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Kampf mit den Rabattfeilschern. Der Preis ist heiß

Schon geringe Preisnachlässe schmälern den Gewinn eines Unternehmens erheblich.
Peter Schreiber | 14.02.2009
Das erfuhren Vertriebsmitarbeiter von Produktionsunternehmen bei einem Seminar des Zentrum für Unternehmungsführung (ZfU), Zürich. Dort vermittelte ihnen Verkaufstrainer Peter Schreiber Strategien, um ihre Preise „mit Händen und Füßen" zu verteidigen.

Langsam lehnt sich Peter Schreiber auf dem Stuhl zurück. Dann fragt er Karl Möbler, mit dem er soeben über den Preis von Regensensoren für Autos verhandelte: „Wissen Sie, was Sie soeben getan haben?" „Ja, ich führte mit Ihnen eine Preisverhandlung und bekam den Auftrag", erwidert der Key-Account-Manager eines Elektrikherstellers stolz. „Stimmt", kontert Schreiber, „aber nur, weil Sie auf den größten Teil Ihres Gewinns verzichtet haben." Dann folgt eine kurze Pause, bevor der Inhaber des Trainingsinstituts Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld, sagt: „Ihr Unternehmen hat bei Regensensoren eine Gewinnspanne von circa 20 Prozent. Wenn Sie dann einem Kunden - wie mir im Rollenspiel-17 Prozent Preisnachlass einräumen, verzichten Sie auf fast 90 Prozent Ihres Gewinns." Möbler blickt betroffen. Ebenso die anderen Seminarteilnehmer, mit denen Schreiber ähnliche Preisgespräche führte. Auch sie räumten ihm hohe Nachlässe ein. Deshalb mahnt Schreiber: „Leute, kämpft um eure Preise. Sie entscheiden weitgehend über den Gewinn eurer Unternehmen."

Welche Relation zwischen dem erzielten Preis und dem Gewinn besteht, verdeutlicht Schreiber am Flipchart. Als Beispiel dient das Unternehmen von Kay Kliro. Es produziert Zerspanungswerkzeuge. Seine Vertriebsmannschaft erzielt pro Jahr einen Umsatz von 100 Millionen Euro. Die Umsatzrendite beträgt 10 Prozent. Also erzielt Kliros Unternehmen jährlich 10 Millionen Euro Gewinn. Gestehen Kliro und seine Kollegen den Kunden im Schnitt nur ein Prozent Preisnachlass zu, sinkt der Umsatz zwar nur um ein Prozent, der Gewinn aber um 10 Prozent, also 1 Million Euro. Um diesen Gewinnverlust auszugleichen, müssten Kliro und seine Kollegen circa 10 Millionen Euro Neuumsatz erzielen. „Und was ist leichter", fragt Schreiber, „einem Bestandskunden 1 Prozent weniger ,Rabatt' zu gewähren oder neue Aufträge für 10 Millionen Euro an Land zu ziehen?" Kliro: „Weniger Rabatt gewähren". Die anderen Seminarteilnehmer nicken. Eifrig studieren sie die Tabelle, die Thomas Burzler, der mit Schreiber das Seminar leitet, zwischenzeitlich austeilte. Auf ihr steht, wie stark sich die verschiedenen Preisnachlässe auf den Gewinn auswirken, je nachdem, wie hoch die Umsatzrendite ist.

Flansch ist Flansch und Rohr ist Rohr?

„Die Tabelle hänge ich über meinen Schreibtisch", sagt Sven Wiesinger spontan. Wenige Augenblicke später kommen dem Vertriebsleiter eines Unternehmens, das unter anderem Flansche und Rohre „mit oft mehreren Metern Durchmesser" fertigt, Bedenken. „Unsere Kunden interessiert nur der Preis", seufzt er. „Ist Ihren Kunden wirklich nur der Preis wichtig?", fragt Schreiber nach. „Flansch ist Flansch und Rohr ist Rohr", antwortet Wiesinger lakonisch. Doch Schreiber fragt weiter: „Wie hoch ist Ihr Stammkunden-Anteil?" „Fast 80 Prozent", erwidert der Maschinenbauingenieur zögernd. „Dann interessiert Ihre Kunden nicht nur der Preis. Sonst würden nicht so viele regelmäßig bei Ihnen kaufen, obwohl sie sagen ,Ihr seid zu teuer'." Warum die Kunden trotzdem bei Wiesingers Unternehmen kaufen, analysieren die Teilnehmer nun. Heraus kommt: Das Unternehmen ist für seine Kunden rund um die Uhr, sieben Tage in der Woche erreichbar. Am Telefon sitzen erfahrene Techniker. Aufgrund seiner hohen Produktionskapazität kann das Unternehmen sehr schnell liefern. Und wegen der räumlichen Nähe zu vielen Schlüsselkunden gibt es - anders als bei den Mitbewerbern - keine Transportprobleme. Punkte, von denen Wiesinger - ganz Ingenieur - nie dachte, dass sie für Kunden wichtig sein könnten. Und schon gar nicht, dass sie hierfür mehr Geld bezahlen. „Lasst euch von Aussagen wie ,Ihr seid zu teuer' nicht beeindrucken", betont Schreiber deshalb. „Steht zu eurer Leistung und euren Preisen." Wiesinger bleibt skeptisch. Seit Jahren versuchter, bestimmte Kunden zu knacken. Immer wieder hört er „Ihr seid zu teuer". Doch liegt es wirklich am Preis, dass er bei diesen Kunden nie einen Auftrag Landet? Die Seminarteilnehmer
gelangen zur Erkenntnis: Vermutlich nicht! Vielmehr besteht offenbar keine persönliche Beziehung zwischen Wiesinger und diesen potenziellen Kunden. Deshalb bitten sie ihn zwar um Angebote, aber nur um zu ermitteln, was der Markt hergibt. Wiesinger sagt daraufhin: „Dann schreibe ich das nächste Mal ins Angebot einen absoluten Dumpingpreis. Daran sollen sich unsere Mitbewerber die Zähne ausbeißen." Ein gefährliches Ansinnen, denn auch Wiesingers Stammkunden holen Vergleichsangebote ein. Reagiert der Vertriebsleiter wie angekündigt, schreiben seine Mitbewerber in ihre Angebote ebenfalls Fantasiepreise. Die Folge: ein ruinöser Preiskampf.

Mehr Selbstbewusstsein zeigen

Viele Verkäufer stehen nicht hinter den Preisen ihrer Unternehmen. Das zeigt sich oft schon zu Beginn der Verkaufsgespräche. Zum Beispiel, wenn der Kunde, nachdem er seinen Bedarf skizzierte, fragt „Was kostet so was?". Dann beginnen viele Verkäufer herumzueiern. „Das kann ich so nicht sagen ...", „Das hängt davon ab ...". Beim Kunden erzeugt dies das Gefühl: Der Verkäufer traut sich nicht, den Preis zu nennen. Dabei möchte der Kunde zu diesem Zeitpunkt meist nicht den endgültigen Preis erfahren. Er will nur eine Orientierung haben. Deshalb empfiehlt Schreiber, in solchen Situationen eine Preisspanne zu nennen. Aber stets wohl verpackt nach der so genannten Sandwichmethode. Das heißt: Zunächst soll der Verkäufer dem Kunden einen wichtigen Nutzen des „Produkts" nennen, dann „schnell und knochentrocken" den Preis, um anschließend eine Frage zu stellen, die das Gespräch inhaltlich vorantreibt. Solche Sandwichs entwerfen Schreiber und Burzier mit den Teilnehmern. Bei Detlef Wollner, Salesmanager bei einem Fertighaushersteller könnte das „Sandwich" lauten: „So eine Doppelgarage mit Satteldach, die zu Ihrem Wohnhaus passt, kostet zwischen 12.000 und 8.000 Euro. Haben Sie schon eine Bauvoranfrage eingereicht?". Dann hat der Kunde die gewünschte Orientierung und das Gespräch geht weiter. Weil viele Verkäufer nicht hinter der Leistung und den Preisen ihrer Unternehmen stehen, präsentieren sie den Kunden oft zunächst die preisgünstige Lösung für ihr Problem - aus Angst, der Kunde könnte „tot umfallen", wenn sie ihm den Preis für das „Top-Produkt" nennen. Dadurch geraten sie in die missliche Situation, dass sie, wenn der Kunde spezielle Wünsche äußert, stets sagen müssen: Das kostet aber mehr. Der Preis steigt also vor den Augen des Kunden. Das verdirbt ihm die Laune und belastet seine Beziehung zum Verkäufer. Sinnvoller wäre es, dem Kunden zunächst die „Top-Lösung"
zu präsentieren - „selbst wenn dieser beim Preis zusammenzuckt". Dann können die Verkäufer im Gespräch mit dem Kunden durch ein Abspecken der Leistung den Preis allmählich senken.

Den Nutzen für den Kunden sichtbar machen

Ähnliche Fehler begehen Verkäufer oft, wenn ein Kunde sagt: „Machen Sie mir ein Angebot." Hierüber freuen sie sich so, dass sie dem Kunden sofort zusagen: „Morgen Liegt es auf Ihrem Tisch." Sie vergessen völlig, vorab zu klären: Hat der Kunde schon eine Grundsatzentscheidung für die Anschaffung getroffen? Wie hoch ist das Budget? Sie ermitteln auch nicht: Welche Anforderungen außer den technischen stellt der Kunde an die Lösung? Entsprechend schlecht sind oft die Angebote. Sie gleichen technischen Datenblättern. Aus ihnen geht weder hervor, wofür der Kunde eine Lösung sucht, noch, welchen besonderen Nutzen ihm die offerierte Lösung bietet. Also üben die Seminarteilnehmer, ihre Angebote kundenorientiert zu formulieren. Doch auch das beste Angebot muss nachgefasst werden. Hierbei sollte der Verkäufer, so Schreiber, zunächst klären, ob das Angebot für den Kunden „grundsätzlich interessant" ist. Antwortet er „Technisch ja, aber ihr seid zu teuer", entschuldigen sich viele Verkäufer für den Preis. Oder sie debattieren mit dem Kunden darüber, ob die angebotene Leistung wirklich teuer ist. So auch die Seminarteilnehmerin den Rollenspielen mit Schreiber und Burzler. Deshalb sagt Schreiber: „Leute, macht es euch nicht so schwer. Erwidert auf den Einwand 'Ihr seid zu teuer' doch einfach 'Ja, unsere Preise erscheinen zunächst etwas höher. Dafür erhalten Sie von uns ,..', und nennt dann die Vorzüge eures Angebots." Sagt der Kunde daraufhin „Trotzdem ist der Preis zu hoch", sollte der Verkäufer keinesfalls unmittelbar in die Preisverhandlung einsteigen. Vielmehr sollte sollte er mit ihm zunächst den Lieferumfang klären. Erst danach sollten er sich auf eine Preisverhandlung einlassen. Dabei Lautet die oberste Maxime - wie sollte es anders sein: Kämpft um eure Preise. Auch aus verkaufspsychologischen Gründen. „Denn, wie wirkt es auf einen Kunden, wenn ein Verkäufer ihm Preisnachlässe einräumt, ohne sich zuvor mit Händen und Füßen dagegen zu wehren?", fragt Schreiber. „Dann gewinnt er den Eindruck, der Verkäufer wollte mich zuvor übers Ohr hauen", antwortet Kay Kliro.


VERHANDLUNGSTIPPS

Folgende Empfehlungen gibt Peter Schreiber für den Umgang mit „schwierigen Kunden":

* Den Kunden konkret ansprechen.
Beim Ausbleiben von Aufträgen trotz mehrmaliger Überarbeitung des Angebots sollte man den Kunden direkt ansprechen: „Lieber Kunde, wir haben Ihnen schon mehrere Angebote unterbreitet, bei denen wir preislich bis zum Äußersten gingen. Trotzdem luden Sie uns nie zu einem Vergabegespräch ein. Was können wir tun, damit wir eine realistische Chance haben, Ihren Auftrag zu erhalten?" Darauf gibt es zwei mögliche Kundenreaktionen:
1. Der Kunde stellt die Forderung nach einem weiteren Preisnachlass. In diesem Fall soll man den Mut haben, auf ein weiteres Angebot zu verzichten.
2. Der Kunde nennt andere Faktoren für eine Auftragsvergabe (z.B. eine Verlängerung des Zahlungstermins). So eröffnen sich neue Verhandlungsspielräume: Man ist als Anbieterwieder im Geschäft.

* Negativgedanken vermeiden:
Als Verkäufer sollte man auf keinen Fall den Satz „Wir sind eh zu teuer" verinnerlichen (auch wenn man ihn vielleicht Tag für Tag zuhören bekommt). Niemals bei dem Kundenspruch „Der Preis entscheidet!" denken: „Dann bekommen wir den Auftrag nie!".

* Sich nicht beeindrucken lassen
Bei der Einkäufer-Frage „Ist das Ihr letztes Wort?" keinesfalls vorschnell weitere Angebote machen. Mit dieser Frage wollen sich Einkäufer oft nur vergewissern, ob sie preislich alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben.

* Gelassen bleiben
Die Aussage „Ihr seid zu teuer!" wird von Einkäufern häufig nur vorgeschoben, um lange Diskussionen zu vermeiden (etwa wenn der Zuschlag ohnehin nur an einen Anbieter geht, mit dem die Auftragsfirma schon jahrelang zusammenarbeitet). Zudem antworten Einkäufer oft auf Verkäufer-Rückfragen mit Fantasie-Angaben („Ihr seid um 15 Prozent zu teuer."), obwohl die tatsächliche Differenz nur ein Prozent beträgt.
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Über Peter Schreiber

Peter Schreiber ist seit mehr als 25 Jahren mit Freude und Engagement pragmatischer Managementberater, Verkaufstrainer und Vertriebsberater.