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Kennzahlen im Empfehlungsmarketing

Wie Sie das Empfehlungsmarketing steuern und messbar machen
Anne M. Schüller | 08.06.2008

Nur 22 Prozent aller Unternehmen messen regelmäßig ihre Empfehlungsrate. Bei den weniger erfolgreichen Unternehmen tun dies sogar nur 16 Prozent. Dies ist das Ergebnis einer telefonischen Befragung unter 300 Führungskräften der deutschen Wirtschaft im Rahmen des Excellence Barometers 2007. Als ernüchternd bezeichnet Anne M. Schüller, Initiatorin der Studie, diese Zahlen, da angesichts des zunehmenden Vertrauensverlusts in die Wirtschaft Mundpropaganda und Empfehlungsmarketing einen immer größeren Stellenwert einnehmen. „Die Empfehlungsrate ist eine der wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Sie sollte im Geschäftsbericht ganz vorne stehen“, verdeutlicht Managementconsultant Schüller, „denn sie entscheidet über die Zukunft eines Unternehmens. Wer nicht länger empfehlenswert ist, ist auch schon bald nicht mehr kaufenswert.“


Aktive Empfehler sind die Treiber einer positiven Unternehmensentwicklung. Denn nicht worauf die Unternehmen so stolz sind, sondern einzig und allein, was die Kunden über deren Produkte und Angebote, Services und Marken, kurz über deren Performance sagen, was auf der Straße hinter vorgehaltener Hand geredet, im Web kommentiert oder in den Medien an die große Glocke gehängt wird, entscheidet über das Wohl und Wehe am Markt. Besser also, die Unternehmen hören gut hin - und ermutigen ihre Kunden, sie in den höchsten Tönen zu loben.

Um das Empfehlungsgeschäft zu steuern, lässt sich an drei Stellen ansetzen:

• die Empfehlung stimulieren
• die Empfehlungsbereitschaft ermitteln
• die Empfehlungsrate messen

So sorgen Empfehlungen nicht nur für kräftige Umsatzzuwächse und Imagegewinn. Sie wirken auch nach innen, indem sie helfen, Produkte und Dienstleistungen ständig an den Wünschen des Marktes auszurichten und unaufhörlich die notwendigen Feinjustierungen vorzunehmen.


Die Empfehlung stimulieren

Auch wenn der Kunde noch so zufrieden ist, wird er nicht zwangsläufig daran denken, für Sie Mundpropaganda zu machen. Da heißt es, den Kunden ein wenig zu ‚impfen’. So kann man schmunzelnd etwa folgendes sagen:

„Ach übrigens, wenn Sie mit unseren Leistungen zufrieden sind, dann sagen Sie es doch bitte den Anderen. Und falls Sie mal nicht so zufrieden sind, dann sagen Sie es bitte nur mir.“

Am besten versehen Sie Ihren Wunsch nach Empfehlungen mit einer Begründung, beispielsweise wie folgt:

„Ich möchte expandieren. Wen kennen Sie denn, der sich möglicherweise für unser Angebot ebenfalls interessierten könnte?“

Für Vertriebsmitarbeiter ist es ratsam, eine Reihe von Empfehlungsfragen vorzubereiten, um sich nicht im entscheidenden Moment zu verhaspeln. Diese werden immer dann gestellt, wenn das Gespräch in einem harmonischen Rahmen verlaufen ist. Fragen Sie zum Beispiel,

• wer sich außerdem/stattdessen für das Angebot interessieren könnte
• für wen im Unternehmen/im Bekanntenkreis die Sache noch in Frage kommt
• ob es in der Gegend weitere Firmen gibt, für die das Angebot passen könnte
• wie der Kunde, wäre er an Ihrer Stelle, das Empfehlungsgeschäft entwickeln würde.

Stellen Sie dabei keine geschlossenen, sondern immer offene Fragen. Denn wenn das Verkaufsgespräch anstrengend war, ist die Gefahr groß, dass unser Hirn sich nach einer geschlossenen Frage („Kennen Sie eventuell noch jemanden, für den es interessant wäre, ein solches Gespräch zu führen?“) mit einem ‚Nein’ verabschiedet und damit in den Energie-Sparmodus herunterfährt. Eine offene Frage aktiviert das Hirn des Gegenübers und bringt es zum Nachdenken. Hier eine Formulierung, wie sie auch der Vertriebsexperte Klaus-J. Fink empfiehlt:

„Inwiefern und für welche der Geschäftspartner, die Sie kennen, käme denn unser … außerdem noch in Frage? Käme da jemand aus Ihrer Branche oder eher jemand aus einer anderen Branche in Betracht?“

Wenn sich Ihr Gesprächspartner nun kooperativ zeigt, fragen Sie nach Details, die Ihnen beim weiteren Vorgehen nützlich sein können, etwa wie folgt: „Wenn Sie nun an meiner Stelle wären, was müsste ich bei der Kontaktaufnahme bzw. beim ersten Gespräch beachten?“ Haben Sie mehrere Adressen erhalten, fragen Sie beispielsweise: „Wen sollte ich aus Ihrer Sicht am ehesten kontaktieren und wann ist wohl der beste Anrufzeitpunkt?“ Die Qualität der Empfehlung steigt mit jeder Zusatzinformation, die Sie nun erhalten.

Empfehlungsmarketing findet aber nicht nur in der realen Welt, sondern zunehmend auch im Internet statt. So entstehen immer mehr Portale, auf denen Nutzer ihre einschlägigen Erfahrungen mit Anbietern und deren Leistungen einstellen, kommentieren, bewerten und empfehlen können. Deshalb sei angeraten, in Gesprächen und Anschreiben folgenden Hinweis anzubringen:

„Wenn Sie mit unserer Leistung zufrieden waren, empfehlen Sie uns bitte weiter – gerne auch im Internet unter … .“ (hier die Adresse des bevorzugten Bewertungsportals einsetzen)

Eines ist sicher: Wer heute konsumiert oder investiert, glaubt eher den Botschaften seiner Freunde und den Berichten im Web als den Hochglanzbroschüren von Herstellern und Anbietern am Markt.


Die Empfehlungsbereitschaft ermitteln

Eine Empfehlung ist der sichtbare und geldwerte Beweis für die Loyalität eines Kunden. Und: Das Neukunden-Gewinnen ist leicht, wenn man viele Empfehler hat. Die hauptsächlichen Erfolgsfaktoren im Empfehlungsmarketing heißen:

• begeisterte Kunden, die Ihnen vertrauen
• bemerkenswerte Spitzenprodukte und –services
• Spitzenleister, die Kunden 'lieben'

Der amerikanische Loyalitätsexperte Frederick F. Reichheld kommt in einem Beitrag für den deutschen Harvard Business Manager vom März 2004 zu folgendem Schluss: Die im Rahmen einer dreijährigen Studie untersuchten Unternehmen mit der höchsten Zahl an positiven Empfehlern hatten gleichzeitig die höchsten Umsatzzuwächse. Eine der markantesten Erkenntnisse seiner Untersuchungen lautet: Unternehmen brauchen keine komplexen Kundenstudien, sondern am Ende nur ein, zwei Fragen, die kontinuierlich gestellt werden müssen. Als mit Abstand effektivste Frage schlägt er die folgende vor, die er die ‚ultimative Frage‘ nennt: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen X an einen Freund oder Kollegen weiterempfehlen werden?“

Dazu führte er eine Skala von eins bis zehn ein. Bei zehn war eine Empfehlung äußerst wahrscheinlich, bei fünf neutral und bei null unwahrscheinlich. Gemäß den Antworten teilte er die Kunden in Förderer (= Promoter), passiv Zufriedene und Kritiker (= Detractors) ein. Die Förderer, also absolut begeisterte Kunden, gaben eine neun oder zehn. Die passiv Zufriedenen gaben eine sieben oder acht. Die Kritiker vergaben Noten von eins bis sechs. Indem er die Anzahl der Kritiker von der Anzahl der Förderer subtrahierte, errechnete er die effektiven Förderer. Die so ermittelte Kennzahl nennt er Net Promoter Score (NPS). Unternehmen wie Amazon und Ebay erreichten in seinen Untersuchungen die besten Werte. Sie hatten zwischen 70 und 80 Prozent effektive Förderer.

Allerdings misst der NPS nur die ‚Temperatur‘ der Empfehlungsbereitschaft. Daher muss der Ansatz erweitert werden. Denn viel aussagefähiger als die Höhe des NPS und seine Veränderung im Zeitverlauf bzw. seine Vergleichbarkeit zu anderen Anbietern ist der eigentliche Grund für die mögliche Empfehlung. Erst die Frage nach dem weshalb eröffnet zusätzliche Lerngewinne bzw. deckt konkreten Handlungsbedarf auf.

Hier also ein erweiterter Formulierungsvorschlag:

• Inwieweit können Sie sich vorstellen, uns weiter zu empfehlen?
• Und wenn vorstellbar, also ja: weshalb genau?
• Und wenn nein: weshalb nicht?

Und gleich noch zwei Beispiele für empfehlungsfokussierte Fragen:

• Wenn es eine Sache gibt, für die Sie uns garantiert weiterempfehlen könnten, was wäre das für Sie?
• Und wenn es eine Sache gibt, für die Sie uns ganz sicher nicht weiterempfehlen können, was wäre das für Sie?

Solches Vorgehen macht Sie schnell und flexibel. Auf Basis der Resultate lässt sich unverzüglich ein Sofortprogramm installieren, das Erfolgsparameter dupliziert, Schwachstellen beseitigt und die Empfehlungsraten steigert. Während man auf die Ergebnisse klassischer – und meist teurer - Kundenzufriedenheitsuntersuchungen oft wochenlang warten muss, kann man nach solchen Echtzeit-Befragungen spontan reagieren und wenn nötig rasch Veränderungen anstoßen. Denn Kunden sind heute ungeduldig. Sie warten nicht länger, bis die Unternehmen umständlich in die Gänge kommen. Sie ziehen dann einfach weiter.


Die Empfehlungsrate messen

Wer gut im Geschäft ist, sollte seine Empfehlungsrate kennen. Sie ist gleichzeitig Ausgangspunkt und Ziel eines systematisch gesteuerten Empfehlungsmarketings. Doch leider überlassen es die meisten Firmen dem puren Zufall, ob ihre Kunden sie weiterempfehlen. Das Empfehlungsgeschäft planmäßig anzukurbeln, ist wie reiner Sauerstoff für Ihre Umsätze. Was Sie dazu wissen müssen:

• Wie viele Kunden empfehlen uns weiter? Und warum genau?
• Wer genau hat uns empfohlen? Und wie bedanken wir uns dafür?
• Wie viele Kunden sind aufgrund einer Empfehlung zu uns gekommen?
• Wie ist der Empfehlungsprozess konkret gelaufen?

Hier die drei wichtigsten konkreten Fragen in diesem Zusammenhang:

• Wie sind Sie eigentlich auf uns aufmerksam geworden?
• Und jetzt interessiert mich mal: Was hat denn der Empfehler genau über uns/unser Produkt/unseren Service gesagt?
• Und jetzt bin ich ganz neugierig? Wer war das denn, der uns empfohlen hat?

So lässt sich ermitteln, wie viel Prozent der neuen Kunden aufgrund einer Empfehlung kamen: Das ist Ihre Empfehlungsrate. Konnten Sie den Namen eines Empfehlers erfahren: Bedanken Sie sich, und zwar unverzüglich und überschwänglich, vorzugsweise telefonisch oder besser noch persönlich - am besten verbunden mit einem kleinen Geschenk. Denn die Menschen verstärken Verhalten, für das sie Anerkennung bekommen. Geben Sie Ihrem Empfehler wenn möglich auch eine Rückmeldung, was aus seiner Empfehlung geworden ist.

Ergründen Sie insbesondere, weshalb Sie empfohlen wurden und wie der Empfehlungsprozess im Einzelnen gelaufen ist, so dass diese Erfolgsparameter in Zukunft gezielt wiederholt werden können. Analysieren Sie ferner: Wie hoch ist die Abschlussquote bei empfohlenem Geschäft? Und bei nicht empfohlenem? Oder: Welche Empfehler sprechen die wirkungsvollsten Empfehlungen aus? Und schließlich: Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden Empfehlungsnehmer selbst zu Empfehlern? Untersuchen Sie auch einmal, welche Kundenkreise und Branchen am stärksten empfehlen und ob es geschlechterspezifische oder regionale bzw. nationale Unterschiede gibt.

Und dann erarbeiten Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern einen Plan, um Ihre derzeitige Quote weiter zu steigern. Von seinen Kunden empfohlen zu werden, ist nicht nur die wirkungsvollste, sondern auch die kostengünstigste Form der Kunden-Neugewinnung – und damit die intelligenteste Rendite-Zuwachsstrategie der Welt.


Zur Autorin

Anne M. Schüller ist Management-Consultant und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Über 20 Jahre lang hat sie in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener internationaler Dienstleistungsbranchen gearbeitet und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Diplom-Betriebswirtin und achtfache Buchautorin gehört zu den besten Keynote-Rednern im deutschsprachigen Raum. Sie arbeitet auch als Business-Trainerin und lehrt an mehreren Hochschulen. Sie gehört zum Kreis der ‚Excellent-Speakers‘. Zu ihren Kunden zählt die Elite der deutschen, schweizerischen und österreichischen Wirtschaft.
Kontakt: www.anneschueller.de


Das Buch zum Thema

Anne M. Schüller
Zukunftstrend Empfehlungsmarketing
Der beste Umsatzbeschleuniger aller Zeiten

BusinessVillage, 2. erw. und aktual. Aufl. 2008, 138 Seiten
ISBN 3-934424-65-1, 21,80 Euro / 39.50 CHF, eBook: PB-587

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Weitere Infos: www.empfehlungsmarketing.cc