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Kommunizieren über Touchpoints

Die Mediennutzung wird fragmentierter, die Werberesistenz steigt. Da wird das teure Gut Aufmerksamkeit noch kostbarer. Den Konsumenten zu erreichen,
Christoph Spengler | 02.12.2008
darf kein Zufallstreffer sein. Hier setzt die 360° Touchpoint-Analyse an.

In welchen Situationen und zu welchen Zeitpunkten erlebt der potenzielle Kunde heute seine Marke? Im zeitgemäßen Marken- und Markt-Management ist das Kundenerlebnis einer der zentralen Orientierungspunkte und Hauptentwicklungsziele des Unternehmens. Im Umfeld von medialer Konvergenz, Zielgruppenfragmentierung und zunehmendem Wettbewerb um das kostbare Gut Aufmerksamkeit dürfen Erfolge keine Zufallstreffer mehr sein: Vielmehr stellen sie eine Kombination dar von vertiefter Analyse, interdisziplinärer Zusammenarbeit sowie kreativer, crossmedialer Umsetzung. Erfolgsbeispiele sind Apple, Fiat 500 oder Zara – aber auch das Lieblingsrestaurant um die Ecke: Mit der gekonnten Inszenierung eines unverwechselbaren Kundenerlebnisses in Vertrieb und Kommunikation erzielen sie mit ihren Investitionen eine überdurchschnittliche Wirkung.

Marken werden an unterschiedlichsten Kontaktpunkten, sogenannten Touchpoints, über den gesamten öffentlichen Auftritt eines Unternehmens erlebt – zum Beispiel über Plakat, Website, Call Center, Verkaufspersonal, Messestand, Preisvergleichsportal oder Kundenmagazin etc. Die möglichen Touchpoints haben einen unterschiedlich starken Einfluss auf das markentypische Kundenerlebnis bzw. ist das Kundenerlebnis die Summe aller Markenkontakte. Je mehr es gelingt, die Bedürfnisse zu treffen, desto höher ist der Erfolg in der Neukundengewinnung, der Kundenzufriedenheit und -loyalität. Unternehmen sind so gefordert, ihre Marken und Markt-Kommunikation regelmäßig zu optimieren. Bevor sie Richtungsentscheidungen treffen, sollten sie aber wissen, über welche Kanäle und Medien sie (potenzielle) Kunden effizient erreichen und wirklich begeistern können. Ziel muss es sein, die Mittel auf jene Kontaktpunkte zu fokussieren, die ein markentypisches Kundenerlebnis und die Wettbewerbsfähigkeit am nachhaltigsten stärken. Was aber nützt diese Erkenntnis, wenn man die kommunikative Leistung der unterschiedlichen Kontaktpunkte und Maßnahmen nicht miteinander vergleichen kann? Um das „Äpfel-Birnen-Problem“ zu lösen, ist eine einheitliche Währung zur Wirkungsbeurteilung aller möglichen Touchpoints zwischen Marken und (potenziellen) Kunden unabdingbar.

In Form einer trackingfähigen Single-Source-Studie untersuchen wir bei Accelerom kundenindividuell die Wahrnehmung, Nutzung und Beliebtheit von Touchpoints sowie die Markenstärke im Rahmen des Informations- und Einkaufsverhaltens. Entscheider und Planer bekommen so ein Instrument in die Hand, mit dem ein integriertes Marken- und Markt-Management transparent und steuerbar wird. Wichtige Fragestellungen in den unterschiedlichen Bereichen des Marken- und Markt-Managements lassen sich damit präzise beantworten: Wie gelingt es trotz Informationsüberflutung, die Aufmerksamkeit und das Involvement von (potenziellen) Kunden zu erreichen? Wo und wie ist es möglich, die Kunden immer wieder positiv zu überraschen? Soll die Anzahl der Brand-Touchpoints vergrößert oder verkleinert werden? Wie sieht der optimale Multikanal-Mix für die unterschiedlichen Zielgruppen aus? Wie sollten aus Kundensicht insbesondere die Schlüsselkontaktpunkte optimiert werden? Und schließlich: Mit welchen zusätzlichen innovativen Touchpoints kann die Marktposition in Zukunft weiter ausgebaut werden?

Vielfach wird in Unternehmen nur analysiert, was den Zielgruppen gesendet wird. Der Fokus liegt dabei auf dem Sender. Damit bleibt aber unklar, was Zielgruppen effektiv wahrnehmen, nutzen und ob sich ihr Verhalten ändert. Diesem Umstand trägt die Touchpoint-Analyse Rechnung: Gemessen wird, was beim Empfänger ankommt und was die Wirkung der jeweiligen unternehmerischen Maßnahmen ist. In einer qualitativen Vorstufe werden zuerst die für die Branche relevantesten Off- und Online-Touchpoints ermittelt. Diese werden vier Touchpoint-Kategorien zugeteilt: klassische Massenmedien, Point of Sale bzw. Point of Interaction, indirekte Kommunikation (PR, Word of Mouth) und One-to-One-Kommunikation.

Um die Kontaktqualität zu bewerten, wird im Rahmen der quantitativen Messung in einem zweiten Schritt der Touchpoint-Value berechnet. Er zeigt die Fähigkeit eines Kontaktes auf, Konsumenten in ihrer Kaufentscheidung zu beeinflussen. Die statistische Maßeinheit setzt sich aus einer rationalen, einer emotionalen und einer verhaltensbeeinflussenden Dimension zusammen. Nebst Reichweite und dem Touchpoint-Value wird als zusätzlicher Wert in der Befragung die Touchpoint-Assoziation erhoben. Mit diesem Wert wird im Benchmarking beurteilt, welcher Touchpoint von welcher Marke besetzt wird und in welchem Ausmaß sich die untersuchten Marken über die Touchpoints differenzieren. Erst dieser ganzheitliche kundenzentrierte Blickwinkel ermöglicht, den optimalen Mix für die Multi-Channel-Communications zu finden, über welchen die Marken- und Marktkommunikation am wirkungsvollsten gesteuert werden kann.

Die verknüpfte Betrachtung von Touchpoints, Zielgruppen und Markenperformance liefert den Verantwortlichen aus Media, Marketing und Vertrieb die nötige Informationstiefe, um richtige und nachhaltige Entscheidungen für die Marktbearbeitung von heute und morgen zu treffen. Im Wesentlichen werden drei Themenfelder untersucht:

• Prioritäre Touchpoints für ein „markentypisches Kundenerlebnis“ in bestehenden oder ganz neuen Märkten: Mit dem Evaluationsprozess lassen sich die „prioritären Kontaktpunkte“ für ein markentypisches Kundenerlebnis herausfiltern. Es werden die einflussreichen Kontaktpunkte identifiziert, in welche es sich lohnt zu investieren, um potenzielle und bestehende Kunden zu aktivieren und zu binden. Der Mitbewerbervergleich gibt Aufschluss darüber, welche Kontakte von der Konkurrenz möglicherweise besser genutzt werden.

• Optimierung der Wirkung und Investitionen: Abgestimmt auf die Positionierung kann der qualitative und quantitative Veränderungsbedarf festgelegt und Einsparpotenzial quantifiziert werden. Geeignete Mediamix-Empfehlungen lassen sich aus der Touchpoint-Analyse einfach ableiten. So können die einzelnen Kontaktpunkte und der Touchpoint-Mix markenstärkend ausgerichtet werden. Mit einem Activity Based Costing lassen sich die Mittel optimal einsetzen.

• Neue potenzielle Touchpoints, um den Dialog mit den unterschiedlichen Zielgruppen strategisch zu verstärken: Strukturiert und systematisch werden aus einer Vielzahl von Möglichkeiten neue, innovative Touchpoints identifiziert. Diese optionalen Kontaktpunkte bieten die Plattform, um die Intensität des Kundenerlebnisses weiter zu stärken. Da diese Touchpoints weniger stark von anderen Marken besetzt sind, jedoch über eine hohe Relevanz verfügen, verhelfen sie der Marke zu einem besseren und differenzierteren Markenprofil.

Mit der Touchpoint-Analyse lässt sich die Entscheidung für Kontaktpunkt-Mix und Medienauswahl empirisch objektivieren und untermauern. Damit werden besser umsetzbare Lösungen erreicht, um den Kommunikationsprozess ganzheitlich zu managen oder neu zu gestalten. Wie weit das offen gelegte Potenzial zur Steigerung der Strategie- und Maßnahmen-Performance ausgeschöpft wird, hängt indes zu einem erheblichen Teil von der kreativen Umsetzung ab. Um eingefahrene Muster zu durchbrechen, sollte in einer systematischen Lösungsentwicklung und Planung immer auch kreatives Querdenken Platz haben.

Denn: Viel mehr als Stabilität ist heute im Marken- und Markt-Management Flexibilität gefragt und damit Wandel.

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Touchpoint-Analysen // Hoher Stellenwert des PoS

Aktuelle Erkenntnisse aus marktrepräsentativen BrandConnex-Touchpoint-Analysen von Accelerom zeigen, welche Kommunikationsmaßnahmen für das Markenerlebnis wichtig sind:

• Die Hälfte des subjektiven Markenerlebnisses des Kunden machen die unterschiedlichen Marken-Touchpoints im Vertrieb respektive am Point of Sale aus. Zentral im Einzelhandel zählt neben dem Store-Merchandising die persönliche Beratung und Interaktion im Geschäft.

• Rund ein Drittel des Markenerlebnisses wird durch persönliche Empfehlungen von Freunden und Bekannten (Word of Mouth etc.) oder aus Testberichten sowie redaktionellen Beiträgen bestimmt. Redaktionelle Beiträge in gedruckten Medien genießen bei vielen Konsumenten eine überdurchschnittliche Glaubwürdigkeit. On- und Offline: Engagements in Communities und der Stellenwert der Peer-to-Peer-Kommunikation nehmen kontinuierlich zu.

• Zu über zehn Prozent entscheiden sich Konsumenten auf der Basis von neuen Informationsquellen wie Mobiltelefon, E-Mail oder Internet. Wie nie zuvor wird im Web 2.0 interagiert – prominente Beispiele sind MySpace, Facebook oder Xing.
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Grundlage des Beitrags ist die Publikation von Spengler, Christoph (2008), In: W & V 11/2008, vgl. pdf.
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Über Christoph Spengler

Founder and Managing Director of Accelerom AG