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Geschäftsmodelle im Internet

Das Internet hat die Welt verändert – und sich selbst. (Buchbeitrag)
Dirk Ploss | 18.03.2008
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing
http://buchblog.marketing-boerse.de
http://www.marketing-boerse.de/Info/details/LeitfadenOM


Das Internet hat die Welt verändert – und sich selbst. Seit Tim Berners-Lee am Kernforschungszentrum CERN 1989 das World Wide Web erfand, hat es sich rasant entwickelt und verändert. Auch die Mediennutzung und der alltägliche Umgang mit Technologie hat sich dramatisch verändert – und so sind in den letzten Jahren vermehrt neuartige Geschäftsmodelle entstanden, die diesen Umständen Rechnung tragen.

Im Rahmen dieses Beitrages möchte ich versuchen aufzuzeigen, welche unter-schiedlichen Geschäftsmodelle heutzutage im Internet existieren – und wie man diese für sich selbst nutzbringend einsetzen kann.

In diesem ersten Abschnitt widme ich mich den Geschäftsmodellen, wie sie heute im Internet anzufinden sind.


Transaktion - Verkauf oder Vermietung

Das klassischste aller Geschäftsmodelle: Auf der einen Seite ein Anbieter, der eine Ware oder Dienstleistung anzubieten hat, auf der anderen Seite ein Abnehmer, der einen Bedarf für bzw. ein Bedürfnis nach diesem Angebot hat. Kommen beide zusammen, kann eine Transaktion in Form von Verkauf oder Vermietung des Angebotes erfolgen.

Im Wesentlichen stehen drei Transaktionsobjekte zur Verfügung:

• Physische Waren
• Dienstleistungen
• Virtuelle Waren / Informationen


Woot.com – Transaktion durch Verkauf von Waren

Das Onlinekaufhaus Woot.com verkauft auf seiner Webseite Produkte – und zwar eines pro Tag. Das Prinzip der Verknappung wird hier bis zum Exzess getrieben – oftmals passiert es schon, dass ein Produkt nach wenigen Stunden ausverkauft ist. Durch diese Abwandlung des klassischen Handelsmodells hat sich Woot! eine sehr treue Fangemeinde aufgebaut – Schätzungen zufolge machte Woot! mit seiner konsequenten Ein-Produkt-Strategie allein 2005 etwa 40 Millionen US-Dollar Umsatz. Zuletzt lag der Durchschnittsumsatz bei weit über 100.000 US-Dollar pro Produkt beziehungsweise pro Tag.


Skype.com – Transaktion durch Verkauf von Dienstleistungen

Skype bietet Internettelefonie an – zwei oder mehr Nutzer können dabei nach Installation einer Software-Applikation miteinander kostenlos telefonieren. Seine Erlöse erzielt Skype durch das sogenannte skype-out: Hierbei kauft der User ein Guthaben, um anschließend auch ganz normale Festnetzanschlüsse weltweit und Mobiltelefone anrufen zu können, die nicht in das Skype-Netzwerk eingebunden sind.


Salesforce.com – Transaktion durch Vermietung von Software

Salesforce ist der am stärksten wachsende Anbieter von Customer-Relationship-Management-Software. Im Gegensatz zu Unternehmen wie SAP erfolgt jedoch keinerlei Installation auf den Systemen des Kunden – vielmehr erwirbt der Kunde Zugänge und damit das Nutzungsrecht der ausschließlich online laufenden Software. Durch die hohe Skalierbarkeit und extrem starke Erweiterbarkeit der Software um zusätzliche Module vertraut salesforce.com neben den regelmäßigen Einnahmen auch auf verstärktes Cross- und Up-Selling.


Werbung

Das derzeit vorherrschende Geschäftsmodell im Internet sind Einkünfte durch Werbung. Durch die hohe und immer noch steigende Reichweite des World Wide Web sowie der Kommunikationsform E-Mail einerseits und der hervorragenden Messbarkeit des Nutzerverhaltens andererseits erscheint das Internet als eine geradezu ideale Werbeplattform für Angebote aller Art. Allein in Deutschland wurden 2006 insgesamt rund 1,9 Milliarden Euro für Online-Werbung ausgegeben [1]. Das Geschäftsmodell „Werbung“ muss noch nach direkter und indirekter Werbung unterschieden werden:

Bei der direkten Werbung kommen für den Nutzer unmittelbar sichtbare Werbemittel wie der klassische Banner, Layer-Ads, Textanzeigen und sogenannte Advertorials zum Einsatz. Anbieter, die dieses Geschäftsmodell verfolgen, erzielen Werbeerlöse durch den Verkauf beziehungsweise die Vermietung von Werbeplätzen.

Bei der indirekten Werbung werden online nur Daten erhoben – diese werden dann anschließend von werbungtreibenden Unternehmen dazu genutzt, dem Konsumenten individuell auf ihn zugeschnittene klassische Direktmailings oder Online-Newsletter zu schicken. Das Geschäftsmodell ist im Kern ein Business-to-Business-Modell, da die zum Beispiel über Gewinnspiele gesammelten Daten nicht von dem Erhebenden selbst, sondern von dessen Kunden eingesetzt werden, die für die Erhebung beziehungsweise Nutzung der Konsumentendaten bezahlen.


Maschinenmarkt.de – Werbung durch Profilhandel

Maschinenmarkt.de, MM, ist der Online-Ableger der Fachzeitschrift gleichen Namens aus dem Vogel Business Medien Verlag. Neben dem Anbieten klassischer Online-Werbeformate wie Banner et cetera bietet der Verlag seinen Kunden die Möglichkeit, gezielt die Daten von Personen, die an den Produkten des Kundenunternehmens interessiert sind, zu kaufen. Um dies zu erreichen, werden vom Kundenunternehmen Informationen wie Webcasts, Whitepaper und ähnliche online angestellt. Interessiert sich ein MM-Leser jetzt dafür, muss er sich vorab registrieren – diese Registrierungsdaten sowie die Nutzungsdaten des Users werden anschließend an den Werbungtreibenden weitergereicht.


Wazap.com – Werbung durch Banner

Wazap.com ist eine Spiele-Suchmaschine und bietet klassische Werbeformate an. Durch die eindeutige Positionierung sowie die sehr starke und treue Community der „Gamer“ besteht für Werbungtreibende aus dem Entertainment-Umfeld hier eine gute Möglichkeit, die Zielgruppe direkt – also mit weniger Streuverlusten – zu umwerben.


Gebühren: Abo- und Premium-Angebote

Ein weiteres, populäres Geschäftsmodell ist das Angebot von Premium- und Abo-services gegen Entgelt. Zumeist werden die Basisleistungen kostenfrei angeboten – will der Nutzer jedoch bestimmte Zusatzfunktionen nutzen, so ist dies nur gegen Bezahlung möglich.

Die Abrechnung kann entweder zeitbezogen, als Abonnement beziehungsweise Flat-Rate, oder aktionsbezogen, „Einzelkauf“, erfolgen.


Xing.com – Gebühren für Premium-Angebot

Xing.com – vormals OpenBC – ist ein Business-Netzwerk zum Knüpfen und Aufrechterhalten von Geschäftskontakten. Die Basisfunktionen wie zum Beispiel das Erstellen von Profilen sowie das Antworten auf Nachrichten anderer Nutzer sind kostenlos – für zusätzliche Funktionen wie eine detaillierte Mitgliedersuche, das Aufrufen von Kontakten, die das eigene Profil angeschaut haben und Ähnliches ist jedoch eine geringe monatliche Gebühr zu entrichten.


Bluebuy.de – Gebühren für Auktionen

Bluebuy bietet unter dem Label Bluebid ein innovatives Auktionsverfahren an: Der Nutzer, der den niedrigsten, einmalig gebotenen Kaufpreis für ein Angebot bietet, erhält den Zuschlag und das Produkt für besagten Discount-Preis. Interessant ist daran vor allem, dass für jede Gebotsabgabe eine Gebühr von fünfzig Eurocent zu bezahlen ist – wenn also tausend Nutzer für ein Produkt bieten und der Gewinner der Auktion am Ende des Tages nur dreizehn Euro für das Produkt bezahlt, so beträgt der Umsatz von Bluebuy dennoch 513 Euro.


Peer-to-Peer-Angebote mit Provisionen

Der Name leitet sich aus dem englischen „peer“ ab, das soviel wie „Gleichge-stellter“, „Ebenbürtiger“ oder „Altersgenosse“ bedeutet. Peer-to-Peer bezeichnet also die Verknüpfung von Mensch zu Mensch, von Computer zu Computer, von Endverbraucher zu Endverbraucher. Eine recht neue Spielart unter den Geschäfts-modellen ist das Zur-Verfügung-Stellen einer Plattform, über die Verbraucher sich untereinander vernetzen und Waren, Dienstleistungen oder anderes austauschen können. Das Geschäftsmodell basiert darauf, dass der virtuelle Marktplatz an der Aktivität der Nutzer partizipiert, indem eine Marktplatz-Nutzungs-Gebühr erhoben wird.

Die Abrechnung bei diesem Geschäftsmodell erfolgt entweder volumenabhängig, zum Beispiel umsatzbezogen, oder aktionsabhängig, das heißt für jede Peer-to-Peer-Aktion ist ein Entgelt fällig.


Zopa.com – umsatzbezogene Peer-to-Peer-Angebot

Zopa.com ist ein Peer-to-Peer-Netzwerk aus Großbritannien, über das Privatleute Kredite an andere Privatpersonen vergeben können. Zopa erhält auf die vermittelten Kredite eine Provision, betreibt jedoch selbst kein eigenständiges Bankgeschäft.

In Deutschland ist dieses Geschäftsmodell aufgrund der herrschenden Gesetzeslage noch nicht umzusetzen; in anderen Ländern dagegen ist das Konzept des „P2P-Lending“ bereits sehr populär.


Hitflip.de – aktionsbezogene Peer-to-Peer-Angebot

Hitflip ist eine Tauschbörse für Medien. Endverbraucher können hier untereinander CDs, Hörspiele, Bücher, Spiele et cetera tauschen. Das Geschäftsmodell von Hitflip basiert darauf, dass jeder erfolgreiche Tausch, jeder Erhalt eines Artikels, 99 Cent kostet – mithin ist dieses Geschäftsmodell rein aktionsbezogen aufgebaut. Es fallen weder Mitglieds-, noch Abo-, noch umsatzbezogene Gebühren an.


Sonderformen: Support-Angebote und Spenden-Modelle

Ein weiteres, insbesondere im Umfeld des „Web 2.0“ sehr populäres Geschäftsmodell ist das Erbringen von kostenlosen Leistungen mit der Absicht, dieses irgendwann von einem der großen etablierten Anbieter vergütet zu bekommen. Für große Unternehmen wie eBay, Google oder Microsoft sind häufig die von kleinen Unternehmensgründern entwickelten Anwendungen beziehungsweise aufgebauten Communities, früher einmal als Kundenstamm bekannt, strategisch sehr wertvoll, da sie das Leistungsportfolio abrunden oder aber ergänzende Services darstellen. Viele der aufsehenerregendsten Akquisitionen der letzten Jahre basieren auf diesem Modell – so zum Beispiel die Übernahme des Videoportals YouTube durch Google, bei dem 1,65 Milliarden US-Dollar Kaufpreis gezahlt wurden (Quelle: golem.de).

Ebenfalls relativ jung ist das Geschäftsmodell „Spenden“, das sich insbesondere im Umfeld der Open-Source-Bewegung etabliert hat. Da auch bei der Entwicklung beziehungsweise dem Anbieten von „freier Software“ Kosten entstehen, werden Nutzer der angebotenen Leistungen oftmals gebeten, auf freiwilliger Basis zu spenden.


Wikipedia.org – Spenden-Modell

Die Wikipedia ist eine von der Wikimedia Foundation betriebene und von freiwilligen Autoren ohne Honorar verfasste Online-Enzyklopädie in mittlerweile 79 Sprachen. Die Nutzung, Ergänzung und Weitergabe der Inhalte – auch zu kommerziellen Zwecken – ist ausdrücklich gestattet, da sämtliche Inhalte unter der sogenannten „GNU FD“ Lizenz liegen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Lizenznehmer zur Einhaltung der Lizenzbedingungen. Diese sehen unter anderem die Pflicht zur Nennung des Autors beziehungsweise der Autoren vor und verpflichten den Lizenznehmer dazu, abgeleitete Werke unter dieselbe Lizenz zu stellen. Wikimedia hat keine eigenen Einkünfte und ist daher auf Spenden angewiesen. Die Wikimedia Foundation, Betreiber der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia, beziffert die Kosten für das Jahr 2005 zum Beispiel auf mehr als 730.000 US-Dollar [2].


Twitter.com – Support-Angebot

Twitter.com ist ein recht junges Online-Angebot, das die zeitnahe Veröffentlichung von Botschaften im Internet über die Kanäle Web, Instant Messenger und SMS ermöglicht. Dabei dreht sich alles um die Frage „Was machst du gerade?“. Das Senden beziehungsweise Empfangen einer „getwitterten“ Nachricht ist beim Instant Messaging und bei der Web-Eingabe kostenlos; via SMS werden nur die üblichen Kosten für eine SMS fällig.

Das Geschäftsmodell von Twitter ist auch weniger im Business-to-Consumer-Bereich als im B2B-Geschäft zu sehen: Für Unternehmen könnten sowohl die große und aktive Fangemeinde von Twitter als auch die Möglichkeit der Sofortkommunikation interessant sein. So könnte ein Auktionshaus beispielsweise die aktuell eingestellten oder gleich ablaufenden Auktionen „twittern“.


Im Internet Geld verdienen – aber wie?

Jedes Unternehmen, das online aktiv ist – und nicht, wie die Wikimedia Foundation, nur unentgeltlich arbeiten möchte – steht irgendwann vor der Frage: Wie lässt sich im Internet Geld verdienen? Im Wesentlichen existieren vier Möglichkeiten, wie ein Unternehmen das für sich passende Geschäftsmodell findet:


Themengetrieben zum Erfolg

Sehr viele erfolgreiche Internet-Unternehmen sind aus einer „Leidenschaft“ oder einem Hobby der Gründer hervorgegangen. Das Geschäftsmodell findet sich oftmals erst später. Erst wenn die erreichten Nutzer sehr zahlreich sind und relevante Kosten für den Betrieb des Angebotes entstehen, wird nach entsprechenden Monetarisie-rungsmöglichkeiten gesucht.

entsprechenden Monetarisie-rungsmöglichkeiten gesucht.
Dieser Ansatz ist für Sie der richtige, wenn Sie ein intensiv betriebenes Hobby zu Ihrem beruflichen Standbein machen wollen oder wenn Ihr Unternehmen eine Zielgruppe hat, die sehr eng mit einem bestimmten Thema verknüpft ist.


Produktgetrieben zum Erfolg

Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgen in der Regel Unternehmen, die bereits offline etabliert sind. Diese versuchen zumeist, die Möglichkeiten des Internets so zu nutzen, dass sie einem Produkt beziehungsweise einer Marke des Unternehmens maximal nutzen. Hier stehen neben klassischen Transaktionsmodellen auch oft Werbegeschäftsmodelle im Fokus.

Dieser Ansatz ist für Sie der richtige, wenn Ihr Unternehmen das Internet und seine Möglichkeiten zur Unterstützung bestehender Produkte, Services oder anderer Angebote nutzen möchte.


Technikgetrieben zum Erfolg

Gerade seit dem Aufkommen von Technologien wie AJAX, Asynchronous Javascript And XML und RSS, Really Simple Syndication , sind viele Unternehmen auf eine recht spielerische Art und Weise gestartet: Aus der reinen Nutzung der Technologien beziehungsweise der Demonstration dessen, was damit machbar ist, haben sich große Fangemeinden, neudeutsch Communities, entwickelt, deren Nutzungsverhalten anschließend monetarisiert werden kann. Wie beim themengetriebenen Ansatz steht hier also die Idee beziehungsweise die Nutzung durch den User im Fokus; die geschäftliche Seite des Unterfangens gesellt sich erst später dazu.

Dieser Ansatz ist für Sie der richtige, wenn Sie entweder selbst ein technikbegeisterter Experte sind oder wenn Ihre Zielgruppe aus Menschen besteht, die tendenziell immer die neuesten Technologien nutzen.


Trendgetrieben zum Erfolg

Gerade im Internet ist das Phänomen der sogenannten „Copycats“ ein sehr weit verbreitetes. Hinter diesem Begriff steckt das altbekannte „Me-Too“-Muster aus der klassischen Wirtschaft: Sobald ein Unternehmen ein erfolgreiches Produkt lanciert hat, wird dieses Produkt von mehreren anderen Anbietern kopiert. Ob alando, mit seiner Kopie von eBay, StudiVZ, als Nachahmer von Facebook, oder wamadu, mit einer Kopie von Twitter – die Originale sind oftmals in anderen Märkten zu finden.

Dieser Ansatz ist für Sie der richtige, wenn Sie in Bezug auf den Erfolg Ihrer Internet-Unternehmung unsicher sind und sich auf ein bestehendes Konzept verlassen möchten, das in anderen Ländern bereits erfolgreich arbeitet.

Um zu dem für Sie passenden Geschäftsmodell zu finden, gehen Sie einfach die Punkte der folgenden Checkliste durch:

• Was will ich anbieten? Produkt/Ware, Dienstleistung, Informationen oder Unterstützung/Support
• Wem will ich etwas anbieten? Business-to-Business oder Business-To-Consumer
• Welche Zielgruppen will ich bedienen? Technologieaffine, Modeaffine, Kommunikationsaffine et cetera
• Womit will ich Geld verdienen? Werbung, Verkauf, Vermietung
• Welchen Nutzen bietet mein Angebot? Zeitersparnis, Informationsplus, geldwerte Vorteile
• Wie will ich mein Angebot vertreiben? Nur online, offline, Multichannel

Beachten Sie dabei auch, dass jedes Geschäftsmodell spezifische Anforderungen an Ressourcen, rechtliche Ausgestaltung und Logistik stellt – wenn Sie zum Beispiel Produkte verkaufen wollen, müssen Sie sich auch mit Themengebieten wie Lagerhaltung, Retourenhandling, Produkthaftung und anderen beschäftigen.


No risk, no fun

Grundsätzlich gilt in einem sich schnell verändernden Medium wie dem Internet: Jede Unternehmung ist mit einem Risiko verbunden – dem Risiko des Scheiterns. Beantworten Sie daher vor dem Start die folgenden drei Fragen und diskutieren Sie diese mit potenziellen Abnehmern, Partnern oder Freunden:


Trend oder Strohfeuer?

Nicht jeder Trend ist nachhaltig oder kann sich auf Dauer durchsetzen. Gerade durch das ständige Auftauchen neuer Ideen und Angebote besteht leicht die Gefahr, dass etwas, das eben noch wie ein Megatrend aussah, plötzlich von niemandem mehr gewollt wird. Beachten Sie immer, dass zwei Dinge auch im Internet limitiert sind: Die Anzahl der Kunden und die Zeit, die ein potenzieller Kunde zur Verfügung hat. Kurzlebige Trends nehmen oftmals einen Großteil des Zeitbudgets der Internet-Nutzer in Anspruch – doch nach einer gewissen Zeit langweilen sich diese und teilen ihr Zeitbudget anders auf. Ihr Fokus sollte deshalb darauf liegen, ein Angebot zu schaffen, das den Nutzer dauerhaft fesselt und immer wieder neue Reize setzt. Nur den Spieltrieb bzw. die Trendneugier der Kunden zu bedienen, kann das Risiko des Scheiterns nachhaltig erhöhen.


Speed kills? Awareness kills!

Gerade durch die Unübersichtlichkeit und Vielfalt des Internets ist die Bedeutung des so genannten „First Mover Advantage“, also des Vorteils, ein Angebot als erster zu haben, bei weitem nicht mehr so relevant wie noch vor wenigen Jahren. Ein Unternehmen kann heute auch als drittes, zehntes oder hundertstes in einen bereits bestehenden Markt starten – entscheidend für den Erfolg ist, eine möglichst große Reichweite aufzubauen. Der Weg zu dieser Reichweite führt über die Awareness. Haben Sie ein Angebot, das sich „wie ein Lauffeuer“ von allein verbreitet (Mundpropaganda, virales Marketing), kann dies von sehr großem Vorteil sein – anderenfalls sollten Sie von vornherein ausreichende Werbebudgets in Ihre Kalkulation mit einbeziehen. Denken Sie dabei auch an klassische Offline-Werbung – oftmals sind nämlich genau die Internet-Unternehmen am erfolgreichsten, die außerhalb des Internets für ihre Online-Angebote werben.


Märkte sind Gespräche

Um den Jahrtausendwechsel herum sorgte im Zuge der „New Economy“-Diskussion insbesondere ein Buch für Furore: Das Cluetrain-Manifest. Die Autoren Levine, Locke, Searls und Weinberger stellten darin 95 Thesen zu einer sich verändernden Wirtschaft auf – eine der wichtigsten lautet: Märkte sind Gespräche.

Gerade diese These hat durch die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem „Web 2.0“ einen neuerlichen Bedeutungsaufschwung erlangt: Weblogs, Crowdsourcing, soziale Netze und das Mitmach-Web beweisen, dass das Gespräch nach wie vor der wichtigste Treiber eines jeden Geschäftsmodells ist. Und Gespräch heißt gerade in der heutigen Zeit „Dialog“ – reichte es früher noch aus, zu den Menschen zu sprechen, sind Unternehmen heute gezwungen, mit den Unternehmen zu sprechen.

Nutzen Sie diese Möglichkeiten zum Austausch mit Ihren Kunden und Partnern – denn ein Unternehmen, das sich aktiv an Gesprächen beteiligt, wird automatisch Mitglied der Community.


Fazit und Ausblick

Es mag schwer sein, schon jetzt abzusehen, welche der aktuellen Trends und Entwicklungen sich wirklich als nachhaltig erweisen werden und welchen eher nur eine kurze Lebensdauer beschieden sein wird. Doch eines ist sicher: Erfolg wird derjenige haben, der überlegt und mit Bedacht mit der Zeit geht, nicht jedem Trend hinterher rennt, sondern jede neue Entwicklung auf einen ganz einfachen Aspekt hin untersucht: Inwieweit kann diese Technologie, dieser Trend, meinen Kunden nützen? Denn eines wird auch in Zukunft mit Sicherheit gelten: Ohne Kunden gibt es kein Geschäft.


Literatur

[1] BVDW: OVK Online-Report 2007/01.
[2] Financial Report 2005, wikimediafoundation.org
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Über Dirk Ploss

Marketeer, zuletzt als CMO beim eLearning-Start-up Lecturio, davor Bereichsleiter Marketingkommunikation bei OTTO, davor unter anderem Creative Direct