwa die garantierte Mindestplatzierung innerhalb einer Suchmaschine geeignet. Agenturen, Unternehmensberater und andere Dienstleister werden mehr und mehr herausgefordert, sich am Erfolg ihrer Tätigkeiten messen zulassen. Zumeist reicht eine Mischung aus fixen und variablen Honoraranteilen, um dem Kunden die nötige Gewissheit zu geben, dass Sie Ihr Bestes tun. Die Maßnahme funktioniert natürlich nur, wenn Sie Entscheidungsgewalt besitzen und sich Erfolg tatsächlich auf Ihre Leistung zurückführen lässt.

2. Achten Sie auf das Sichtbare. Denn von Qualität und Aufmachung des Sichtbaren, wie Internetauftritt und Broschüren, schließt der Kunde auf die Qualität der zu erbringenden Dienstleistung. Genauso wichtig sind hier das Personal wie auch die Geschäftsräume des Unternehmens. Wer also mit semiprofessionellen Unterlagen und Kleidung von vorgestern präsentiert, darf sich nicht wundern, wenn sich die Unsicherheit auf Kundenseite nicht abbaut, sondern eher noch verstärkt. Und bedenken Sie: Der Besprechungsraum ist der Raum der Präsentation (hier müssen Sie glänzen!) und nicht der Stauraum oder der Platz für die alten Möbel und Rechner. Wenn Sie mit dem alten Notebook zum Kunden fahren, wird er sich seinen Teil denken. Präsentieren Sie sich aber professionell und mit hochwertiger Hardware, zeigen Sie dem Kunden ein gesundes und erfolgreiches Unternehmen - der Vertrauensaufbau gelingt!

3. Seien Sie zuverlässig. Jeder von uns ärgert sich bei Unpünktlichkeit und anderen Unzuverlässigkeiten von Geschäftspartnern. So auch Ihre Kunden. Halten Sie sich deshalb strikt an Abmachungen, denn schon durch die kleinste Unzuverlässigkeit können Sie sich komplett für weitere Tätigkeiten disqualifizieren. Und verschieben Sie niemals Termine - denn das gibt Ihrem Kunden das eindeutige Signal, dass Sie entweder nicht Herr Ihrer Zeit sind oder dass es etwas Wichtigeres als ihn gibt. Auch wenn die Umdisponierung für den Kunden kein Problem darstellt, es bleibt ein fader Beigeschmack. Für den Kunden ein Indiz für Unzuverlässigkeit auch in der Ausführung der eigentlichen Dienstleistung.

4. Jetzt aber schnell. Denn die Reaktionszeit zwischen Anfrage und Antwort ist ein maßgebliches Indiz für die Priorität des Kundenkontakts. Kunden benötigen von einem Dienstleister in der Regel dann das Angebot, wenn sie danach fragen - nicht Tage später. Viele Unternehmen haben standardisierte Leistungen mitsamt ihren Preisen im Internet. Aber nicht immer ist dies möglich, da zu viele individuelle Faktoren zu berücksichtigen sind. Dann ist Schnelligkeit gefragt, denn es gilt durchaus: "Der frühe Vogel fängt den Wurm". Die Reaktionszeit, mit der Sie ein Angebot oder Informationen abgeben, liefert dem Kunden ein Indiz für Ihre Reaktionsfähigkeit während eines Auftrags. Er wird es in den seltensten Fällen bewusst so bewerten, aber schließlich urteilen Dienstleistungskunden nach dem "Gesamteindruck" - die Leistung ist ja noch nicht sichtbar.

5. Zeigen Sie Einfühlungsvermögen. Kunden wollen ernst genommen und nicht in Schubladen oder Formen gepresst werden. Es zeichnet Sie aus, wenn Sie flexibel und anpassungsfähig sind und sich an die Stelle des Kunden denken, sich also mit ihm und seiner Problemstellung identifizieren. Hier ist oft die Stunde kleiner und mittelständischer Unternehmen gekommen, denn sie reagieren meistens individueller als die "Großen". Signalisieren Sie Ihren Kunden klar, dass ihr Anliegen verstanden wurde und eine individuelle Lösung entwickelt wird. Sie kennen aus Ihrem alltäglichen Geschäft, dass Sie - obwohl Sie Ihren Bedarf exakt geschildert haben - ein Standardangebot erhalten, welches Anforderungen und Wünschen nicht gerecht wird.
Wenn Sie Privatkunden bedienen, machen Sie sich Gedanken über Ihre Erreichbarkeit. Beispielsweise Bildungsträger in der Erwachsenenbildung, Ärzte, Banken ... tun gut daran, dann zur Verfügung zu stehen, wenn man sich mit ihrem Angebot beschäftigt - eben in der Regel abends oder am Wochenende. Und wie ist es bei Ihnen? Wenn Kunden merken, dass Dienstleister sie so wichtig nehmen, dass sich das Unternehmen an den Kunden anpasst, ruft dies Begeisterung hervor. Das Gegenteil macht es noch deutlicher: Mehr als zwei Drittel der wechselnden Kunden suchen einen anderen Dienstleister auf, weil sie mit dem Personal unzufrieden waren. Sie fühlten sich schlichtweg nicht ernst genommen.

6. Faktor Mensch! Neben Fachkompetenz (die Kunden im Zweifelsfall nicht bewerten können) ist die gute zwischenmenschliche Basis, quasi die "Chemie", ausschlaggebend. Höflichkeit und Vertrauenswürdigkeit - im Hinblick auf den Vertrauensaufbau stellen sie sogar die wesentlichsten Komponenten dar. Je komplexer und somit risikoreicher die zu erwerbende Dienstleistung aus Kundensicht ist, desto wichtiger sind Unternehmen sowie deren höfliche Mitarbeiter, die Sicherheit und Vertrauen vermitteln können. Wer sein Vermögen einem Vermögensverwalter anvertraut, muss von ihm überzeugt sein - nicht nur fachlich, sondern eben auch in der Vermittlung von Sicherheit und Vertrauen. Dies ist der Grund, warum es in vielen Unternehmen mehr oder weniger strenge Kleiderordnungen gibt - denn es ist nun mal kaum Vertrauen erweckend, von einem mit Hawaii-Hemd bekleideten Versicherungskaufmann bedient zu werden. Der Tipp hierzu ist simpel, aber wichtig: Arbeiten Sie an Ihrer Persönlichkeit! Lassen Sie sich in Kleidungsfragen professionell beraten und eignen Sie sich den aktuellen Business-Knigge an. Denn wenn die zwischenmenschliche Chemie zwischen Kunden und Dienstleister nicht stimmt, sind alle anderen Bemühungen vergeblich.


Zusammenfassung:
Dienstleistungen sind unsichtbar und deswegen während des Kaufentscheidungsprozesses nicht bewertbar. Deshalb suchen Kunden andere Indikatoren zur Beurteilung des Angebots (nach Parasuraman/Berry/Zeithaml):

1. Sichtbares Umfeld: Räumlichkeiten, Ausstattung; Erscheinungsbild der Mitarbeiter
2. Verlässlichkeit: Reibungslosigkeit, Zuverlässigkeit, Termintreue
3. Reaktionsfähigkeit: Einsatzbereitschaft, kurze Reaktionszeit
4. Leistungskompetenz: Glaubwürdigkeit und Image, Auftreten und Höflichkeit der Mitarbeiter
5. Einfühlungsvermögen: Kunden und deren Bedürfnisse verstehen, Erreichbarkeit



Autor: Thomas Scheuer berät, begleitet und schult Dienstleistungsunternehmen. Darüber hinaus ist er Dozent und Fachbuchautor ("Marketing für Dienstleister", Gabler).

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